Finanzen

Ungarn: Investoren drohen mit Kapitalabzug wegen neuer Geldpolitik

Ausländische Investoren drohen Premier Viktor Orban angesichts seiner Finanzpolitik mit Kapitalflucht. Nachdem er bereits die höchste Bankenabgabe und eine Finanztransaktionssteuer eingeführt hat, gibt nun die ungarische Zentralbank ihre kurzfristige Geldpolitik auf.
25.04.2014 18:28
Lesezeit: 1 min

Ein Richtungswechsel in der ungarischen Geldpolitik könnte aus Sicht von Experten zu einem Abfluss von Investoren-Geldern aus dem Land führen. Dies wiederum werde den Kurs der Landeswährung Forint drücken, erklärten am Freitag Analysten der Commerzbank und der österreichischen Raiffeisen Bank. Die ungarische Notenbank hatte am Donnerstag angekündigt, ab August keine zweiwöchigen Schuldenpapiere mehr aufzulegen. Allein diese Ankündigung hat den Forint unter Druck gesetzt. Die sogenannten „two-week bills“ waren bisher ein wichtiges geldpolitisches Instrument der Zentralbank, mit dem sie überschüssige Liquidität aus dem Bankensystem abschöpfte.

Ausländische Investoren, die in Ungarn Geld anlegen wollen, müssen künftig nun auf andere Schuldentitel ausweichen. Viele Investoren werden nach Einschätzung der Commerzbank auf kurzlaufende Staatsanleihen setzen. Dies könnte jedoch dazu führen, dass die Renditen für diese Papiere fallen, was sie unattraktiv für Banken macht. „Einige Investoren könnten sich folglich dazu entscheiden, ihr Geld lieber aus Ungarn abzuziehen“, erklärten die Analysten der Commerzbank.

Ungarns Ziel sei es, dass Banken verstärkt in Forint denominierte Staatsanleihen kaufen, erklärten die Experten weiter. „Die Notenbank möchte der Regierung helfen, ihre hohe Fremdwährungsverschuldung abzubauen und in Folge das Junk-Rating auf ihre Staatsschulden zu verlieren.“ Viele Investoren würden von länger laufenden Staatsanleihen aber wohl die Finger lassen.

Zu den wichtigsten ausländischen Investoren in Ungarn zählen Banken. Finanzinstitute wie die BayernLB, Raiffeisen, Erste Group sowie die italienische UniCredit kontrollieren weite Teile des Finanzsektors - was der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban ein Dorn im Auge ist. Der kürzlich mit großer Mehrheit wiedergewählte Politiker hat deshalb wiederholt ins Finanzsystem eingegriffen. Unter anderem hat er in Ungarn die höchste Bankenabgabe Europas und eine Finanztransaktionssteuer eingeführt.

Die ausländischen Banken gaben sich nach der jüngsten Ankündigung jedoch zunächst gelassen. Der Schritt werde keinen Einfluss auf ihre Strategie haben, erklärte die Erste Group. Um die Auswirkungen besser abschätzen zu können, will das Institut jedoch weitere Gespräche mit der Zentralbank führen. Ähnlich äußerte sich die Raiffeisen Bank International. „Die Änderung der geldpolitischen Instrumente hat keinen signifikanten Einfluss auf die Position der Raiffeisenbank Ungarn“, erklärte eine Sprecherin. Die BayernLB wollte sich zunächst nicht äußern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...