Der Energiekonzern Shell hat angekündigt, das geplante Shell-Biokraftstoffprojekt in den Niederlanden nicht weiterzuführen. Die Anlage in Rotterdam sollte nachhaltigen Flugkraftstoff und Diesel aus nachwachsenden Rohstoffen produzieren. Nach einer technischen und kommerziellen Neubewertung kam das Unternehmen zu dem Schluss, dass das Projekt nicht mehr wettbewerbsfähig sei, um „den Bedarf der Kunden an erschwinglichen, kohlenstoffarmen Produkten zu decken“, berichtete das Wall Street Journal.
Die ursprünglich 2022 gestartete Anlage war bereits im Juli 2024 vorübergehend gestoppt worden. Sie hätte jährlich bis zu 820.000 Tonnen erneuerbaren Treibstoff auf Basis von Bioabfällen herstellen sollen. „Dies war eine schwierige, aber richtige Entscheidung, da wir Projekte priorisieren müssen, die sowohl den Bedürfnissen unserer Kunden als auch den Interessen unserer Aktionäre entsprechen“, erklärte Machteld de Haan, Präsidentin von Shell Downstream, Renewables and Energy Solutions. Dennoch bleibe Shell überzeugt, dass kohlenstoffarme Moleküle, einschließlich Biokraftstoffe, künftig eine tragende Rolle im Energiesystem spielen werden.
Milliardeninvestitionen in die Energiewende
In den vergangenen Jahren hat Shell 6,5 Milliarden Euro in die Niederlande investiert, um die Transformation weg von fossilen Energieträgern zu beschleunigen. Dazu zählen die CO₂-Speicherung im Rahmen des Porthos-CCS-Projekts, die nachhaltige Wasserstoffproduktion bei Holland Hydrogen 1 sowie die Elektrifizierung zentraler Produktionsprozesse im Shell Chemicals Park Moerdijk.
Auch Wettbewerber wie BP mussten ihre Biokraftstoffpläne zurückfahren. Im vergangenen Jahr stoppte der britische Konzern zwei Projekte, da der Markt zunehmend von billigen Importen aus China dominiert wird. Zusätzlich schwächen politische Entscheidungen in Finnland und Schweden, den Anteil erneuerbarer Kraftstoffe im Treibstoffmix zu reduzieren, die Perspektiven des Marktes.
Bedeutung für Deutschland
Für Deutschland hat das Scheitern des Shell-Biokraftstoffprojekts Signalwirkung. Die Bundesrepublik will ihren Anteil an nachhaltigen Kraftstoffen im Luftverkehr massiv erhöhen, steht jedoch ebenfalls unter Druck durch importierte Biokraftstoffe. Zugleich ist die deutsche Chemie- und Energieindustrie eng mit den Niederlanden verflochten, insbesondere über Rotterdam als wichtigstem europäischen Energieknotenpunkt. Ein Rückzug von Shell schwächt daher auch die deutschen Bemühungen, Versorgungssicherheit und Klimaziele durch alternative Kraftstoffe zu erreichen.


