Politik

EU-Verkehrskommissar: Europas Infrastruktur sind für einen Krieg mit Russland ungeeignet

Europas Infrastruktur ist für den Ernstfall nicht gemacht – zu schwach, zu langsam, zu kompliziert. Während Russland an den Grenzen ausbaut, plant Brüssel Investitionen in Milliardenhöhe. Doch reicht das?
30.07.2025 06:12
Lesezeit: 2 min
EU-Verkehrskommissar: Europas Infrastruktur sind für einen Krieg mit Russland ungeeignet
Papierkrieg statt Panzer: Europas Infrastruktur ist ein Problem im Verteidigungsfall – sagt Brüssel selbst. (Foto: dpa) Foto: Bernd Thissen

Panzer, Truppen, Logistik: Europas Infrastruktur ist nicht kriegstauglich

Europas Straßen, Brücken und Eisenbahnen sind im Falle eines Krieges mit Russland nicht geeignet für den schnellen Transport von Panzern, Truppen und militärischen Vorräten von der westlichen zur östlichen Seite der EU, sagt der EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas.

Laut dem litauischen Portal Verslo Zinios besteht die Möglichkeit, dass NATO-Panzer bei einem Einsatz zur Abwehr einer Invasion durch russische Streitkräfte an der Ostgrenze der EU in Tunneln stecken bleiben, Brücken beschädigen und sich in Grenzprotokollen „verfangen“ würden. Deshalb fordert Tzitzikostas 17 Milliarden Euro zur Modernisierung der europäischen Infrastruktur, um ihre militärische Mobilität zu erhöhen.

Wochenlange Verzögerungen im Ernstfall

Nach Angaben des Kommissars wäre es unmöglich, den Kontinent zu verteidigen, wenn die europäischen Armeen sich nicht schnell bewegen könnten. „Die Realität ist heute, dass es Wochen – in manchen Fällen sogar Monate – dauert, um militärisches Gerät und Soldaten von Westeuropa nach Osteuropa zu verlegen“, sagte er. Laut VZ wurde der Großteil der bestehenden Infrastruktur ohne Berücksichtigung der militärischen Transportbedürfnisse innerhalb der EU geplant. Auf europäischen Straßen dürfen Lkw in der Regel bis zu 40 Tonnen wiegen – ein Panzer hingegen bis zu 70 Tonnen.

Die Europäische Union erarbeitet nun eine Strategie, um den schnellen Truppen- und Materialtransport zu gewährleisten. Geplant ist die Modernisierung von 500 Infrastrukturprojekten entlang vier militärischer Korridore, die sich über den gesamten Kontinent erstrecken. Brüssel will außerdem bürokratische Hürden abbauen, damit Panzer beim Grenzübertritt nicht in der Dokumentation „steckenbleiben“, wie Tzitzikostas betont.

Russland modernisiert ebenfalls vor den Toren der EU

Auch Russland hat mit der Modernisierung seiner Eisenbahnen an den Grenzen zu Finnland und den baltischen Staaten begonnen. Für Deutschland als logistische Drehscheibe und zentrales NATO-Transitland in Europa ist die Debatte um militärische Mobilität von höchster strategischer Relevanz. Schon heute stoßen Truppentransporte auf veraltete Bahnverbindungen, unzureichend tragfähige Brücken und langwierige Genehmigungsprozesse. Eine schnelle Verlegung von Einheiten über deutsches Territorium ist oft nur eingeschränkt möglich – insbesondere bei großem Gerät. Damit droht im Ernstfall ein Flaschenhals für NATO-Verteidigungspläne an der Ostflanke. Investitionen in militärisch nutzbare Infrastruktur – auch in Deutschland – sind daher sicherheitspolitisch dringlich.

Europas Verteidigung scheitert an Brücken und Formularen

Der EU-Kommissar warnt vor einer ernüchternden Realität: Ohne schnelle militärische Beweglichkeit ist Europa nicht verteidigungsfähig. Die bestehende Infrastruktur ist zivil optimiert, nicht kriegstauglich. Panzer, Truppen und Nachschub stecken buchstäblich fest – in Tunneln, auf Brücken oder im Papierkrieg an den Grenzen. Russland seinerseits rüstet bereits auf. Der Wettlauf um die militärische Mobilität in Europa hat begonnen – und Brüssel muss liefern.

DWN
Immobilien
Immobilien Über den Wolken: Sky City 1000 – eine Zukunftsvision gegen Wohnraummangel
28.12.2025

Die japanische Hauptstadt Tokio wächst – schneller als die Stadt es verkraftet. Allein 2024 kamen zehntausende Menschen hinzu, im...

DWN
Technologie
Technologie Batteriespeicher: Warum RWE den Takt für Europas Netze vorgibt
28.12.2025

Ein deutscher Energiekonzern baut in Wales den größten Batteriespeicher Großbritanniens und verschiebt damit die Kräfteverhältnisse in...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...

DWN
Politik
Politik Steuern, Deutschlandticket, Musterung – die Änderungen 2026 im Überblick
27.12.2025

2026 bringt spürbare Änderungen bei Lohn, Rente, Steuern und Alltag. Manche Neuerungen entlasten, andere verteuern Mobilität oder...

DWN
Panorama
Panorama Keine Monster, keine Aliens: Prophezeiungen für 2025 erneut widerlegt
27.12.2025

Düstere Visionen und spektakuläre Vorhersagen sorgen jedes Jahr für Schlagzeilen – doch mit der Realität haben sie meist wenig zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen E-Mail-Betrug im Mittelstand: Die unterschätzte Gefahr im Posteingang – und welche Maßnahmen schützen
27.12.2025

E-Mail-Betrug verursacht im Mittelstand mehr Schäden als Ransomware. Stoïk, ein auf Cybersecurity spezialisiertes Unternehmen, zeigt,...