Kein öffentlicher Nahverkehr für Barzahler
Unser Bargeld ist auf dem Rückzug – das liegt nicht nur an den steigenden digitalen Zahlungen, sondern das Barzahlen wird auch durch eine Vielzahl an bewussten Maßnahmen zunehmend erschwert oder ist schon gar nicht mehr möglich. Der Abbau von Geldautomaten ist schon seit langem im Gange und immer mehr Bankfilialen schließen ihre Tore. Bald werden viele Bürger lange Wege in Kauf nehmen müssen, um sich mit Bargeld zu versorgen. Diese Entwicklungen sind jetzt bereits seit längerem zu beobachten.
Zusätzlich hat jetzt auch noch der öffentliche Nahverkehr dem Bargeld den Krieg erklärt. In vielen Städten des Landes wird der bargeldlose Ticketkauf stärker gefördert, was den Zugang für manche Gruppen erschwert. Seit Anfang 2024 schon gibt es keine Tickets mehr gegen Bargeld in den öffentlichen Bussen in Hamburg. Viele ältere Menschen oder auch Sehbehinderte können die neuen Ticketautomaten nicht bedienen. Selbst wenn es mit fremder Hilfe gelingt, ein Ticket dort mit einer Girokarte zu erwerben, hat man als Kunde einen Preisnachteil. Wer sein Ticket mit einer Smartphone-App bezahlt, bekommt 7 Prozent Rabatt. Auch in Dresden, Erfurt, Leipzig, Mainz, Schweinfurt und Wiesbaden werden bargeldlose Zahlungen gefördert, wer bar bezahlen möchte, guckt oft in die Röhre.
In Rostock nimmt die Zahl der Barzahlmöglichkeiten im ÖPNV ab. An weniger als 10 Prozent der Haltestellen gibt es Automaten mit Bargeldannahme. Die Entwicklung zeigt: Obwohl sich die Politik offiziell zur Beibehaltung des Bargelds bekennt, werden zunehmend digitale Lösungen bevorzugt. Aktuelle Untersuchungen von Payments Europe zur deutschen Zahlungslandschaft zeigen, dass deutsche Verbraucher häufiger Karten als Bargeld verwenden. Deutsche Verbraucher bevorzugen Kartenzahlungen aufgrund ihrer Bequemlichkeit, größeren Sicherheit und höheren Effizienz.
Bargeldabschaffung? Bargeldlose Zahlungen werden gefördert
Viele Verbraucher stellen sich nach und nach auf digitale Zahlungen ein – oft gefördert durch Komfort, Preisvorteile oder technische Neuerungen. Eine offene Diskussion über die langfristigen Auswirkungen findet jedoch nur begrenzt statt. Auch die Bundesbank, die sich seit langem für den Erhalt des Bargeldes stark macht, muss jetzt eingestehen, dass es in einigen Regionen Deutschlands in Zukunft schwieriger wird, an Bargeld überhaupt heranzukommen. Der Vorstand der Deutschen Bundesbank, Burkhard Balz, wird allerdings nicht müde zu betonen, dass das Bargeld auch in Zukunft eine wichtige Rolle in Deutschland spielen wird. Und er sieht Deutschland mit über 50.000 Geldautomaten auch im europäischen Vergleich gut aufgestellt. Fakt ist aber auch, dass in Deutschland die Zahl der Bankfilialen von rund 53.500 im Jahr 2002 auf etwa 20.900 im Jahr 2023 gesunken ist. Auch die Zahl der Geldautomaten verringerte sich von 59.000 im Jahr 2018 auf etwa 51.000 Ende 2023.
Motiviert ist dieser Rückgang im Bankensektor durch Kostendruck, ein zunehmendes Online-Banking und auch das Risiko von Sprengungen der Geldautomaten. Auch die Postbank plant, die ursprünglich 550 Filialen bis Mitte 2026 auf 320 zu reduzieren. Für Bundesbank-Chef Balz bleibt Bargeld trotz allem ein krisensicheres Zahlungsmittel, das auch das Bedürfnis nach Anonymität, Sicherheit und Kontrolle erfüllen kann. Er betont die Bedeutung als unabhängiges Zahlungsmittel, dass auch bei Cyberattacken und Stromausfällen nicht entbehrlich sei und somit „gelebte Freiheit“ bietet.
Bargeldersatz? Der digitale Euro steht schon vor der Tür
Parallel zur abnehmenden Nutzung von Bargeld arbeiten die Europäische Zentralbank und andere Institutionen intensiv an der Einführung eines digitalen Euro. Ziel dieser Initiative ist es, eine moderne Ergänzung zum bestehenden Zahlungssystem zu schaffen – kein Ersatz, sondern eine zusätzliche Option, die insbesondere im digitalen Raum Flexibilität und Sicherheit bieten soll. Kritiker befürchten, dass eine ausschließliche oder vorrangige Nutzung digitaler Währungen langfristig zu einer stärkeren Kontrolle des Zahlungsverkehrs führen könnte. In einem dargestellten Horrorszenario könnte das dann in Zukunft so aussehen, dass ein digitaler Euro mit festen Ausgabelimits oder Nutzungsvorgaben verknüpft sein könnte. Diese hypothetischen Modelle spiegeln ein tiefes Misstrauen gegenüber staatlicher Steuerung wider und mahnen zur Transparenz und demokratischen Kontrolle in der technischen und rechtlichen Ausgestaltung.
Doch der digitale Euro birgt laut Bundesbank auch klare Chancen: Er könnte als krisenfestes, staatlich garantiertes Zahlungsmittel fungieren, das unabhängig von privaten Anbietern funktioniert und gleichzeitig den Datenschutz stärkt. Anders als bei Kreditkarten oder kommerziellen Zahlungs-Apps liegt die Verantwortung hier bei einer öffentlichen Institution, die der europäischen Rechtsprechung unterliegt. Auch Menschen ohne Zugang zu Bankkonten könnten von einer digitalen Grundversorgung profitieren. Richtig umgesetzt, kann der digitale Euro somit nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken, sondern auch finanzielle Teilhabe und technologische Souveränität fördern.
Die deutsche Politik hat dem digitalen Euro zugestimmt
Der Vorstoß zum digitalen Euro wird von der deutschen Politik getragen. Bei der Abstimmung zur Einführung des digitalen Euro im EU-Parlament im April 2024 hat die CDU dafür gestimmt, die SPD hat sich enthalten und die Grünen forderten, dass das Barzahlen eingeschränkt wird. Lediglich die AfD stellte einen Antrag, Bargeld im Grundgesetz zu verankern. Dieser wurde jedoch von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
Schon heute wird in immer mehr Geschäften Bargeld abgelehnt, die Bargeldversorgungsinfrastruktur wird zurückgebaut. Auf dem Land wird es beispielsweise für Banken und Sparkassen immer weniger rentabel, Geldautomaten zu betreiben, da aufgrund der Möglichkeit des Online-Einkaufs und des digitalen Bezahlens auch immer mehr Bankfilialen geschlossen werden. In den vergangenen rund 15 Jahren hat sich die Anzahl der Bankstellen in Deutschland mehr als halbiert, wie die Bankstellenstatistiken der Bundesbank aufzeigen. Auch wenn für diese Veränderung wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen und nicht der Bürger bewusst zur digitalen Zahlung gedrängt werden soll, so ist es dennoch Fakt, dass die Wege zum Bargeld immer weiter werden. Vor allem für ältere Menschen kann das ein großes Problem sein.
Die Chancen für Bargeld stehen schlecht, wenn immer mehr digital bezahlt wird
Das bargeldlose Bezahlen ist auf dem Vormarsch, wie die Bundesbank ermittelte: Im Jahr 2011 der Anteil an Barzahlungen in Deutschland noch bei rund 80 Prozent, 2017 sank er bereits auf 75 Prozent und lag 2021 dann nur noch bei 60 Prozent. Aktuell werden nur noch rund 51 Prozent aller Zahlungen in Deutschland bar abgewickelt.
Heute kann noch jeder selbst entscheiden, wie er bezahlen möchte, wie lange das so bleibt, ist nicht absehbar. Auch wenn die Nutzung digitaler Zahlungsmittel viele Vorteile bietet, bleibt es wichtig, eine ausgewogene Debatte über Datenschutz, Freiheit und wirtschaftliche Teilhabe zu führen. Veränderungen im Finanzsystem erfolgen oft schleichend – und es liegt an der Gesellschaft, deren Richtung mitzugestalten.