Politische Kehrtwende: Von harten Sanktionen zu freiwilligen Milliardendeals
Seit 2022 haben die USA den Verkauf von Computerchips durch Tech-Giganten auf dem chinesischen Markt erschwert. Mit einer neuen politischen Ausrichtung ändert die Trump-Regierung diesen Kurs. Das berichtet das Wirtschaftsportal Børsen.
Nach monatelangen harten Handelsbeschränkungen und wachsenden Spannungen zwischen den USA und China öffnet Washington nun wieder den Export fortschrittlicher Mikrochips für den chinesischen Markt. Dies geschieht auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen den US-Chipgiganten Nvidia und AMD und der US-Regierung. Die H20-Chips von Nvidia und die MI308-Modelle von AMD, die für die Entwicklung und den Betrieb von Künstlicher Intelligenz genutzt werden, unterlagen bislang Beschränkungen auf dem chinesischen Markt, da sie nach Auffassung der US-Regierung ein Risiko für die nationale Sicherheit darstellen könnten. Nun gibt die Trump-Administration den Verkauf wieder frei. Die Unternehmen müssen 15 Prozent der Erlöse aus dem Verkauf der H20- und MI308-Mikrochips in China an den US-Staatshaushalt abführen. Es handelt sich um eine politische Kehrtwende mit weitreichenden Folgen für die nationale Sicherheit, meint der US-Sicherheitsexperte Gorm Rye Olsen von der Universität Roskilde (RUC).
Der Hintergrund der Spannungen auf dem chinesischen Chipmarkt
Unter der Regierung von Joe Biden führten die USA im Oktober 2022 Beschränkungen für Nvidia und AMD ein, um den Verkauf der fortschrittlichsten Computerchips zu begrenzen, die für die Entwicklung und den Betrieb von Künstlicher Intelligenz genutzt werden. Laut Financial Times sollten diese Maßnahmen die Bemühungen chinesischer Unternehmen behindern, bahnbrechende Militärtechnologien zu entwickeln. In der Folge versuchte Nvidia, die Beschränkungen bei seinen leistungsstärksten Chips zu umgehen, indem es eine neue Version entwickelte, die speziell für den chinesischen Markt ausgelegt war – ähnlich der leistungsfähigsten Variante, jedoch nicht fortschrittlich genug, um unter das Exportverbot zu fallen. Diese Chips wurden in China extrem populär. Doch 2023 belegte die Biden-Administration auch dieses Modell mit Exportauflagen. Bis zum Inkrafttreten dieser Regelungen machte der chinesische Markt 25 Prozent des Umsatzes von Nvidias Rechenzentrumsparte aus. Mit der neuen Vereinbarung lockert sich der Griff der US-Regierung um die Chipkonzerne nun wieder.
Was die Vereinbarung für USA und China bedeutet
Für Jens Ladefoged Mortensen, Handelsexperte und Dozent an der Universität Kopenhagen, ist die Vereinbarung „höchst ungewöhnlich“, da sie freiwillig von den Tech-Unternehmen eingegangen wurde. Rechtlich könne Washington keine Zölle auf den Export US-amerikanischer Waren nach China erheben, doch die neue Regelung sichere der Staatskasse dennoch Einnahmen, weil die Tech-Konzerne freiwillig 15 Prozent ihrer China-Umsätze abführen. Ladefoged Mortensen sieht darin auch ein Zeichen größerer Offenheit zwischen Peking und Washington und einen Kurswechsel in der US-Handelspolitik, nachdem Donald Trump zuvor ausgesprochen kritisch gegenüber China aufgetreten war. Im April hatte der Präsident angekündigt, eine Zollrate von 145 Prozent auf chinesische Waren zu erheben. Peking reagierte daraufhin mit 125 Prozent Zoll auf US-Produkte. Am Dienstag unterzeichnete Trump ein Dekret, das die Zollpause zwischen den USA und China um weitere 90 Tage verlängert. „Die neue Vereinbarung mit den Tech-Giganten markiert einen handelspolitischen Kurswechsel, gerade auch im Lichte der verlängerten Zollpause. Es ist ein Zeichen für eine offenere und pragmatischere Handelspolitik, bei der zwei Großmächte eine Machtbalance teilen, weil keine von beiden ein Interesse daran hat, den Handel zu zerstören“, so Ladefoged Mortensen. Für ihn ist die neue Vereinbarung mit China zudem ein innenpolitischer Erfolg für den US-Präsidenten. „Donald Trump kann den Wählern zeigen, dass er der große Verhandler ist, der die Tech-Giganten zum Einlenken bringt. Zudem wird die Vereinbarung auch finanziell ein Gewinn für den Staatshaushalt sein“, sagt er.
Wird die Sicherheit der USA jetzt gefährdet?
Wie erwähnt, waren die Beschränkungen ursprünglich eingeführt worden, weil China als Bedrohung für die nationale Sicherheit galt – mit dem Risiko, die Chips für militärische Entwicklungen zu nutzen. Der neue Kurs der US-Regierung stößt daher bei Gorm Rye Olsen, Professor für US-Sicherheitspolitik an der RUC, auf Unverständnis: „Das wird enorme Folgen für die nationale Sicherheit der USA haben. Ehrlich gesagt kann ich die Entscheidung der Regierung nicht nachvollziehen“, so Olsen. Er befürchtet nun, dass Washington wirtschaftliche Interessen deutlich höher gewichtet als sicherheitspolitische. „China wird diese Computerchips zweifellos nutzen, um militärische Ausrüstung zu entwickeln, die eine Bedrohung für die USA darstellen kann“, warnt er.