Politik

Suwalki-Korridor: Europas Achillesferse zwischen NATO und Russland

Der Suwalki-Korridor gilt als Achillesferse der NATO. Moskau und Minsk üben die Einnahme des Gebiets – Polen warnt, Deutschland blickt besorgt nach Osten.
18.09.2025 16:02
Lesezeit: 2 min
Suwalki-Korridor: Europas Achillesferse zwischen NATO und Russland
Der Suwalki-Korridor zwischen Polen und Litauen gilt als NATO-Achillesferse – im Ernstfall könnte Russland hier die baltischen Staaten vom Bündnis abschneiden. (Foto: dpa) Foto: Doris Heimann

Polen warnt, dass die laufenden Militärübungen in Belarus eine Vorbereitung auf die Besetzung des Suwalki-Korridors sein könnten – jener nur 65 Kilometer breiten Landbrücke zwischen Kaliningrad und Belarus, die als „gefährlichster Ort der Welt“ gilt. Politico verweist auf die enorme strategische Bedeutung dieser Region.

„Meine Frau und ich haben zwei Rucksäcke gepackt – für den Fall, dass Russland angreift oder wir nicht mehr in der Lage sind, unsere Rechnungen zu bezahlen“, erzählte mir ein junger Lette im Januar 2023. Während in Slowenien die russische Bedrohung abstrakt wirkt, ist sie in den baltischen Staaten allgegenwärtig.

Militärübungen mit politischer Botschaft

Die gemeinsamen Manöver Russlands und Belarus – Zapad 2025 – enden in Belarus. Schon 2021 hatte Moskau nach den Übungen Truppen nicht zurückgezogen, sondern sie für den Angriff auf die Ukraine genutzt. Minsk betont zwar Transparenz, doch die Erinnerung an 2022 wiegt schwer. 13.000 Soldaten nehmen teil, deutlich weniger als die 200.000 vier Jahre zuvor. Dennoch vermuten polnische Behörden, dass die Übung auf die Einnahme des Suwalki-Korridors abzielt. Polen reagierte mit Grenzschließungen und stationierte 40.000 Soldaten.

Die russische Exklave Kaliningrad spielt eine Schlüsselrolle. Raketen von dort können bis zu sechs NATO-Länder erreichen, der Hafen ist militärisch unverzichtbar.

Deutschlands Perspektive

Für Deutschland hat der Suwalki-Korridor eine unmittelbare sicherheitspolitische Bedeutung. Sollte Russland diese Landbrücke besetzen, wären die baltischen Staaten von der NATO auf dem Landweg abgeschnitten. Damit stünde auch die Ostflanke des Bündnisses infrage – ein Szenario, das direkte Konsequenzen für die Bundeswehr hätte, die im Rahmen der NATO-Verteidigung in Litauen stationiert ist. Zudem ist Kaliningrad historisch eng mit Deutschland verbunden: Als Königsberg war es über Jahrhunderte eine deutsche Stadt, bevor es 1945 zur Sowjetunion kam.

„Gefährlichster Ort der Welt“

Der Suwalki-Korridor gilt als Schwachpunkt der NATO. Ein Angriff würde die Verteidigung des Baltikums erheblich erschweren. Transporte zwischen Kaliningrad und dem russischen Kernland sind heute stark eingeschränkt, Züge fahren nur noch direkt nach Moskau. Flüge nach Minsk müssen weite Umwege nehmen, Landtransporte sind fast völlig blockiert.

2019 besuchte ich Kaliningrad selbst. Der Grenzübertritt war streng, die Straßen grau und sowjetisch, zwischen Lenin-Statue und McDonald’s, zwischen Kant-Grab und Ostseestränden. Gefährlich wirkte es damals nicht – doch die geopolitische Realität hat sich seitdem dramatisch verschoben. Für Polen, die Balten und nun auch Deutschland bleibt der Suwalki-Korridor ein Pulverfass.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsbau zieht an: Zahl der Genehmigungen steigt deutlich
19.11.2025

Nach dem schwachen Vorjahr stehen die Zeichen beim Wohnungsbau auf Erholung: Die Zahl der Genehmigungen steigt kräftig. Besonders eine...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer und Verschonungsregelung: Wirtschaftsweise fordern Steuerreform für Unternehmen
19.11.2025

In Zeiten der Wirtschaftskrise bleiben Milliardenerbschaften oft steuerfrei.: Der Sachverständigenrat Wirtschaft schlägt jetzt eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zeitweise unter 90.000 US-Dollar: Kryptomarkt in extremer Angst
18.11.2025

Der Bitcoin-Kurs ist am Dienstag zeitweise tief gefallen und hat weltweit Unruhe unter Anlegern ausgelöst. Der Fear-and-Greed-Index warnt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Flixtrain bereit zum harten Wettbewerb um Bahn-Kunden
18.11.2025

Im Fernverkehr auf deutschen Schienen herrscht bislang wenig Wettbewerb. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Ein kleiner...

DWN
Technologie
Technologie Fliegende Autos: XPeng eröffnet erste Produktionsstätte für Flugfahrzeuge in China
18.11.2025

China eröffnet erstmals industrielle Strukturen für Fahrzeuge, die sowohl am Boden als auch in der Luft nutzbar sein sollen. Wird damit...

DWN
Technologie
Technologie Cloudflare down: Internetdienste X und ChatGPT massiv von Cloudflare-Störung betroffen
18.11.2025

Die Cloudflare-Dienste sind seit Dienstagmittag weltweit massiv gestört, betroffen sind darunter große Plattformen wie X und ChatGPT. Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Nokia-Aktie und Nvidia-Aktie im Fokus: Wie die Partnerschaft 5G-Wachstum antreibt
18.11.2025

Die einst vor allem für Handys bekannte Nokia hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und rückt nun wieder in den Fokus von...

DWN
Finanzen
Finanzen Vestas-Aktie im Minus: So sollen 900 gezielte Entlassungen die Ertragsziele stützen
18.11.2025

Die Vestas-Aktie steht derzeit unter Druck. Dass das Unternehmen weltweit 900 Bürostellen abbaut, scheint den Anlegern auch Sorgen zu...