Die anhaltende Blockade einer Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) durch die USA stößt unter den übrigen Mitgliedstaaten zunehmend auf Kritik. Auf der IWF-Frühjahrestagung setzten Vertreter der insgesamt 188 Mitgliedsländer am Freitag den Vereinigten Staaten eine Frist bis Ende des Jahres, um die 2010 verabredete Reform zu ratifizieren, die den Schwellenländern mehr Gewicht geben soll. Sollten die USA dem nicht folgen, wollen die IWF-Staaten die Reform notfalls ohne den größten Anteilseigner vorantreiben. Entscheidende Veränderungen im IWF bedürfen allerdings einer Stimmmehrheit von 85 Prozent. Die USA besitzen mit mehr als 15 Prozent IWF-Anteil eine Sperrminorität.
Die Unfähigkeit der US-Regierung, im Kongress die notwendige Mehrheit für die IWF-Reform zu mobilisieren, wurde sowohl von Vertretern der Gruppe führender Industrie- und Schwellenländer (G20), als auch vom Lenkungsausschuss des IWF beklagt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte die USA vor dem Rat für Auswärtige Beziehungen in Washington gleichfalls auf, endlich den Weg für das Reformwerk freizumachen. Das Vorhaben beinhaltet eine Verdopplung des IWF-Stammkapitals, verbunden mit einer Stimmrechtsverschiebung hin zu den Schwellenländern, vor allem China, sowie Veränderungen der Entscheidungsstrukturen und -prozesse im Fonds.
In der Abschlusserklärung des G20-Ministertreffens in Washington wurde „tiefe Enttäuschung“ über die anhaltende Blockade der USA bekundet. „Wenn die Reformen von 2010 nicht bis zum Jahresende ratifiziert sind, werden wir den IWF auffordern, [...] Optionen für die nächsten Schritte zu entwickeln“, heißt es in der Erklärung. Die Umsetzung der Reform habe für die G20 Vorrang.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann verwies darauf, dass auch die meisten Alternativen, die diskutiert würden, um die Reformen zu retten, einer Mehrheit von 85 Prozent unter den IWF-Mitgliederstimmen bedürften. „Sie stellen insofern keine wirkliche Lösung da.“ Daher sollte die US-Regierung im Bemühen unterstützt werden, den Kongressabgeordneten das Reformpaket schmackhaft zu machen, empfahl er.
Auch der gegenwärtige G20-Vorsitzende Australien ging die USA an. „Ich nehme die Gelegenheit wahr, um die USA zu drängen, dieses Reformen als eine dringliche Angelegenheit zu behandeln“, sagte Finanzminister Joe Hockey.
Grund für die Gegnerschaft von Republikanern im US-Kongress sind Kostenargumente sowie eine verbreitete Skepsis gegenüber multilateralen Institutionen, in denen die USA nicht eindeutig das Sagen haben. Bei ihrem Beschluss 2010 war die Reform als historischer Durchbruch gefeiert worden.
Ein Vertreter des Schwellenlandes Brasilien sagte, sein Land habe sich für eine harte Linie gegenüber den USA stark gemacht. Zur Fristsetzung für die US-Regierung sagte Brasiliens Finanzminister Guido Mantega: „Für mich ist Ende des Jahres der letztmögliche Zeitpunkt.“ Bereits vier Jahre auf die Umsetzung der Reform gewartet zu haben, sei nicht akzeptabel.
Singapurs Finanzminister Tharman Shanmugaratnam, der dem IWF-Lenkungsausschuss vorsitzt, mahnte, es sei zu früh, bereits über alternative Konzepte zu sprechen. „Ich habe alle Gründe davon auszugehen, dass die Reform von 2010 von den Vereinigten Staaten abgesegnet wird“, sagte er. Gelänge das Reformwerk aber nicht, würde das den Fonds Glaubwürdigkeit und Effizienz kosten. US-Finanzminister Jack Lew sagte, die Regierung tue ihr bestes, um die Quoten- und Strukturreform in diesem Jahr durch den Kongress zu bringen. „Wir werden weiterhin Schritte unternehmen, um die Geschichte endlich zu erledigen“, versprach er.