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Weltraum-Sicherheit: Bundesregierung investiert 35 Milliarden Euro

Deutschland will im All aufrüsten – mit Milliarden für Sicherheit, Transport und Satelliten. Doch während Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) von Kontrolle und Abschreckung spricht, warnen Experten vor gefährlichen Abhängigkeiten und einer wachsenden Bedrohung durch Russland und China. Für die Industrie eröffnet der Wettlauf im Orbit jedoch enorme Chancen.
26.09.2025 08:26
Lesezeit: 3 min
Weltraum-Sicherheit: Bundesregierung investiert 35 Milliarden Euro
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigt Milliarden für Sicherheit im All an. (Foto: dpa) Foto: Annette Riedl

35 Milliarden für deutsche "Sicherheitsarchitektur" im All

"Aufholjagd im All": Die Bundesregierung will nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius in den nächsten fünf Jahren 35 Milliarden Euro für Weltraumprojekte und eine Sicherheitsarchitektur im All bereitstellen. Der SPD-Politiker kündigte in Berlin beim BDI-Weltraumkongress ein Gesamtpaket an, "das Schutz und Wirkung gleichermaßen gewährleistet".

Als Ziel des Programms nannte er eine belastbare Struktur aus Satellitenkonstellationen, Bodenstationen, gesicherten Startmöglichkeiten ins All und den nötigen Services. "Wir härten unsere Systeme gegen Störungen und Angriffe. Das schließt ausdrücklich die Cybersicherheit für alle Weltraumsysteme ein", sagte Pistorius.

Der Minister betonte auch, dass über Offensivfähigkeiten gesprochen werden müsse. Der Begriff beschreibt Systeme, um im Weltall notfalls auch militärisch wirksam zu sein oder angreifen zu können. "Auch im Weltraum müssen wir abschrecken können, um verteidigungsfähig zu sein", sagte Pistorius.

Deutschland braucht gesicherte Transportwege ins All

Zusätzlich müssten Redundanzen durch mehrere, vernetzte Satellitenkonstellationen geschaffen werden. Deutschland brauche auch gesicherte Transportkapazitäten ins All: "Hier setzen wir auf einen Mix: kleine Trägerraketen für flexible Starts, mittelfristig aber auch europäische Schwerlastträger, die im Wettbewerb entstehen – und vor allem bestehen müssen."

Im Weltraumkommando der Bundeswehr werde ein eigenes militärisches Satelliten-Betriebszentrum erforderlich sein. Pistorius sagte: "Nur so behalten wir die Kontrolle über unsere Systeme und können im Ernstfall schnell reagieren."

Russland und China: Bedrohung durch Weltraumwaffen

Russland und China haben ihre Fähigkeiten zur Kriegsführung im Weltraum nach Einschätzung von Pistorius in den vergangenen Jahren "rasant ausgebaut". "Sie können Satelliten stören, blenden, manipulieren oder kinetisch zerstören", sagte er.

Derzeit würden zwei auch von der Bundeswehr mitgenutzte IntelSat-Satelliten durch zwei russische Luch-Olymp-Aufklärungssatelliten verfolgt. China führe mit seinen Weltraumsystemen hochagile und dynamische Annäherungsmanöver durch, die man auf die Luftwaffe übertragen als Luftkampfübungen bezeichnen könne.

Pistorius warnte, Satellitennetzwerke seien eine Achillesferse moderner Gesellschaften. "Wer sie angreift, legt ganze Staaten lahm." Bereits heute seien auch Systeme der Bundeswehr von Störangriffen betroffen. Die Attacken richteten sich aber nicht nur gegen die Truppe, sondern auch gegen Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt.

Bereits am Morgen vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine habe ein russischer Cyberangriff auf das Satellitennetzwerk "ViaSat" große Teile der Kommunikation lahmgelegt, erinnerte der Minister. In Deutschland sei die Betriebssteuerung von insgesamt knapp 6.000 Windrädern massiv eingeschränkt gewesen.

Pistorius: Rede findet unter 39 Aufklärungssatelliten statt

Die heutige Bedrohungslage gehe weit darüber hinaus. Pistorius sagte: "Bei unseren Gebirgsjägern in der Bundeswehr gilt der Satz: Wer die Höhen hat, der kontrolliert auch die Täler. Würden wir die Situation im Weltraum heute auf eine Landkarte legen, wäre eines sehr schnell offensichtlich: Russland und China besetzen bereits wichtige strategische Hügel und Berge im All."

Allein während seiner Rede überflögen insgesamt 39 chinesische und russische Aufklärungssatelliten Berlin. Nato-Generalsekretär Mark Rutte habe erst vor wenigen Monaten seine Besorgnis geäußert, dass Russland die Stationierung von Nuklearwaffen im All erwägen könnte, um damit Satelliten bekämpfen zu können.

Deutschland ist zuletzt immer mehr zurückgefallen

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält für eine Aufholjagd zu führenden Raumfahrtnationen erheblich höhere Investitionen für nötig. Der deutsche und europäische Abstand zu den USA und China in der Raumfahrt sei in den vergangenen Jahren größer geworden – mit weitreichenden Folgen für die gesamte Industrie, warnten der Verband und die Unternehmensberatung Roland Berger in einer Studie.

Der globale Markt für weltraumgestützte Infrastruktur und Dienste werde sich bis 2040 vervierfachen – von heute knapp 500 Milliarden auf zwei Billionen Euro, heißt es in der Studie. Für die deutsche Wirtschaft bestehe erhebliches Potenzial "dank ihres spezialisierten Ingenieurs-Know-how, das die Raumfahrt dringend benötigt".

Die Studie kritisiert eine jahrzehntelange Unterfinanzierung, die Folgen habe. Deutschland betreibe derzeit nur etwas mehr als 80 eigene Satelliten, die USA dagegen über 10.000 und China über 900 – "Tendenz stark steigend".

Die Autoren weisen auf problematische Abhängigkeiten hin, etwa bei der Satellitenkommunikation. So gebe es aktuell keine deutsche oder europäische Alternative zum amerikanischen Netzwerk. Daten aus dem All seien jedoch unverzichtbar für Verteidigungsfähigkeit und zentrale Prozesse.

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