Politik

Frankreich beschließt Dekret gegen Alstom-Übernahme durch US-Konzern

Lesezeit: 2 min
15.05.2014 14:12
Die französische Regierung hat sich selbst per Dekret ein Veto-Recht bei Übernahmen durch ausländische Unternehmen gegeben. So behält sie das letzte Wort bei der geplanten Übernahme des französischen Alstom-Konzerns durch GE. Die EU-Kommission sieht in Frankreichs Dekret die Gefahr des Protektionismus.
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Im Übernahmepoker um den Industriekonzern Alstom sichert sich Frankreich das letzte Wort. Die Regierung erließ am Donnerstag ein Dekret, das ihr das Recht gibt, einen Kauf heimischer Firmen in strategisch wichtigen Branchen wie Energie, Wasser, Telekommunikation und Gesundheitswesen durch ausländische Unternehmen zu blockieren.

Damit sei sie gerüstet, um mit ihren Forderungen bei Gesprächen mit den Interessenten General Electric und Siemens Gehör zu finden, verlautete aus dem Umfeld von Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg.

Experten zufolge dürfte der Erlass eher Siemens in die Karten spielen. Zumindest sei die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass GE seine Position wegen neuer Forderungen der französischen Regierung vor der Europa-Wahl überdenken könnte, erklärten die Analysten der Berenberg Bank.

Präsident Francois Hollande und Montebourg hatten Siemens um Hilfe gerufen, weil sie das mehr als zwölf Milliarden Euro starke Werben des US-Rivalen GE um Alstoms Energie-Geschäft skeptisch sehen und Arbeitsplatzverluste in Frankreich befürchten.

Das neue Dekret weitet nun eine bislang für den Rüstungssektor und andere Industriebereiche geltende Bestimmung aus dem Jahr 2005 aus. Damit wird eine Zustimmung des Wirtschaftsministeriums auch in dem Ringen um Alstom nötig.

Der im Amtsblatt veröffentlichte Erlass gewährleiste, dass Frankreich bei den Verhandlungen mit am Tisch sitze, hieß es in den Regierungskreisen. Es gehe nicht in erster Linie um die Blockade von Übernahmen, sondern um die Wahrung der französischen Interessen.

Zehn Tage vor der Europawahl kommt das Dekret überraschend. Es biete einen klaren Rechtsrahmen, der mit den Regeln in zahlreichen anderen Ländern in und außerhalb Europas vergleichbar sei, erklärte Montebourg. Er hatte wiederholt darauf bestanden, dass auch im Fall Alstom Frankreichs Interessen geschützt werden müssten. Die sozialistische Regierung steckt wegen der hohen Arbeitslosigkeit und der Wirtschaftsflaute in einem Umfragetief.

GE erklärte, weiter an konstruktiven Gesprächen mit der französischen Regierung interessiert zu sein. Ihr Angebot bezeichneten die Amerikaner als gut für Frankreich und die Arbeitsplätze bei Alstom. Von Alstom lag zunächst keine Reaktion vor, Siemens wollte sich nicht äußern.

Trotz des französischen Hilfegesuchs bei Siemens gibt es aber in der Regierung durchaus auch Rückhalt für die GE-Pläne. Energieministerin Segolene Royal hatte sie als „eine sehr gute Möglichkeit für Alstom“ bezeichnet. „Es ist das beste Industrieprojekt. Warum sollte man das nicht aussprechen?“, sagte sie und schlug damit andere Töne an als Montebourg.

Am Mittwoch hatte sie sich allerdings auch mit Siemens-Chef Joe Kaeser getroffen und von guten Fortschritten bei dem französisch-deutschen Projekt gesprochen. Siemens will die Alstom-Bücher bis Ende des Monats prüfen und dann über ein konkretes Angebot für Alstom entscheiden.

Sowohl der Münchener Rivale als auch GE müssen im Erfolgsfall mit weitreichenden Auflagen der Wettbewerbshüter rechnen. Für den Fall, dass sich der Sieger des Bieterduells von Geschäftsteilen trennen muss, hat sich bereits der japanische Konzern Toshiba in Stellung gebracht.

Die EU-Kommission steht dem französischen Dekret zur möglichen Blockade von Firmenübernahmen durch ausländische Unternehmen skeptisch gegenüber. Ein solcher Plan könne den freien Kapitalverkehr in Europa einschränken, sagte der französische EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Donnerstag.

Die französische Regelung dürfe nicht dazu führen, dass alle Transaktionen zum Einstieg in eine Firma nationalen Behörden vorgelegt werden müssten. „Das wäre eindeutig Protektionismus“, sagte Kommissar Barnier. Er werde prüfen, ob das Dekret mit EU-Recht vereinbar ist.


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