Immobilien

3D-Druck am Bau: Wie Heidelberg das Wohnen revolutioniert

In Heidelberg wächst ein Wohnhaus Schicht für Schicht aus dem 3D-Drucker – in nur 33 Tagen. Die neue Technik verspricht schnelleren, günstigeren und nachhaltigeren Wohnungsbau. Doch kann sie die Branche wirklich verändern, oder bleibt sie ein Experiment für Architekten mit Zukunftsdrang?
17.10.2025 07:32
Lesezeit: 3 min
3D-Druck am Bau: Wie Heidelberg das Wohnen revolutioniert
Eine Mitarbeiterin betrachtet übereinander geschichtete Betonstreifen, die von einem seriellen 3D-Gebäudedrucker gesetzt wurden. (Foto: dpa) Foto: Uwe Anspach

3D-Druck am Bau: Neuer Wohnraum soll schneller entstehen

In Heidelberg entsteht ein Wohnhaus aus dem 3D-Drucker – in nur 33 Tagen. Doch kann diese Technik wirklich günstiger und nachhaltiger bauen als herkömmliche Methoden?

Das dreigeschossige Wohnhaus in der Heidelberger Südstadt wirkt mit seinen grauen, gerillten Wänden und den runden Ecken futuristisch. Der Rohbau steht, ein Gerüst führt außen herum, die Fenster fehlen noch. Nebenan druckt der Portaldrucker mit Brummen und Sirren bereits das nächste Wohnhaus. Die Düse fährt an dem 13,5 mal 20 Meter langen Metallrahmen entlang und spritzt den Beton in schmalen Streifen auf die Bodenplatte. Langsam wachsen die Wände des Erdgeschosses empor – bis zu eineinhalb Meter pro Tag.

3D-Häuser: Schneller und günstiger gebaut

In dem Wohngebiet entstehen drei 3D-gedruckte Wohnhäuser – laut Hersteller 30 Prozent schneller und 10 Prozent günstiger als ein herkömmliches Mehrfamilienhaus. Der Experte Viktor Mechtcherine von der Technischen Universität Dresden sagt: "Wenn diese Zahlen zutreffen, wäre die Kostenreduktion durch den 3D-Druck im Vergleich zum konventionellen Bau tatsächlich ein Meilenstein." Der CO2-Fußabdruck soll bei dem Projekt ebenfalls geringer sein.

Ein Haus in weniger als einem Jahr

Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung müssten bis zum Jahr 2030 jährlich 320.000 Wohnungen gebaut werden. 2024 wurden demnach allerdings nur gut 250.000 fertiggestellt. Könnten 3D-gedruckte Gebäude die Wohnungsnot in Deutschland lindern? Welches Potenzial sehen Experten in dem 3D-Druck-Verfahren für Wohngebäude?

"Wir sagen, dass wir vom Bauantrag – wenn die Behörden mitmachen – bis zur Fertigstellung es schaffen, unter zwölf Monaten hier ein Gebäude zu erstellen", sagt Bauherr Hans-Jörg Kraus von der Krausgruppe. Auf herkömmliche Weise wäre es nicht unter zwei Jahren machbar. Das dreigeschossige Wohnhaus mit zwölf Wohnungen und insgesamt 525,8 Quadratmetern Wohnfläche sei in 33 Tagen gedruckt worden.

Flachdach, kein Keller, keine Tiefgarage

Gedruckt werden allerdings nur die Wände. Die Bodenplatte und die Decken entstehen konventionell, sagt Kraus. Die Häuser haben Flachdächer, keinen Keller und keine Tiefgarage. Für den Aufbau der Wände braucht man laut Kraus zwei, drei Personen – im Vergleich zum doppelten Personaleinsatz beim herkömmlichen Bau.

Waldemar Korte, Geschäftsführer von Korte Hoffmann Gebäudedruck, sagt zudem mit Blick auf die Kosten: "Normalerweise sprechen wir von Bruttopreisen pro Quadratmeter Wohnfläche, die zwischen 3.000 und 3.500 Euro liegen – und mit dem Dreihaus kommen wir momentan auf 2.900 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche." Das Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen hat das Konzept der sogenannten Dreihäuser gemeinsam mit der Firma Peri 3D Construction aus Bayern entwickelt.

Digitale Planung: Software steuert den Bau

Korte hat für das Projekt von der baden-württembergischen Landesstelle für Bautechnik eine Zustimmung im Einzelfall erhalten, wie auch die Behörde bestätigt. Laut dem Architekten existieren grundsätzlich bereits alle gesetzlichen Grundlagen, um Gebäude im 3D-Druck herzustellen.

Der Entwurf eines 3D-gedruckten Gebäudes erfolgt zunächst auf dem Papier. Die entsprechende Software erstellt anschließend ein 3D-Modell des Gebäudes und legt fest, wo der Drucker den Beton auftragen soll. Mit Tablet und Laptop wird auf der Baustelle etwa die Menge des Betons kontrolliert sowie dessen Konsistenz.

Nachhaltiger Beton: Bessere CO2-Bilanz im Fokus

Der spezielle 3D-Druck-Beton stammt von Heidelberg Materials – nach Angaben des Unternehmens mit einer deutlich besseren CO2-Bilanz als bei herkömmlichem Zement. Zahlen nennt das Unternehmen jedoch nicht. Für eines der Häuser werde zudem ein Net-Zero-Zement auf Basis von CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, kurz: CCS) verwendet, teilt das Unternehmen mit. Dabei wird das abgeschiedene CO2 dauerhaft im Meeresboden gelagert. Zusätzlich verbessern laut Korte auch Einsparungen beim Baumaterial in der Fassade die CO2-Bilanz.

Experten uneins über die Technologie

Die Meinungen der Fachleute zur Technologie gehen auseinander. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung sieht durchaus Einsparpotenziale bei Baukosten und Ressourcen, etwa durch geringere Wandstärken. Allerdings: "Eine entscheidende Beschleunigung oder Kostenvergünstigung bringt der 3D-Druck von Wohngebäuden nach dem derzeitigen Stand der Entwicklung nicht mit sich."

Zukunftstechnologie mit Potenzial

Bauingenieur Mechtcherine von der Technischen Universität Dresden sieht im 3D-Druck von Gebäuden dagegen eine Zukunftstechnologie: "Perspektivisch wird sich das digitale und weitgehend automatisierte Bauen – sowohl mit Beton-3D-Druck als auch mit anderen digitalen Fertigungsverfahren und häufig in Kombination mit konventionellen Bauweisen – flächendeckend im Wohnungsbau durchsetzen." Die Technische Universität Dresden entwickelt seit 2014 selbst ein Beton-3D-Druckverfahren.

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen bewertet den 3D-Druck in Deutschland noch als in der Erprobungsphase und damit bislang nur mit begrenzter Bedeutung. Zudem stellt sich hinsichtlich der weiterhin CO2-intensiven Zementnutzung beim Beton-3D-Druck die Frage, inwieweit alternative Druckmaterialien wie Lehm als nachhaltigere Optionen eingesetzt werden könnten, teilt das Ministerium mit.

Konkurrenz durch Fertigteilbau erwartet

Auch Experte Frank Dehn vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sieht den 3D-Druck nicht als flächendeckende Lösung für den Wohnungsbau. "Seine Vorteile liegen in der schnellen Herstellung sehr individueller Bauteile mit geringen Stückzahlen – ähnlich wie beim 3D-Druck mit anderen Materialien", sagt der Bauingenieur. "Im Bereich des Wohnungsbaus wird der Beton-3D-Druck mit modularen Fertigteilbauweisen aus Stahlbeton und Mauerwerk konkurrieren."

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