Deutscher Maschinenbau: Teilzölle auf Maschinen mit bis zu 15.000 Einzelkomponenten
Für den deutschen Maschinenbau wird der Handel mit den USA ein Riesenproblem. Unabhängig vom Zolldeal, der 15 Prozent Zoll auf alle Waren aus der EU vorsieht, leiden die Maschinenbauer unter hohen Extrazöllen auf Stahl und Aluminium in Höhe von 50 Prozent, die zusätzlich zu den normalen Einfuhrzöllen fällig werden. Das gilt jetzt seit dem 1. August auch noch für Kupfer. Diese Zölle stellen für den deutschen Maschinenbau eine erhebliche Belastung dar, da sie Produkte verteuern und den Absatz deutlich schwächen. Ein weiteres Problem – die Zölle werden auch auf Produkte anteilig erhoben, die diese Materialien beinhalten. Doch Anteiligkeiten lassen sich bei den komplexen Produkten im Maschinenbau gar nicht korrekt ermitteln. Die unklaren Vorschriften führen zu zusätzlichen Handelsbarrieren, die für viele deutsche Exporteure schwer zu bewältigen sind.
Mitte August hatte die US-Regierung die Extra- Metallzölle auf insgesamt 407 weitere Produktkategorien ausgeweitet, die anteilig diese Materialien enthalten. Sie verlangen von den EU-Exporteuren bei der Einfuhr die konkreten Zusammensetzungen, Herkunft der Komponenten und ihr Gewicht sowie die Einzelkosten anzugeben. Das ist gerade für viele Produkte im Maschinenbau gar nicht machbar. Der bürokratische Aufwand und die umfangreichen Dokumentationspflichten gelten als außergewöhnlich hoch.
In einem Interview mit der FAZ hat Landmaschinenhersteller Krone aus dem Emsland nun begründet, warum er seine Exporte in die USA vollständig eingestellt hat. Gero Schulze Isfort, Geschäftsführer der Bernard Krone Beteiligungs-GmbH, erklärte in dem Interview, dass seine Maschinen teilweise aus 15.000 Einzelteilen bestehen. Die Teilfabrikate werden dabei von vielen Zulieferern geliefert, die ihm für ihre Fabrikate alle Einzelinformationen liefern müssten. Auch wenn dies möglich wäre, wäre das für Krone nicht umsetzbar. „Bis wir so weit wären, 15.000 Sachnummern für ein einziges Produkt im System mit allen Informationen zu erfassen, würde das ein Jahr dauern“, erläuterte Schulze Isfort.
Keine Informationen zur Zollberechnungsgrundlage
Auch sei gar nicht klar, auf welcher Grundlage die Zölle berechnet werden. Wie Bernard Krone, Eigentümer der Krone-Gruppe und Aufsichtsratsvorsitzender, erklärte, gäbe es keine Informationen dazu , ob die Zölle dann anteilig auf den Warenwert der Komponenten, das Gewicht, ihren prozentualen Anteil oder einfach pauschal pro Produktgruppe berechnet werden. Für den US-Zoll müssten aber genaue Nachweise geliefert werden, welche Materialien in welchem Umfang in einem Produkt verarbeitet wurden. Falsche Deklarationen könnten mit entsprechenden Strafen belegt werden. Wie Schulze Isfort gegenüber der FAZ klarstellte, stellen die hohen Zusatzzölle in Verbindung mit den komplexen bürokratischen Anforderungen eine schwer überwindbare Handelsbarriere dar, die zum Stop der Lieferungen in die USA geführt habe.
Exporte der Maschinenbauer in die USA brechen ein
Mittlerweile würden rund 30 Prozent der Maschinenimporte aus der EU einem Strafzoll von 50 Prozent auf ihren Stahl- und Aluminiumanteil unterliegen, teilte der Maschinenbau-Verband VDMA mit. Für die deutschen Industrien ist die USA der wichtigste Absatzmarkt außerhalb der EU. Im ersten Halbjahr 2025 betrug das Exportvolumen 77,6 Milliarden Euro. Fahrzeug- und Maschinenbau sind hierbei dominierend – und genau diese Exporte brechen jetzt massiv ein. Wie produktion.de mitteilte, beläuft sich das Minus der Maschinenbauer dabei im ersten Halbjahr 2025 auf 7,9 Prozent.
Die Lage ist auch für den Landmaschinenhersteller Krone schwierig. 2,4 Milliarden Euro Umsatz machte Krone zuletzt und beschäftigt 10.000 Mitarbeiter. 15 Prozent seiner Maschinen hat er bislang für den amerikanischen Markt produziert, die meisten davon für die USA. Unabhängig vom bürokratischen Chaos werden die Maschinen jetzt auch so teuer, dass sie niemand mehr haben will, wie Schulze Isfort gegenüber der FAZ erklärte.
USA schaden sich auch selbst mit den Zöllen
Wie VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann zusätzlich anmerkte, schaden sich die USA auch selbst mit den hohen Einfuhrzöllen, da auch die US-Industrie von der Lieferung von Komponenten und Ersatzteilen abhängt. „Diese Zölle untergraben auch die Re-Industrialisierungsziele der USA, da nicht nur fertige Maschinen, sondern auch deren Komponenten von den hohen Stahl- und Aluminiumzöllen betroffen sind“, erklärte Brodtmann. Der Landmaschinenhersteller Krone liefert jetzt auch keine Ersatzteile mehr für seine bereits verkauften Maschinen in den USA.
VDMA: EU hat in den Zollverhandlungen versagt
Wie der VDMA erklärte, werde auch die Liste der von den Extrazöllen betroffenen Produkte regelmäßig und ohne Vorwarnung erweitert. Die Zollvereinbarung wird vom VDMA als unzureichend bewertet und als Nachteil im Verhältnis zur US-Handelspolitik gesehen. Er forderte die EU-Kommission auf, jetzt dringend nachzuverhandeln. Ziel müsse es sein, Maschinenbauprodukte klar und dauerhaft von den sektoralen Zöllen auszunehmen, so der Verband.
Der VDMA hatte bereits im August in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen klargestellt, dass die hohen Zölle die Existenz vieler Maschinen- und Anlagenhersteller bedrohen würden. „Wir fordern die Kommission nachdrücklich auf, alle verfügbaren Anstrengungen zu unternehmen, um die EU von den Zöllen auf Stahl- und Aluminiumderivate zu befreien und sicherzustellen, dass Maschinen und Ausrüstungen von künftigen sektoralen Zöllen ausgenommen werden“, forderte er in seinem Brief.
Passiert ist bisher nichts. Fraglich bleibt auch, ob EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dagegen überhaupt etwas ausrichten kann und ob sie überhaupt wahrnimmt, welche gravierenden Probleme sich für den Maschinenbau und die gesamte Exportindustrie in Europa abzeichnen. Fraglich bleibt auch, was sie Präsident Trump überhaupt entgegensetzen könnte. Viele Maschinenbauer, wie auch Krone, setzen allerdings darauf, dass die USA bald einsehen werde, dass sie sich selbst eben auch sehr schadet durch die Zollpolitik.
Die USA sind in großem Umfang von Importen aus der EU abhängig
Wie Eurostat ermittelte, exportieren europäische Unternehmen im Jahr 2024 Güter im Wert von 532,3 Milliarden Euro in die USA. Davon entfielen 119,8 Mrd. Euro auf medizinische und pharmazeutische Produkte und 50,9 Mrd. Euro auf Kraftfahrzeuge. Im Bereich Maschinenbau betrugen die Exporte insgesamt 34,1 Mrd. für Industriemaschinen und- ausrüstung, 26,4 Mrd. für Spezialmaschinen, 25,0 Mrd. für Maschinen zur Stromerzeugung und 22,8 Mrd. für Instrumente und Geräte im Bereich Gewerbe und Wissenschaft.


