Deutschland

Regierung bricht Versprechen: Kalte Progression bleibt

Auch künftig landet ein immer größerer Teil von Lohn-Erhöhungen beim Staat. Zwar ist die Abschaffung der kalten Progression im Koalitionsvertrag festgehalten. „Aber im Augenblick ist das kein Thema“, so das Finanzministerium.
04.04.2014 14:51
Lesezeit: 1 min

Die Steuerzahler in Deutschland können vorerst nicht auf den Abbau der sogenannten „kalten Progression“ hoffen, mit der ein immer größerer Teil ihrer Lohnerhöhungen beim Staat landet. Sprecher des Finanz- und Wirtschaftsministeriums sagten am Freitag, dass die Regierung momentan keinerlei Korrekturen in diesem Bereich plane.

Dabei stimmen beide Ministerien im Grundsatz überein, dass Änderungen eigentlich nötig wären. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte in der Debatte über den Steuerbonus für Handwerkerleistungen erst am Donnerstag erklärt, die Regierung sollte sich „der Abschaffung der Kalten Progression widmen“.

Als kalte Progression wird der Effekt bezeichnet, wenn dem Arbeitnehmer von einer Lohnerhöhung immer weniger bleibt. Grund ist der mit dem wachsenden Einkommen steigende Steuersatz.

In der Antwort auf eine Anfrage im Bundestag hatte die Regierung vor einiger Zeit die dadurch entstehenden Steuermehreinnahmen für 2014 auf 770 Millionen Euro beziffert. Dieser Betrag steigt dann in den kommenden Jahren kräftig auf knapp 3,2 Milliarden Euro im Jahr 2015, gut 5,5 Milliarden Euro 2016 und über 8 Milliarden Euro 2017.

Im Koalitionsvertrag ist das Thema dieser indirekten Steuererhöhung allerdings nicht unter den vordringlichen Aufgaben genannt, die sich das Regierungsbündnis gesetzt hat. Darauf verwies auch eine Sprecherin von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Es gehe jetzt erst einmal darum, die vorrangigen Ziele abzuarbeiten.

Das Schäuble-Ministerium bleibe zwar bei der grundsätzlichen Haltung, dass die kalte Progression abgebaut werden sollte. „Aber im Augenblick ist das kein Thema, das ... in Angriff genommen werden soll.“ Ein Sprecher des Wirtschaftsministers pflichtete bei, die Korrektur sei „keine Maßnahme, die jetzt kurzfristig“ anstehe.

Die „kalte Progression“ wollte schon die schwarz-gelbe Koalition abschaffen und damit dem Steuerzahler gut 6 Milliarden Euro zurückgeben. Das Vorhaben scheiterte aber im Bundesrat an der Mehrheit der SPD- und Grünen-geführten Länder. Sie fürchteten Einnahmeausfälle. Strittig ist zwischen den Koalitionsparteien vor allem, wie die Einnahmeausfälle für den Staat aufgefangen werden könnten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.