Politik

Skandinavische Banken zwangen Lettland zum Euro-Beitritt

Der Euro-Betritt Lettlands erfolgte auf Druck von skandinavischen Finanz-Instituten. Lettland plante in der Finanzkrise eine Abwertung seiner Landeswährung um bis zu 40 Prozent. Dies hätte den skandinavischen Banken enorme Verluste zugefügt. Daher erhöhten die Banken, die schwedische Regierung und die EU den Druck auf Lettland. Heute sind die Letten unglücklich mit dem Euro.
14.05.2014 00:28
Lesezeit: 2 min

Trotz mehrheitlicher Ablehnung in der Bevölkerung nahm Lettland am 1. Januar den Euro als Landeswährung an. Doch Lettlands Regierung wurde von skandinavischen Banken unter Druck gesetzt, um den Euro einzuführen (In Cannes wurde der griechische Premier Papandreou gezwungen, ein Referendum abzusagen - es scheint sich also um eine gewisse Routine in der Politik der EU zu handeln; mehr zu den gespenstischen Vorgängen hier).

In der Arte-Sendung Vox Pop zeigte sich der lettische Wirtschaftsminister Vjaceslavs Dombrovskis frustriert über die Einführung des Euro. Die sozialen Kosten für den Euro-Beitritt seien enorm hoch gewesen, so Dombrovskis. Die Wirtschaft sei infolge der Finanzkrise um 20 Prozent geschrumpft und die Arbeitslosigkeit sei rasant gestiegen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellte den Letten im Zuge der Finanzkrise im Herbst 2008 Kredite in Höhe von 7,5 Milliarden Euro zur Verfügung, damit das Land den Staatsbankrott abwenden konnte. Die Kredite knüpften IWF und EU an harte Sparmaßnahmen. Drei Jahre lang unterzog sich Lettland dem Spardiktat der Troika. Die Beamtengehälter wurden zunächst drastisch gekürzt und schließlich ganz eingefroren. Rund 10 Prozent der Bevölkerung hätten das Land in Folge des Sparprogramms sogar verlassen, so der Wirtschaftsminister.

Schwedische Banken beteiligten sich mit 864 Millionen Euro an den Hilfskrediten. Darunter befand sich auch die Schwedbank aus Stockholm, die sowohl in Schweden als auch in Lettland das größte Finanzinstitut darstellt. Sie hatte großes Eigeninteresse an der Stabilisierung der lettischen Wirtschaft auf Kosten der Steuerzahler. Denn sie hatte sich am lettischen Kreditmarkt verspekuliert und befürchtete den eigenen Bankrott, wie Lettische Presseschau berichtet.

So sei auch der Beschluss den Euro anzunehmen keineswegs freiwillig geschehen, sondern auf Druck der skandinavischen Banken und der schwedischen Regierung erzwungen worden, wie der Wirtschaftsminister auf Nachfrage des Arte-Teams zugab. Lettland wollte seine Landeswährung, den Lats, abwerten, um den Finanzproblemen zu begegnen.

Dies wollten die Banken unbedingt verhindern, da dann ihre Investitionen auf dem Spiel gestanden hätten. Schweden hätte die Schwedbank, bei der immerhin fünf von neun Millionen Schweden Kunden sind, mit Steuergeldern retten müssen. Doch dem Land fehlten damals schlicht die Mittel für ein entsprechendes Hilfspaket, wie die Lettische Presseschau weiter berichtet.

„Eine recht zynische Geschichte. 2009 wollten wir angesichts der Krise unsere Währung um 40 Prozent abwerten. Das wäre ein harter Schlag für die skandinavischen Banken gewesen, die immense Aktiva in Lettland halten. Deshalb waren sie gegen eine Abwertung. Und so blieb aus ihrer Sicht nur eine Lösung: Wir mussten der Eurozone beitreten“, sagte Dombrovskis in der Arte-Sendung Vox Pop.

So erklärt sich auch, warum die Regierung den Euro trotz massiven Gegenwinds aus der eigenen Bevölkerung einführte. In einer zuvor durchgeführten Umfrage sprachen sich nur 22 Prozent der Letten für den Euro als Landeswährung aus. Die Mehrheit von 53 Prozent der Bevölkerung lehnte den Euro-Beitritt jedoch ab (mehr hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Robotikbranche 2025 in schwieriger Phase – Umsatzrückgang droht
02.06.2025

Die deutsche Robotikbranche kämpft 2025 mit rückläufigen Umsätzen und schwankenden Rahmenbedingungen. Welche Teilbereiche sind...

DWN
Finanzen
Finanzen Biontech-Aktie hebt ab: Milliardenkooperation mit US-Pharmaunternehmen
02.06.2025

Die Biontech-Aktie erhält neuen Aufwind: Eine milliardenschwere Allianz mit Bristol-Myers Squibb weckt Hoffnung bei Anlegern und...

DWN
Finanzen
Finanzen Hensoldt-Aktie auf Rekordjagd: Was Anleger jetzt wissen sollten
02.06.2025

Die Hensoldt-Aktie überrascht mit einem historischen Kursfeuerwerk – doch ist der Höhenflug gerechtfertigt? Anleger sollten genauer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KfW-Analyse: Mittelstand zieht sich aus dem Ausland zurück
02.06.2025

Eine aktuelle KfW-Analyse zeigt: Immer mehr Mittelständler ziehen sich aus dem Auslandsgeschäft zurück. Was steckt hinter dem Rückzug...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Personalstrategie: Warum Top-Kandidaten oft scheitern – und was das über unser System verrät
02.06.2025

Ein Blick hinter die Kulissen zeigt: Bei der Personalauswahl geht es immer weniger um Kompetenz – und immer mehr um Bauchgefühl,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
02.06.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Politik
Politik Ukraine: Drohnenoffensive gegen Putins Luftwaffe – bringt der Verlust strategischer Bomber Russland zu Zugeständnissen?
02.06.2025

Mitten in den Vorbereitungen für neue Friedensverhandlungen in Istanbul verpasst die Ukraine dem Kreml einen historischen Schlag: Mit...

DWN
Technologie
Technologie „KI wird Menschen nicht ersetzen – aber Menschen, die sie nutzen, werden jene verdrängen, die es nicht tun.“
02.06.2025

Was kommt nach dem digitalen Wandel? Die dänische Futuristin Anne Lise Kjaer über multipolare Macht, echte Nachhaltigkeit und warum die...