Deutschland

Euro-Zone: Frankreich und Italien fallen zurück

Die Euro-Zone erreichte im ersten Quartal nur ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Grund für den konjunkturellen Stillstand ist die anhaltende Krise in Frankreich und Italien. Angesichts der schwachen Wirtschaft wird ein Gelddrucken der EZB wahrscheinlicher.
15.05.2014 17:15
Lesezeit: 2 min

Die Euro-Zone erreichte im ersten Quartal nur ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Hauptgrund für die Stagnation war die anhaltende Wirtschaftsflaute in Frankreich und Italien. Eine neuerliche Zinssenkung sowie weitere Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur durch die Europäische Zentralbank (EZB) werden damit noch wahrscheinlicher.

Lediglich Deutschland bewahrt die Euro-Zone vor dem konjunkturellen Stillstand. Höhere Investitionen, kauffreudige Verbraucher und der milde Winter ließen das Bruttoinlandsprodukt in Europas größter Volkswirtschaft im ersten Quartal um 0,8 Prozent wachsen. Das ist doppelt so viel wie Ende 2013 und das größte Plus seit drei Jahren.

„Die deutsche Wirtschaft ist kraftvoll ins Jahr gestartet“, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag. Das ist zu einem guten Teil der extrem milden Witterung zu verdanken, durch die vor allem die Baubranche von den sonst üblichen Unterbrechungen verschont blieb. Auch der Konsum zog an: Sowohl die privaten Haushalte als auch der Staat gaben mehr Geld aus. Die Unternehmen investierten „deutlich mehr“ als zuletzt, erklärte das Statistische Bundesamt. „Dagegen bremste der Außenhandel das Wirtschaftswachstum.“ Es wurden weniger Waren exportiert, aber deutlich mehr Produkte importiert.

Wie erwartet lief es dagegen bei vielen Nachbarn schlecht. Die französische Wirtschaft stagnierte, weil die Konsumenten angesichts der hohen Arbeitslosigkeit weniger kauften und die Unternehmen wegen schlechter Konjunkturaussichten weniger investierten. In Italien endete der gerade erst begonnene leichte Aufschwung bereits wieder. Das Bruttoinlandsprodukt fiel um 0,1 Prozent. Anderswo sieht es noch düsterer aus: In den Niederlanden brach die Wirtschaftsleistung um 1,4 Prozent ein, in Portugal und Zypern um jeweils 0,7 Prozent.

Damit nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass die EZB im Juni ihre Geldpolitik nochmals lockert - zumal die Gefahr einer Deflation, eines Preisverfalls auf breiter Front, nicht gebannt ist. Denn mit 0,7 Prozent liegt die Teuerungsrate noch immer weit unter dem Ziel der Notenbank von knapp zwei Prozent. EZB-Ratsmitglied Yves Mersch sprach von einer „fragilen Erholung“ und deutete einen Eingriff an. „Wir arbeiten an vielen Instrumenten“, sagte er in Krakau. Bei einer Deflation konsumieren - in Erwartung weiter fallender Preise - die Verbraucher weniger und Unternehmen schieben Investitionen auf. Dieses Phänomen hat Japan jahrelang gelähmt.

Nach Reuters-Informationen bereiten die Notenbanker ein Paket vor, das von einer Zinssenkung bis hin zu Strafzinsen für Banken reicht, die statt Geld an Firmen und Haushalte zu verleihen dieses lieber bei der EZB parken. „Das Motto der EZB dürfte lauten: Klotzen, nicht kleckern“, sagte NordLB-Ökonom Christian Lips. „Die konjunkturelle Dynamik ist derzeit noch viel zu schwach, um der aktuell sehr niedrigen Inflation wirksam begegnen zu können.“

Für die deutsche Wirtschaft zeichnet sich nun eine schwächere Frühjahresbelebung ab. Denn am Bau wurden wegen des milden Winters viele Arbeiten schon vorgezogen. Außerdem schwächeln Schwellenländer wie China und die Ukraine-Krise belastet zusätzlich. „Für das zweite Quartal rechnen wir mit einem Plus von 0,3 Prozent“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Bereits im März schrumpften sowohl die Industrieaufträge als auch Produktion und Exporte.

Die Bundesregierung hingegen rechnet für 2014 mit einem Wachstum von 1,8 Prozent. 2015 sollen es dann 2,0 Prozent sein. „Es deutet alles auf einen breiten Aufschwung hin“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble in Berlin. Die Zinsen seien viel zu niedrig für Deutschland, erklärte Commerzbank-Experte Krämer. „Das facht das Wachstum an.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...