Wirtschaft

Lohnfortzahlung Krankheit: IW fordert drastische Reformen

Immer mehr Krankschreibungen treiben die Kosten für Arbeitgeber in die Höhe. Allein 2024 stiegen die Ausgaben auf 82 Milliarden Euro. Nun fordert das arbeitgebernahe IW einschneidende Reformen – von Karenztagen bis zu kürzeren Lohnfortzahlungen.
21.08.2025 09:24
Lesezeit: 2 min
Lohnfortzahlung Krankheit: IW fordert drastische Reformen
Laut IW-Studie stieg die Summe der Kosten für kranke Beschäftigte seit dem Jahr 2010 um das 2,2-Fache. (Foto: dpa) Foto: Sebastian Kahnert

Arbeitgeber zahlen 82 Milliarden wegen Krankheit

Die Arbeitgeber in Deutschland drängen auf Entlastung. Ein wachsender Kostenpunkt ist die milliardenschwere Lohnfortzahlung. Ein Institut legt Vorschläge vor.

Kosten durch Krankheit steigen

Hohe Krankenstände und mehr Beschäftigung haben in Deutschland die Ausgaben der Arbeitgeber für erkrankte Beschäftigte auf rund 82 Milliarden Euro im Jahr 2024 getrieben. Binnen drei Jahren seien die Kosten um 10 Milliarden Euro gestiegen, ermittelte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Institut für Karenztage

Der Steuer- und Sozialexperte Jochen Pimpertz vom arbeitgebernahen IW verweist auf verschiedene Vorschläge, um diesen Kostenfaktor einzudämmen. Karenztage etwa: "Die Gehaltszahlung würde zu Beginn einer Erkrankung für einige Tage ausgesetzt." Alternativ ließen sich Karenzzeiten festlegen, in denen das Gehalt auf reduziertem Niveau fließt, sagt Pimpertz. Entlastung sei jedenfalls dringend nötig.

Anderer Vorschlag: Kürzere Lohnfortzahlung

Auch könnte sich die Dauer der Entgeltfortzahlungsverpflichtung begrenzen lassen, so der IW-Experte. Dies gelänge zum Beispiel durch Einschränkungen bei wechselnden Diagnosen.

Derzeit wird das Gehalt höchstens sechs Wochen im Jahr weitergezahlt – außer bei einer zusätzlichen Krankschreibung wegen einer anderen Diagnose. Künftig könnte Pimpertz zufolge der Arbeitgeber auch bei wechselnden Diagnosen insgesamt nicht länger als sechs Wochen pro Jahr Gehalt zahlen müssen.

Anstieg seit 2010 um das 2,2-Fache

Laut der Studie stieg die Summe der Kosten für kranke Beschäftigte seit dem Jahr 2010 um das 2,2-Fache. Das IW fasst darin die Aufwendungen der Arbeitgeber für die weitere Überweisung des Gehalts – laut Sozialbudget 2024 insgesamt 69,1 Milliarden Euro – zusammen mit den Arbeitgeberanteilen am Sozialversicherungsbeitrag. Diese gibt das IW mit 13,0 Milliarden Euro an. Nicht einbezogen ist die Lohnfortzahlung im Mutterschutz.

Was heute gilt

Fehlt ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt im Betrieb, verpflichtet das Entgeltfortzahlungsgesetz den Arbeitgeber zur Fortzahlung des Gehalts. Bei längeren Ausfällen zahlt die gesetzliche Krankenkasse im Anschluss an die Lohnfortzahlung das Krankengeld.

Bis zum Ende der 72. Woche haben langzeiterkrankte Beschäftigte Anspruch auf 70 Prozent des Bruttoentgelts. Im vergangenen Jahr hätten die Arbeitgeberkosten die Ausgaben für das Krankengeld um das Vierfache übertroffen, schreibt das IW.

Gründe des Anstiegs

Getrieben wurde der Kostenanstieg in den vergangenen Jahren laut IW durch Lohnerhöhungen und wachsende Beschäftigung. "Zudem ist aber der Krankenstand seit rund zwei Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen", betont Pimpertz. Naheliegend sei, dass die Ausfallzeiten mit der Alterung der Belegschaften wachsen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin 2026: Droht der nächste Crash oder ein neuer Reifegrad des Marktes?

Wie sich Bitcoin im Jahr 2026 verhalten wird, lässt sich nicht eindeutig voraussagen. Was sich jedoch belastbar analysieren lässt, sind...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Spätere Rente für Akademiker spaltet die Deutschen
16.12.2025

Sollte das Renteneintrittsalter an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt sein? Die Bürger sind sich darin nicht einig. Deutsche mit Abitur...

DWN
Politik
Politik CDU-Vorsitz: Einstimmiges Votum aus NRW - Merz soll CDU-Chef bleiben
16.12.2025

Friedrich Merz erhält einstimmige Unterstützung aus NRW für eine weitere Amtszeit als CDU-Bundesvorsitzender. Der Vorschlag kommt von...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...

DWN
Finanzen
Finanzen KGHM-Aktie aktuell: Warum der Kupfer-Boom jetzt zur globalen Gefahr wird
16.12.2025

Die Kupferpreise steigen schneller als jede Prognose und die KGHM-Aktie jagt von Rekordhoch zu Rekordhoch. Doch Analysten preisen nun...

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten für Ukraine? Europäer bieten Schutztruppe an
16.12.2025

Eine Schutztruppe für die Ukraine? Bundeskanzler Merz und europäische Staatschefs haben einen Plan vorgestellt. Doch wie reagieren die...