Unternehmen

Arbeitsmarkt: Sieben Wege wie Unternehmen Fachkräfte finden und halten

Qualifizierte Fachkräfte werden knapp – das spüren Unternehmen bei der Personalsuche immer deutlicher. Die Folgen: Engpässe, Produktions- und Innovationsverluste. Kampf um Fachkräfte: Welche sieben Wege zum Erfolg führen können.
09.12.2025 12:17
Lesezeit: 4 min
Arbeitsmarkt: Sieben Wege wie Unternehmen Fachkräfte finden und halten
Eine aktuelle Studie der KOFA zeigt auf, welche Personalstrategien besonders wirksam sind, um Fachkräfte zu finden und binden. (Foto: iStock/Credit Drazen Zigic) Foto: Drazen Zigic

Demografischer Wandel: Fachkräfte gehen, Nachwuchs fehlt

Der Mangel an qualifizierten Fachkräften wird eine der größten Herausforderungen für Unternehmen in Deutschland sein, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Verstärkt wird diese Situation in den kommenden Jahren durch den demografischen Wandel: Bis 2040 sinkt die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter voraussichtlich um 4,9 Prozent. Bereits heute erlebt die Wirtschaft massive Engpässe bei qualifizierten Fachkräften in bestimmten Branchen, wie im Gesundheitswesen, dem Handwerk, in den MINT-Berufen, im Bildungssektor, Logistik und Gastronomiewie die Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) bestätigt.

Deshalb wird es für Unternehmen immer wichtiger, erfolgreich neue Fachkräfte zu finden, aber auch Mitarbeiter zu binden. Wie kann man erfolgreich rekrutieren und Mitarbeiter langfristig halten?

Fachkräfte finden und binden: Was Unternehmen wirklich erfolgreich macht

Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen unter Druck, weil sie häufig nicht die gleichen Ressourcen in der Personalarbeit einsetzen können, wie große Konzerne. Darum stellt sich die Frage, welche Ansätze beim Werben um Fachkräfte tatsächlich effizient und erfolgreich sind. Eine repräsentative Unternehmensbefragung des IW-Personalpanels gibt Aufschluss: Die aktuelle Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) hat untersucht, welche Strategien sich in der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden als besonders wirkungsvoll erweisen – und wo bislang ungenutztes Potenzial liegt.

Auf Basis der Befragung von 815 Personalverantwortlichen aus deutschen Unternehmen stellen die Studienautoren die Top-7-Strategien vor:

Top-7-Strategien zur Mitarbeitergewinnung

1. Mitarbeiterempfehlungen

Die effektivste Methode zur Personalgewinnung bleibt die Mitarbeiterempfehlung. 75,5 Prozent der Unternehmen setzen auf Empfehlungen aus dem eigenen Mitarbeiterkreis, und 60,3 Prozent bewerten diese Methode als besonders erfolgreich. Sie ist kostengünstig und bringt Bewerbende, die bereits mit der Unternehmenskultur vertraut sind.

2. Active Sourcing

42,9 Prozent der Unternehmen nutzen Active Sourcing, eine Methode, bei der Unternehmen aktiv Kontakt zu potenziellen Kandidaten aufnehmen. 55 Prozent der Befragten schätzen diese Strategie als besonders erfolgreich ein, insbesondere bei Engpassberufen.

3. Praktika

Praktika ermöglichen es Unternehmen, potenzielle Mitarbeitende frühzeitig kennenzulernen. 69,9 Prozent setzen Praktika als Recruiting-Tool ein, wobei 43,6 Prozent diese als besonders erfolgreich bewerten. Praktika fördern das gegenseitige Kennenlernen und die erste Integration ins Unternehmen.

4. Jobanzeigen in sozialen Medien

63,5 Prozent der Unternehmen schalten Jobanzeigen in sozialen Medien wie LinkedIn oder Instagram. 41,8 Prozent bewerten diese Strategie als besonders erfolgreich, da die Reichweite und Zielgenauigkeit der Plattformen die Personalgewinnung effizienter machen.

5. Zeitarbeit

17,8 Prozent der Unternehmen setzen auf Zeitarbeit, vor allem zur Überbrückung kurzfristiger Personalengpässe, insbesondere in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Von denen, die Zeitarbeit nutzen, halten 37,6 Prozent der Unternehmen dies als erfolgreiches Recruiting-Instrument.

6. Kostenpflichtige Unterstützung

35,7 Prozent der Unternehmen setzen auf Personalvermittler und externe Rekrutierungsexperten, um schwer zu besetzende Stellen schnell zu füllen. Diese Methode wird von 34 Prozent der Unternehmen als besonders erfolgreich eingeschätzt.

7. Jobanzeigen in digitalen Medien

71,0 Prozent der Unternehmen nutzen digitale Jobbörsen, doch nur 32,7 Prozent bewerten diese Anzeigen als besonders erfolgreich. Die Herausforderung besteht darin, sich in der Vielzahl an Online-Anzeigen abzuheben und die passende Zielgruppe anzusprechen.

Auch wenn eigene Karrierewebsites, nicht unter den Top-7 gelistet sind, tragen auch sie entscheidend zum Arbeitgeberimage bei und bietet Bewerbenden eine zentrale Anlaufstelle.

Top-7-Strategien zur Mitarbeiterbindung

Vertrauensvolle Führungskultur

Eine offene und respektvolle Führungskultur ist der Schlüssel zur erfolgreichen Mitarbeiterbindung. 90,6 Prozent der Unternehmen setzen auf diese Strategie, wobei 69,5 Prozent sie als besonders erfolgreich bewerten. Vertrauen und Wertschätzung fördern die langfristige Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrem Arbeitgeber.

Flexible Arbeitszeitmodelle

70,5 Prozent der Unternehmen bieten flexible Arbeitszeitmodelle an, und 68,3 Prozent bewerten diese als besonders erfolgreich. Flexibilität unterstützt die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und steigert die Zufriedenheit der Mitarbeitenden.

Mobiles Arbeiten / Homeoffice

55,9 Prozent der Unternehmen bieten mobiles Arbeiten oder Homeoffice an, 54,9 Prozent halten diese Strategie für besonders erfolgreich. Sie ermöglicht es Mitarbeitenden, ihre Arbeit flexibel und ortsunabhängig zu gestalten.

Einbindung bei Veränderungsprozessen

84,8 Prozent der Unternehmen binden ihre Mitarbeitenden aktiv in Veränderungsprozesse ein. 47,4 Prozent der Unternehmen, die diese Strategie verfolgen, bewerten sie als besonders erfolgreich. Transparente Kommunikation und Feedbackmöglichkeiten sind dabei entscheidend.

Mitarbeitergespräche

Regelmäßige Mitarbeitergespräche sind ein zentraler Bestandteil der Bindungsstrategie. 82 Prozent der Unternehmen führen solche Gespräche, wobei 39,8 Prozent diese als besonders erfolgreich bewerten. Sie bieten Raum für Feedback und individuelle Zielvereinbarungen.

Weiterbildung

78,7 Prozent der Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden Weiterbildungsmöglichkeiten an, wobei 29,7 Prozent diese als besonders erfolgversprechend einschätzen. Eine klare Weiterbildungsperspektive fördert nicht nur die Kompetenz der Mitarbeitenden, sondern auch deren Bindung.

Unterstützung bei Kinderbetreuung und Pflege

37,3 Prozent der Unternehmen bieten Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen an. 27,1 Prozent dieser Unternehmen bewerten diese Maßnahme als besonders erfolgreich, da sie den Mitarbeitenden hilft, Beruf und Familie besser zu vereinbaren.

Aber auch ein betriebliches Gesundheitsmanagement fördert das Wohlbefinden und vor allem die Anerkennung der Mitarbeitenden, während Onboarding- und Offboarding-Prozesse die Integration und den Austritt von Mitarbeitenden unterstützen.

Fazit: Ghosting, Kündigungen – Arbeitsmarkt im Wandel

Fachkräfte und erfolgreiche Neueinstellungen sind heutzutage rar – das erleben Unternehmen bei der Personalgewinnung deutlich. Die befragten Unternehmen der KOFA-Studie schildern folgende Phänomene:

  • 14,7 Prozent der Unternehmer passiert es, dass Bewerber einen Arbeitsvertrag unterschreiben, aber die Stelle anschließend nicht antreten
  • ein Viertel der Unternehmer erlebt Kündigungen seitens neuer Mitarbeitender bereits innerhalb der Probezeit
  • über ein Drittel der Arbeitgeber bekamen Absagen von Bewerbern, die sich letztendlich für ein anderes Unternehmen entschieden haben

Ursache für diese Phänomene könnte ein Wandel in den Erwartungen der Beschäftigten sein: 91 Prozent der Unternehmen berichten, dass Mitarbeitende heute höhere Ansprüche an Arbeitgeber stellen als früher. Drei Viertel der Unternehmen reagieren bereits auf diese veränderten Erwartungen und betreiben heute mehr Aufwand, um Beschäftigte zu finden und zu binden. Denn nur mit den richtigen Methoden bei der Personalgewinnung und Bindung können Unternehmen heutzutage erfolgreich den Fachkräftemangel meistern.

Das KOFA ist ein Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE).

 

 

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