Unternehmen

Frankreichs Firmen müssen sich „an Krise gewöhnen“

Lesezeit: 2 min
11.04.2014 11:55
Konsum, Industrieproduktion und Wachstum schwächen sich in Frankreich weiter ab. Unternehmer haben die Hoffnung auf eine Besserung des Geschäftsumfeldes verloren. Die Regierung agiert planlos und versucht, einen Sparplan auf den Weg zu bringen. Ihr Plan, die Steuerlast der Unternehmen zu senken, scheint in Vergessenheit geraten.
 Frankreichs Firmen müssen sich „an Krise gewöhnen“

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Die Misere scheint einfach kein Ende zu nehmen: Die französischen Bürger gaben im Januar überraschend wenig aus. Die Industrieproduktion der nach Deutschland zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone sank im selben Monat weiter statt wie erwartet zuzulegen. Zudem rechnet die Zentralbank in Paris im ersten Vierteljahr 2014 mit einem geringeren Wachstum als noch im Schlussquartal 2013. An einen baldigen Aufschwung der Konjunktur glauben die Manager von Frankreichs Top-Unternehmen kaum. Diese Botschaft vermittelten viele Konzerne bei der Vorstellung ihrer Jahresbilanzen.

„Wir müssen uns einfach an dieses Umfeld gewöhnen und nicht auf einen Ausweg aus der Krise hoffen, den es nicht gibt“, sagte Xavier de Mezerac, Finanzchef der Supermarktkette Auchan. Wie viele Rivalen in Frankreich auch senkte der fünftgrößte Lebensmittel-Einzelhändler des Landes bereits seine Preise (mehr zu fallenden Preisen und Deflationsängsten in der Euro-Zone – hier). Eine andere Strategie des Unternehmens im Kampf um Kundschaft in der Krise wirft ein Schlaglicht auf den Zustand der französischen Wirtschaft: Zum Monatsende legt Auchan besonders günstige Waren in die Regale – für die klammen Kunden, die noch kurz vor dem nächsten Monatslohn einkaufen wollen oder müssen.

Während der Einzelhandel also seine Produktpalette dem enger geschnallten Gürtel der Franzosen anpasst, arbeiten auch andere Branchen längst im Krisenmodus. Denn die Franzosen halten ihr Geld nicht nur in den Supermärkten zusammen. Auch um Autohäuser machen viele einen großen Bogen. Die Nachfrageflaute hat mit dazu geführt, dass die Produktion im vergangenen Jahr so niedrig ausfiel wie zuletzt vor 20 Jahren.

Renault und Peugeot haben darauf bereits reagiert und ihre Kapazitäten gedrosselt. Weil die beiden Ikonen der französischen Autoindustrie zugleich Personal entlassen haben, befeuert auch ihre Durchhaltestrategie den Teufelskreis aus hoher Arbeitslosigkeit, geringem Konsum und schwachen Geschäften (mehr Infos zur französischen Auto-Industrie – hier) Die Arbeitslosenrate verharrt bei über zehn Prozent und bremst den traditionellen Wachstumsmotor der Wirtschaft – den Konsum der Haushalte – aus.

Frankreich kassiert zudem noch eine Rüge von der Europäischen Union (EU): Die Regierung in Paris engagiere sich weder ausreichend für eine Senkung der Arbeitskosten noch für eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Zudem zögere sie, die öffentlichen Ausgaben zu senken (mehr zur gescheiterten Wirtschaftspolitik Hollandes – hier).

Doch für den Bausektor dürfte sich die Lage gerade dann noch verschärfen, wenn Präsident Francois Hollande tatsächlich in größerem Umfang den Rotstift ansetzt. Schließlich will er von 2015 an binnen zwei Jahren 50 Milliarden Euro sparen, um die Staatsfinanzen mit den Vorgaben der EU in Einklang zu bringen. Das dürfte allerdings mit seinem Plan kollidieren, die Steuerlast der Unternehmen zu senken (hier).

Kein gutes Zeichen für Branchengrößen wie Vinci und Eiffage, die für ihren Inlandsumsatz stark von öffentlichen Aufträgen abhängig sind. Wie auch der Mischkonzern Bouygues setzen sie derzeit nicht zuletzt auf Bauaufträge im Ausland. Schließlich werde es in den kommenden Monaten und Jahren kaum große Projekte in Frankreich geben, meint Vinci-Chef Xavier Huillard. „Jedenfalls nicht, mit der französischen Regierung als Kunden.“

 


Mehr zum Thema:  
Auto >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...