Deutschland

Bundesbank intern: Politische Union in Europa unrealistisch

Die Bereitschaft einiger Länder, mehr Souveränität abzugeben, ist gering, so Bundesbank-Präsident Weidmann. Dies behindere das Entstehen einer politischen Union in Europa erheblich. Wenn es darum geht, auch etwas von der Souveränität der Bundesbank abzugeben, bleibt Weidmann aber hart. Immerhin habe man einen „weitgehenderen Anspruch als manch andere Notenbank“.
01.08.2012 13:52
Lesezeit: 1 min

Anlässlich des 55ten Geburtstages hat es sich die Deutsche Bundesbank nicht nehmen lassen, ein Interview mit dem Bundesbank-Präsidenten, Jens Weidmann, und dem Alt-Bundesbankpräsidenten, Helmut Schlesinger, zu veröffentlichen (hier). Wenngleich das Interview bereits am 29. Juni stattfand und somit keinen direkten Bezug auf die Ankündigung einer Intervention der EZB nehmen kann, sind die Äußerungen von Jens Weidmann durchaus aktuell.

Im Zuge der immer wieder auftauchenden Aufforderung, die Staaten müssten mehr Souveränität an die EU abgeben, und der entsprechenden Reaktionen der Mitgliedsländer darauf, hält Jens Weidmann eine wirkliche politische Union für unrealistisch: „Wenn man sieht, wie gering die Bereitschaft in manchen Ländern ist, finanzpolitische Autonomie aufzugeben– selbst im Gegenzug zu Finanzhilfen –dann fällt die Vorstellung schwer, dass die politische Union in absehbarer Zeit kommen wird“.

Auf die Frage, welchen Einfluss die Bundesbank im Eurosystem als eine unter den 17 Notenbanken, noch hat, versichert der Bundesbank-Präsident, dass man mit Blick auf das Stimmrechtsverhältnis zwar nur einer der 17 Zentralbanken sei. Aber „wir sind die größte und wichtigste Notenbank im Eurosystem und haben auch einen weitergehenden Anspruch als manch andere Notenbank im Eurosystem.“ Insofern sei man die Notenbank, die bezüglich der Debatte“ über die Zukunft der Währungsunion am aktivsten in der öffentlichen Diskussion ist“.

Das Argument, dass Deutschland von der Währungsunion profitiere und deswegen auch mehr zur Lösung der Schuldenkrise beitragen müsse, hält Jens Weidmann hingegen für falsch. „Eine stabile gemeinsame Währung nutzt allen Mitgliedsländern– dem einen möglicherweise mehr als dem anderen, doch das kann sich mit der Zeit auch ändern.“ Immerhin hätte Deutschland in den ersten Jahren der Währungsunion nicht als Gewinner gegolten. Zudem helfe Deutschland „den Peripherieländern ja in großem Umfang, vor allem als Stabilitätsanker und Garantiegeber der Rettungsschirme.“

 

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