ifo-Umfrage: Selbstständige zweifeln an Altersvorsorge
Die Angst vor Altersarmut treibt viele Menschen in Deutschland um – besonders Selbstständige und Freiberufler. Hierzulande arbeiten rund 3,8 Millionen Menschen auf eigene Rechnung. Sie müssen sich eigenverantwortlich um ihre gesamte Altersabsicherung kümmern. Doch reicht die finanzielle Absicherung fürs Alter?
Mindestens jeder fünfte (22 Prozent) Soloselbstständige oder Kleinstunternehmer ist sich in dieser Frage unsicher. Das ist das Ergebnis einer ifo-Umfrage aus dem Juni.
Nur rund die Hälfte der Befragten (46 Prozent) schätzt ihre Altersvorsorge demnach als ausreichend ein, ein weiteres Drittel (32 Prozent) hingegen glaubt nicht, dass die getroffenen Vorsorgemaßnahmen reichen werden, um den aktuellen Lebensstandard halten zu können. Und das, obwohl Selbstständige in vielen Fällen breit und auch intensiv vorsorgen. Die Antworten unterstrichen die Bedeutung einer gezielten Altersvorsorgestrategie bei Selbstständigen, sagte ifo Fachexpertin Katrin Demmelhuber laut Mitteilung.
Der Umfrage zufolge verfügen nämlich 97 Prozent der Selbstständigen über mindestens eine Altersvorsorgeoption, mehr als drei Viertel (78 Prozent) kombinieren sogar mehrere Modelle. Nur rund 3 Prozent unternehmen in Sachen Altersvorsorge derzeit keine Anstrengungen.
Altersvorsorge: Kapitalbasierte Anlagen besonders beliebt
Wer mehrere Vorsorgeformen kombiniere, fühle sich häufiger ausreichend finanziell abgesichert, sagte Demmelhuber. Besonders beliebte Möglichkeiten sind: kapitalbasierte Anlagen wie Investmentfonds, Wertpapiere oder Immobilien (67 Prozent) sowie versicherungsbasierte Rentenlösungen wie private Rentenversicherungen, Riester oder Rürup (55 Prozent). Darüber hinaus hat beinahe jeder zweite Selbstständige (47 Prozent) noch Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung, weil sie zuvor als Arbeitnehmer pflichtversichert waren.
Für die Umfrage hat das ifo-Institut im Juni rund 900 Selbstständige und Kleinstunternehmer aus den Sektoren Bauhauptgewerbe, Dienstleistungen, Handel und verarbeitendes Gewerbe befragt.
Altersvorsorge für Selbstständige: welche Optionen es gibt
Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung
Für selbständige Handwerker greift die gesetzliche Rentenversicherungspflicht ebenfalls. Sie gilt für zulassungspflichtige Gewerke, beispielsweise Dachdecker, Bäcker, Friseure, Elektriker oder KfZ-Mechatroniker. Die Pflicht beginnt mit dem Eintrag in die Handwerksrolle. Voraussetzung ist in der Regel ein Meisterbrief, Einzelunternehmer oder Leiter einer Personengesellschaft zu sein. Die Anmeldung bei der Rentenkasse übernimmt die Kammer. Zusätzlich muss der Betriebsinhaber sich innerhalb von drei Monaten direkt bei der Rentenversicherung melden. Für Existenzgründer gelten Sonderkonditionen. Ansonsten kann entweder ein einkommensabhängiger oder der volle Regelbeitrag gewählt werden. Die Beiträge können angepasst werden.
Altersvorsorge durch Wertpapierdepot oder Leibrente
Eine andere Möglichkeit: Monat für Monat Geld mithilfe eines Sparplans in Aktien, ETFs oder Fonds einzahlen. Beim Aufbau eines Portfolios wichtig: Die jeweiligen Produkte sollten möglichst breit über Anlageklassen, Länder und Branchen hinweg gestreut werden, um Verlust- und Schwankungsrisiken zu minimieren.
Der Vorteil: Investmentsparpläne können schon mit geringen Beträgen bespart werden und bieten Gestaltungsspielraum. Zum Ruhestand hin kann das über die Jahre angesparte Vermögen dann nach und nach verzehrt werden. Ist das Vermögen groß genug und hält regelmäßige Auszahlungen in Form von Dividenden oder Ausschüttungen bereit, müssen die Anteile womöglich gar nicht zwingend verkauft werden.
Die private Rentenversicherung sparen Selbstständige und Freiberufler selbst bei einem Versicherungsanbieter an. Das eingezahlte Kapital wird verzinst und mit Rentenbeginn, meist mit 65 oder 67 Jahren, als Rente ausbezahlt. Wie viel herauskommt, hängt von der Anlagestrategie der Versicherung ab. Gebühren und Kosten können die Rendite drücken. Die Beitragszahlungen sind von der Steuer absetzbar. Auszahlungen werden nachgelagert besteuert.
Ausblick: Renten-Reform der Merz-Regierung trifft Selbstständige
Die schwarzrote Regierung unter Kanzler Friedrich Merz nimmt die Rente kräftig in die Zange – und greift dabei auch in die Kassen der Selbstständigen. So heißt es im Koalitionsvertrag - Absatz 632-635: „Wir wollen Selbstständige besser fürs Alter absichern. Wir werden alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem zugeordnet sind, gründerfreundlich in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen.“
Künftig sollen also auch Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen. Für viele dürfte die Reform teuer werden, denn auch einkommensschwache Selbstständige wären von der Renten-Reform betroffen. Doch es gibt ein Schlupfloch, denn im Koalitionsvertrag heißt es: „... andere Formen der Altersvorsorge, die eine verlässliche Absicherung für Selbstständige im Alter gewährleisten, bleiben weiterhin möglich.“
Fazit: Anzahl der Selbstständigen seit Jahren rückläufig
Selbständig sein in Deutschland wird immer mehr zum finanziellen Risiko vor allem im Alter. Millionen kleiner Unternehmer fühlen sich von der Politik vergessen und das hat Auswirkungen: Die Anzahl der Selbständigen in Deutschland ist seit langer Zeit rückläufig. Kein Wunder, denn Solo-Selbständige tragen enorme Lasten: Sie zahlen das Doppelte in die Krankenkasse ein und kümmern sich selbst um ihre Rente. Doch Vorteile plant die Regierung nur für große Unternehmen. Niedrigere Energiepreise, branchenspezifische Steuervorteile oder Subventionen sieht der Koalitionsvertrag für Solo- und Kleinstunternehmen nicht vor.


