Politik

Ukraine-Krieg: Debatte über Sicherheitsgarantien für Ukraine spitzt sich zu

Die Diskussion über Sicherheitsgarantien für Ukraine sorgt weltweit für Spannung. Präsident Selenskyj drängt auf konkrete Maßnahmen, doch zwischen europäischen Partnern, den USA und Russland herrscht Uneinigkeit.
05.09.2025 07:57
Aktualisiert: 05.09.2025 07:57
Lesezeit: 3 min
Ukraine-Krieg: Debatte über Sicherheitsgarantien für Ukraine spitzt sich zu
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt an einer Pressekonferenz im Anschluss an einen Ukraine-Gipfel im Élysée-Palast teil (Foto: dpa). Foto: Ludovic Marin

Fortgesetztes Ringen um Sicherheitsgarantien für Ukraine

Nach Ansicht von Präsident Wolodymyr Selenskyj muss eine schlagkräftige ukrainische Armee das Kernstück künftiger Sicherheitsgarantien für Ukraine bilden. "Ihre Fähigkeiten - Finanzierung, Waffen, Produktion - sichern wir jetzt und sollten das auch in einem Jahr, in fünf Jahren, in zehn Jahren tun", schrieb er nach Gesprächen mit westlichen Partnern der Ukraine auf der Plattform X.

Die sogenannte Koalition der Willigen mit mehr als 30 Staaten hatte zuvor über verschiedene Hilfen für die Ukraine gesprochen, um das Land nach einem möglichen Waffenstillstand oder Friedensabkommen mit Russland vor neuer Aggression zu schützen. An den Beratungen in Paris nahmen einige Teilnehmer wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) per Video teil. Danach folgte ein Gruppen-Telefonat mit US-Präsident Donald Trump. Unklar bleibt, wie ein Ende des seit über dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieges erreicht werden kann. Kremlchef Wladimir Putin, der den völkerrechtswidrigen Überfall befohlen hatte, zeigt bislang keinerlei Bereitschaft zu echten Zugeständnissen.

Selenskyj erklärte auf X, der Weg zum Frieden liege darin, Russlands Kriegsmaschinerie Geld und Ressourcen zu entziehen. Außerdem habe die Ukraine den USA einen neuen Vorschlag zur Sicherung ihres Luftraums übermittelt. Details nannte er nicht.

Trump kritisiert europäische Ölgeschäfte

Trump soll laut Medien im gemeinsamen Telefonat den Europäern vorgehalten haben, trotz Widerstands gegen Russland weiterhin Öl von dort zu beziehen und so Putins Krieg zu finanzieren. Er habe gefordert, diese Ölgeschäfte zu stoppen und zugleich mehr Druck auf China auszuüben, meldeten "Axios" und CNN mit Hinweis auf Quellen im Weißen Haus. Die "Bild" schrieb von einem "hitzigen Telefon-Gespräch".

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte anschließend in Paris, Trump und die US-Regierung seien völlig zurecht empört, dass zwei EU-Staaten weiterhin russisches Öl kauften. Gemeint sind Ungarn und die Slowakei, die auch bei Sanktionen bremsen. Macron sagte, es sei richtig, dass USA und Europa ihre Sanktionen künftig enger koordinieren wollten, um diese Praktiken zu beenden. Nach EU-Angaben sind Ölimporte aus Russland in den vergangenen Jahren stark gesunken. Ganz zum Stillstand kamen sie jedoch nicht. Über die Pipeline Druschba fließt weiter Öl nach Ungarn und in die Slowakei.

EU-Beitritt als Sicherheitsgarantie

Im Kontext der Ukraine-Sicherheitsgarantien drängte Selenskyj auf eine EU-Mitgliedschaft seines Landes. "Unter den Sicherheitsgarantien, die wir sehen, ist eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union eine zwingende ökonomische, politische und geopolitische Sicherheitsgarantie", sagte er neben Macron. Die EU-Verträge enthalten eine militärische Beistandsklausel.

Seit langem fordert Selenskyj ein direktes Treffen mit Putin und wirft Moskau Verzögerungstaktik vor. "Wenn du willst, dass kein Treffen stattfindet, dann lädst du mich nach Moskau ein", sagte er in Richtung Kremlchef. Immerhin sei es "nicht schlecht", dass Russland überhaupt von einem Treffen spreche. Putin hatte am Mittwoch erklärt, Selenskyj könne nach Moskau kommen, wenn Aussicht auf ein positives Ergebnis bestehe. Selenskyj wiederum sagte, davon habe er über "amerikanische Partner" erfahren.

26 Länder bieten militärische Unterstützung

Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilten mit, dass 26 Staaten bereit seien, Truppen zur Absicherung eines Waffenstillstands oder Friedens einzusetzen. Sie könnten Bodentruppen, Luft- oder Seestreitkräfte stellen, sagte von der Leyen. Welche Staaten sich in welcher Form beteiligen, ließ sie offen. Deutschland legte sich zunächst nicht fest, wie Merz verdeutlichte. Vorrang hätten Finanzierung, Bewaffnung und Ausbildung der ukrainischen Armee, erklärte sein Regierungssprecher.

Nach Einschätzung aus Militärkreisen wäre eine Truppenpräsenz westlicher Nato-Länder in der Ukraine vor allem als großangelegter Ausbildungseinsatz denkbar. Von einer klassischen Friedenstruppe sei nicht die Rede. Die Hauptlast einer solchen Mission müssten die europäischen Nato-Staaten tragen. Klar ist aber, dass es nicht ohne Rückendeckung der USA gehen würde. Konkrete Zusagen aus Washington blieben bislang aus.

Moskau lehnt Sicherheitsgarantien ab – Kämpfe dauern an

Russland sei bereit, den Krieg fortzusetzen, sollte es keine für Moskau akzeptable Lösung geben, erklärte Putin am Mittwoch. Das Außenministerium wies die westlichen Pläne zu Sicherheitsgarantien für Ukraine und eine mögliche Entsendung von Nato-Truppen zurück. "Russland wird nicht über eine zutiefst unannehmbare und jede Sicherheit untergrabende ausländische Intervention in der Ukraine diskutieren", sagte Sprecherin Maria Sacharowa.

Unterdessen gehen die Kämpfe in der Ukraine weiter. Auch in der Nacht heulten in vielen Regionen erneut Sirenen. An russischen Flughäfen in Kaluga, Wolgograd und Tambow kam es nach Angaben der Luftfahrtbehörde Rosawiazija am Abend und in der Nacht ebenfalls zu zeitweiligen Einschränkungen.

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