Wirtschaft

Teilzeit: So sichern Sie sich Sonderzahlungen und Urlaubstage

Teilzeit ist längst kein Randphänomen mehr, sondern Alltag für Millionen Beschäftigte. Doch viele wissen nicht, welche Rechte ihnen zustehen – und verschenken so bares Geld. Wer sich auskennt, kann Ansprüche bei Urlaub, Boni und Überstunden besser durchsetzen.
22.07.2025 10:40
Aktualisiert: 22.07.2025 10:40
Lesezeit: 3 min

5 Fakten, die Teilzeitbeschäftigte kennen sollten

Wer weniger arbeitet, bekommt anteilig weniger Geld – hat aber nicht automatisch weniger Ansprüche als eine Vollzeitkraft. Was wann gilt – und worauf Teilzeitbeschäftigte besonders achten müssen.

Teilzeit: So viele arbeiten inzwischen weniger Stunden

Es ist ein Rekordwert: Fast zwei von fünf Beschäftigten in Deutschland arbeiten in Teilzeit. Das zeigen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für das erste Quartal 2025.

Teilzeitbeschäftigte dürfen nicht benachteiligt werden. Sie erhalten grundsätzlich den gleichen Stundenlohn wie Vollzeitkräfte, ihr Einkommen reduziert sich jedoch entsprechend der kürzeren Arbeitszeit. Aber welche Ansprüche haben Teilzeitbeschäftigte bei Sonderzahlungen, Urlaub, Prämien und Co.? Fünf wissenswerte Fakten:

1. Sonderzahlungen gibt es auch in Teilzeit

Zu Sonderzahlungen zählen etwa Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Generell gilt: "Ein Anspruch auf derartige Zahlungen besteht nur, wenn dieser im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt ist", sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht.

Existiert eine solche Vereinbarung, haben Teilzeitbeschäftigte Anspruch auf mindestens anteilige Auszahlung. Wichtig: "Die anteilige Kürzung der Leistung ist nur möglich, wenn der Entgeltcharakter im Vordergrund steht", erklärt Rechtsassessor Daniel Stach, Arbeitsrechtler beim Verdi-Bundesvorstand. Das trifft etwa auf das Weihnachts- und das Urlaubsgeld sowie auf die Inflationsausgleichsprämie zu.

Knüpft der Leistungszweck nicht an die Arbeitszeit an, ist laut Stach eine anteilige Kürzung der Zulage unzulässig. "Daher sind zum Beispiel Erschwernis- und Schmutzzulagen in vollständiger Höhe zu gewähren, egal, ob die Arbeitszeit reduziert ist oder nicht", so der Gewerkschaftsjurist.

2. Bei Zulagen besteht oft Anspruch in voller Höhe

Gibt es eine Jubiläumszulage oder einen Treuebonus für langjährig Beschäftigte, steht die Zahlung einer Teilzeitkraft in gleicher Höhe zu wie einer Vollzeitkraft. "Denn die Betriebstreue eines Teilzeitbeschäftigten ist genauso zu bewerten wie diejenige eines Beschäftigten mit vollem Arbeitspensum", sagt Stach.

Ihm zufolge darf der Arbeitgeber auch eine vertraglich zugesagte Prämie für das Erreichen eines bestimmten Ziels nicht anteilig zur reduzierten Arbeitszeit kürzen.

"In der Praxis ist die Trennung zwischen anteilig und vollständig zu gewährenden Zulagen nicht immer einfach", so Stach. Ein Beispiel sei die Funktionszulage: Je nach vertraglicher Ausgestaltung kann eine anteilige Kürzung entweder zulässig sein oder eben nicht. Entscheidend sei hier die genaue Formulierung. Daher gilt: In Zweifelsfällen den Betriebsrat, die Gewerkschaft oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einschalten.

3. Urlaubstage werden nach Arbeitstagen berechnet

Wer in Vollzeit arbeitet, hat bei einer Fünf-Tage-Woche häufig Anspruch auf dreißig Urlaubstage im Jahr. "Den gleichen Anspruch haben Teilzeitbeschäftigte, sofern sie an allen Wochentagen arbeiten", sagt Stach. Geht die Teilzeit indes mit einer Reduzierung der Wochenarbeitstage einher, ist Umrechnen angesagt.

Die Berechnung erfolgt so: Basis ist die übliche Zahl der Urlaubstage einer Vollzeitkraft in vergleichbarer Position. Diese Zahl wird mit der Zahl der wöchentlichen Arbeitstage der Teilzeitkraft multipliziert und das Ergebnis durch die übliche Zahl der Wochenarbeitstage einer Vollzeitkraft dividiert.

Ein Beispiel: Angenommen, Basis wäre das Modell dreißig Urlaubstage bei einer Fünf-Tage-Woche. Hat eine Teilzeitkraft zum Beispiel auf achtzig Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit reduziert und arbeitet vier Tage pro Woche, berechnet sich der Urlaubsanspruch so: 30 x 4 : 5 = 24.

"Da sie pro Urlaubswoche nur vier Tage ihres Urlaubsanspruchs verbrauchen muss, stehen ihr, genauso wie bei einer Vollzeitstelle, insgesamt sechs Wochen Erholungsurlaub zu", so Stach.

Bei unregelmäßiger Teilzeitarbeit wird der Berechnung gegebenenfalls ein längerer Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde gelegt, erläutert Fachanwältin Nathalie Oberthür. Ein Beispiel: Dreißig (Urlaubstage bei Vollzeit) dividiert durch 260 (Jahresarbeitstage des Betriebs) multipliziert mit 150 (Pflichtarbeitstage der Teilzeitkraft pro Jahr) ergibt 17,30 Urlaubstage pro Jahr.

4. Teilzeitkräfte haben Anspruch auf Überstundenzuschläge

Teilzeitkräften ist laut Stach "jede teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten entspricht". Das ist im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt.

Was das konkret bedeutet, zeigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg. So hatte der EuGH etwa zugunsten einer teilzeitbeschäftigten Pflegekraft bei einem ambulanten Dialyseanbieter entschieden (EuGH, Urteil vom 29. Juli 2024, C-184/22 und C-185-22).

Das Bundesarbeitsgericht stellte daraufhin klar, dass Teilzeitbeschäftigte ab der ersten Überstunde den gleichen Anspruch auf Zuschläge wie ihre vollzeitbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen haben (BAG, Urteil vom 5. Dezember 2024, 8 AZR 370/20). Eine Ausnahme sei nur zulässig, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

5. Auch Teilzeitbeschäftigte können Pflegezeit nehmen

Beschäftigte können bis zu sechs Monate Pflegezeit in Anspruch nehmen, um einen nahen Angehörigen mit mindestens Pflegegrad eins zu Hause zu pflegen. Darauf weist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hin. Demnach haben sowohl vollzeit- als auch teilzeitbeschäftigte Berufstätige die Option, sich vollständig oder nur teilweise von der Arbeit freistellen zu lassen. Um in dieser Zeit den Lebensunterhalt besser abzusichern, können sie ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Positive Nachrichten für den XRP ETF: Moon Hash Automatic Income Plan

Analysten prognostizieren einen potenziellen Kurssprung bei XRP, der einen raschen Marktwechsel hin zur intelligenten...

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Warum das Edelmetall vor einer historischen Neubewertung steht
15.12.2025

Die Silber-Rallye ist ungebrochen und die Kurse eilen von einem Allzeithoch zum nächsten. Warum trotz neuem Silberpreis-Rekordhoch zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gewinneinbruch bei Autobauern: Deutsche Hersteller besonders unter Druck
15.12.2025

Die weltweite Krise der Autoindustrie macht den deutschen Herstellern stärker zu schaffen als vielen internationalen Wettbewerbern. Eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Vertrauensverlust im Mittelstand: Wirtschaft zweifelt an Merz:
15.12.2025

Das Vertrauen des deutschen Mittelstands in die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) nimmt deutlich ab. Laut einer aktuellen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 63.000 Jobs bedroht: Ostdeutsche Chemiebranche drängt auf Rettungsplan
15.12.2025

Die Chemieindustrie in Ostdeutschland steht unter Druck: Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften haben der Bundesregierung einen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bahnhofstoiletten bleiben kostenpflichtig: DB sieht keinen Spielraum
15.12.2025

Kostenlose Toiletten an Bahnhöfen sind in Deutschland selten. Laut Bundesregierung sieht die Deutsche Bahn aus Kostengründen keine...

DWN
Finanzen
Finanzen Barzahlen wird zur Ausnahme: Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
15.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bauern protestieren gegen niedrige Butterpreise bei Lidl
15.12.2025

Mit Traktoren demonstrieren Landwirte in Baden-Württemberg gegen aus ihrer Sicht ruinöse Milch- und Butterpreise. Im Fokus der Kritik...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI revolutioniert Unternehmen: Wie Künstliche Intelligenz Verhandlungen effizienter macht
15.12.2025

Künstliche Intelligenz verändert zunehmend die Arbeitsweise in Unternehmensbereichen, in denen bislang menschliche Erfahrung dominierte....