Politik

Bürokratieabbau verhindert: Warum Brüssel lieber Ideologie als Wirtschaft fördert

Ein Signal gegen Wachstum: Das EU-Parlament hat den geplanten Bürokratieabbau für Unternehmen gestoppt – ausgerechnet jene Parteien, die sich soziale Gerechtigkeit auf die Fahnen schreiben, stemmen sich gegen Entlastungen für die Wirtschaft. Dahinter steht ein Machtkampf um die politische Mitte in Brüssel, der weit über die Frage von Berichtspflichten hinausreicht – und nun auch deutsche Unternehmen treffen könnte.
27.10.2025 16:45
Lesezeit: 2 min
Bürokratieabbau verhindert: Warum Brüssel lieber Ideologie als Wirtschaft fördert
Das Scheitern des Bürokratieabbaus zeigt, wie tief die Spaltung in Brüssel inzwischen reicht. (Foto: dpa | Christoph Soeder) Foto: Christoph Soeder

Von der Leyen wollte Berichtspflichten lockern – doch das Parlament blockiert

Die EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen hatte im Februar Vorschläge für ein sogenanntes „Omnibus“-Paket vorgelegt, das mehrere bestehende Regelwerke vereinfachen sollte. Ziel war es, die bürokratischen Belastungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Sorgfaltspflichten zu verringern. Demnach sollten nur noch die größten Unternehmen umfassend berichten müssen; Häufigkeit und Umfang der Berichte sollten sinken. Ebenso war vorgesehen, dass große Konzerne künftig weniger Informationen von kleineren Zulieferern entlang der Lieferkette einfordern. Schließlich sollte auch die direkte zivilrechtliche Haftung von Unternehmen entfallen, die Menschenrechte oder Umweltstandards verletzen.

Sozialisten stimmen dagegen – politische Abrechnung statt Wirtschaftsförderung

Im Europäischen Parlament galt eine Mehrheit für Entlastungen als sicher. Auch die Mitgliedstaaten hatten die Vereinfachungen unterstützt. Dennoch stimmten die Abgeordneten mehrheitlich dagegen – damit scheiterte der erste Versuch, die Vorgaben zu entschlacken. Die Ablehnung gilt als ungewöhnlich und riskant: Obwohl es eine parteiübergreifende Verständigung gab, votierten insbesondere Abgeordnete der linken Fraktionen dagegen. Beobachter sehen darin weniger ein sachliches als vielmehr ein politisches Manöver – eine Abrechnung mit der Kommission und mit Ursula von der Leyen persönlich. Anstatt die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen und damit die Kaufkraft der Bürger zu stärken, hätten die Sozialisten und andere linke Gruppen ideologische Motive in den Vordergrund gestellt. Viele von ihnen werfen von der Leyen vor, zu weit nach rechts gerückt zu sein. Das Abstimmungsergebnis zeigt, dass die informelle Mitte-Koalition im Parlament zunehmend instabil wird. Damit wächst der Einfluss der politischen Ränder – ein schlechtes Signal für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität Europas.

Das Votum fiel knapp aus: 309 Abgeordnete stimmten für die Vereinfachung, 318 dagegen, 34 enthielten sich. Da die Abstimmung geheim war, ist nicht bekannt, wie die einzelnen nationalen Delegationen votierten. Ein neues Verfahren soll im November erneut auf die Tagesordnung kommen.

Slowenischer Sozialist Nemec: "Abschaffung der Haftung ist Verrat an den Arbeitern"

Der slowenische EU-Abgeordnete Matjaž Nemec, stellvertretender Vorsitzender der Sozialdemokraten (SD) und Mitglied der sozialistischen Fraktion, begründete sein Nein mit klaren Worten: „Die Abschaffung der zivilrechtlichen Verantwortung bedeutet Verrat an den Arbeitern und öffnet der Straffreiheit bei Menschenrechts- und Umweltverstößen Tür und Tor. Das ist keine Vereinfachung, sondern reine Deregulierung.“

Er warf der Europäischen Kommission und den größten Fraktionen vor, „die Grundpfeiler des grünen Übergangs sowie den Schutz von Arbeitnehmerrechten und Umweltstandards“ aushöhlen zu wollen. Es sei besser, einen Schritt zurückzutreten und neu zu beginnen, „als den neoliberalen Interessen des Kapitals auf Kosten der Rechte der Arbeitnehmer und des Umweltschutzes nachzugeben“. Auch in Deutschland wird die Debatte über Bürokratieabbau und Nachhaltigkeitsregulierung zunehmend kontrovers geführt. Der Mittelstand fordert seit Langem eine Reduzierung der Berichtspflichten, insbesondere bei ESG-Vorgaben, die hohe Verwaltungskosten verursachen. Sollte sich die Blockade im EU-Parlament verfestigen, könnte dies auch

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

avtor1
Simona Toplak

Simona Toplak ist Chefredakteurin der slowenischen Wirtschaftszeitung Casnik Finance.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Wirtschaft: Fed-Zurückhaltung bremst Wachstum und Aktienmärkte weltweit
22.12.2025

Nach der starken Rally an den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel, ob das globale Wachstum ohne neue geldpolitische Impulse tragfähig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...

DWN
Technologie
Technologie Smart Cities: Fluch oder Segen?
22.12.2025

Smart Cities sind längst keine Zukunftsmusik mehr. In Städten wie Grevenbroich testen Sensoren, Kameras und KI das urbane Leben der...

DWN
Politik
Politik EU-Ukraine-Finanzierung: Milliardenkredit ohne Zugriff auf russisches Vermögen – die Hintergründe
22.12.2025

Die EU sucht nach Wegen, die Ukraine finanziell zu stützen, ohne neue politische Bruchlinien in der Union zu erzeugen. Doch welche Folgen...

DWN
Finanzen
Finanzen DroneShield-Aktie: Drohnenabwehr boomt durch steigende Bedrohungslage
22.12.2025

Die DroneShield-Aktie legt nach starken Zuwächsen weiter zu. Neue Governance-Regeln stärken das Vertrauen der Anleger, während der Markt...