Die Bundestagswahl steht am 23. Februar an und wichtig für die Wahlentscheidung sind die Pläne der Parteien, um die drängendsten Herausforderungen in Deutschland anzupacken. Dazu zählt die Sicherstellung der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Rentenpolitik betrifft junge Beitragszahler ebenso wie Rentner, die auf eine sichere Altersvorsorge angewiesen sind.
Was sagen die Wahlprogramme 2025 zur Rentenversicherung? Ein Vergleich
Das ifo-Institut hat sich dazu die Wahlkampfprogramme der fünf Parteien SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU und AfD angesehen. Ihre Analyse zur Finanzierung der gesetzlichen Altersversorgung ist ernüchternd: 429 Milliarden Euro gab der Bund 2023 für die Alterssicherung aus. Und weil fast 20 Millionen Deutsche in den kommenden Jahren in Rente gehen, wird diese Summe bis zum Jahr 2038 noch um 75 Prozent steigen – während die Löhne gleichzeitig wohl nur um 50 Prozent zulegen werden und immer mehr Rentner auf weniger Beitragszahler kommen.
Das alles ist lange bekannt. Dennoch spielt die Finanzierung der Rentenpolitik im Wahlkampf eine überraschend geringe Rolle – obwohl fast jeder vierte Deutsche über 65 ist und viele Ältere unter Armut leiden. Wie gehen die Parteien dieses Problem im Bundestagswahlkampf 2025 an?
ifo Institut: Parteien haben keine Idee zur Finanzierung der Rente
Die Versprechen der Parteien zur Rente lassen nicht erkennen, wie diese finanziert werden sollen, sagen die Ökonomen Joachim Ragnitz und Marcel Thum vom Dresdner Ableger des Münchner ifo-Instituts. Sie haben die Pläne aus den Wahlprogrammen der SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die GRÜNEN und AfD ausgewertet und warnen in ihrer Analyse vor der „Zeitbombe Rentenversicherung“.
„Alle größeren Parteien sind offensichtlich darum bemüht, mögliche Belastungen für die Rentnerinnen und Rentner zu vermeiden und stattdessen die Last auf die aktuellen und kommenden Beitragszahler zu verlegen“, sagt Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der ifo Niederlassung Dresden.
Wahlprogramme 2025: Rente – wie soll sie zukünftig gesichert werden?
Das Wahlprogramm der SPD sieht ein dauerhaftes Rentenniveau von 48 Prozent vor, ohne die Lebensarbeitszeit verlängern zu wollen. „Mit dem Vorschlag werden die Kosten der Alterung ausschließlich der erwerbsfähigen Generation auferlegt, die diese über höhere Beiträge oder Steuern zu tragen hat“, sagt Marcel Thum, Leiter der ifo Niederlassung Dresden. Demnach würde der Beitragssatz bis 2045 um 1,5 Prozentpunkte auf 22,7 Prozent steigen.
Bündnis 90/DIE GRÜNEN sprechen sich ebenfalls für ein stabiles Rentenniveau sowie gegen ein höheres Renteneintrittsalter über 67 Jahre aus. Zudem sollen Beamte und Selbständige künftig in die Rente einzahlen und es soll eine kapitalgedeckte Vorsorge in Form eines „Bürger*innenfonds“ eingeführt werden. Dabei bleibe unklar, wie die kurzfristige Finanzierung der Renten sichergestellt werden kann. „Insbesondere eine Ausweitung der Rentenversicherungspflicht auf Beamte würde kurzfristig zu einer Doppelbelastung der öffentlichen Haushalte führen, die dann sowohl die laufenden Pensionszahlungen als auch die Beiträge für das aktive Personal zu schultern hätten“, sagt Ragnitz.
CDU/CSU halten in ihrem Programm an der „Rente mit 63“ sowie am Renteneintrittsalter mit 67 Jahren ab 2031 fest. Das Rentenniveau sowie der Beitragssatz sollen „durch Wirtschaftswachstum“ stabil gehalten werden. „Durch allgemeine Produktivitäts- und Lohnsteigerungen steigen zwar die Beiträge, aber letztlich auch der Rentenwert und damit die Ausgaben. Aus dem Finanzierungsproblem der deutschen Rentenversicherung kann man daher nicht einfach herauswachsen“, sagt Thum. Die weiteren Vorschläge zur Stärkung von betrieblicher und privater Vorsorge, sowie eines Kapitalstocks aus staatlichen Mitteln für Kinder, würde die Rentenkassen erst ab 2070 entlasten.
Das Wahlprogramm der AfD zielt auf eine mittelfristige Erhöhung des Rentenniveaus auf gut 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens ab. Finanziert werden soll dies durch eine Erhöhung des steuerfinanzierten Bundeszuschusses an die Rentenversicherung. Politiker sollen künftig ebenfalls in die gesetzliche Rente einzahlen. Beitragssatzerhöhungen sollen über Entlastungen bei der Einkommensteuer ausgeglichen werden. Die Vorschläge würden zu einer Umschichtung der Finanzierung der Rente führen und das Finanzierungsproblem durch die Rentenerhöhung sogar noch verschärfen, so das Urteil der ifo-Forscher. Der Effekt durch die Einbeziehung von Politikern in die Rentenversicherung sei laut ifo-Experte Thum vernachlässigbar.
Bei der FDP soll jeder selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt, solange keine Sozialleistungen beantragt werden müssen. Bisher hält sich die Partei allerdings mit konkreten Vorschlägen und Versprechungen zur Rente zurück, deshalb ging dies nicht in die vorliegende Analyse mit ein. In ihrem Programmentwurf setzen die Liberalen auf eine gesetzliche Aktienrente nach schwedischem Vorbild: Ein kleiner Teil der Rentenbeiträge soll in einen unabhängigen Fonds fließen. Auch schlägt die FDP ein privates Altersvorsorgedepot vor, das steuerlich gefördert werden und so den langfristigen Vermögensaufbau unterstützen soll.
Forscher liefern Ideen zur Rentenstabilisierung
Als langfristig wirksamer Weg, die gesetzliche Rentenversicherung zu stabilisieren, schlagen die Autoren vor, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung anzupassen. So ließe sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenempfängern angesichts der demografischen Schieflage annähernd stabil halten.
Zudem empfehlen die Autoren, die Renten künftig lediglich an die Inflationsentwicklung anzugleichen, statt an die Zuwachsrate der Nettolöhne. „Sowohl die Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung als auch die Inflationsindexierung der Renten sind Regelungen, die in anderen europäischen Ländern bereits erfolgreich eingeführt wurden. In Deutschland traut sich aktuell keine der großen Parteien an eine solche Reform heran“, sagt Thum.
Rente: Parteien wollen Belastungen für aktuelle Rentenempfänger vermeiden
Im Jahr 2023 lagen die Gesamtkosten der Alterssicherung bei 429 Milliarden Euro und damit bei rund 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Bis zum Jahr 2038 würden die Ausgaben zur gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber dem aktuellen Wert um mehr als 75 Prozent steigen, während die beitragspflichtigen Einkommen lediglich um 50 Prozent zunehmen.
Eine grundlegende Rentenreform, die diesem Widerspruch Rechnung trägt, hat in den vergangenen 20 Jahren keine Regierung auf den Weg gebracht. Wie bei so vielen Themen in Deutschland – Infrastruktur, Netzbau, Digitalisierung der Verwaltung, Bürokratieabbau und viele mehr – wurden von der Politik keine wegweisenden Entscheidungen getroffen.
Fest steht: Der größte Kostenblock im Bundeshaushalt sind nicht Bürgergeldzahlungen, nicht die Ausgaben für Migranten und auch nicht die Investitionen, die die Bundeswehr braucht. Nein, der dickste Batzen ist der Zuschuss, den die Rentenkasse benötigt. Er steigt stetig, weil die Demografie unerbittlich ist: Immer weniger junge Menschen zahlen für immer mehr Alte. Entsprechend wichtig wäre es gewesen, dass die Parteien noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar entsprechende Lösungen präsentieren. Doch beim Thema Rente lassen die Parteien wieder einmal nicht erkennen, wie sie ihre Vorschläge finanzieren wollen. Die Zeitbombe Rentenversicherung tickt weiter.