Dilma Rousseff ist nach Kanzlerin Merkel die wohl zweitmächtigste Frau der Welt. Sie ist die erste brasilianische Präsidentin und hat viel Kritik für die hohen Kosten der WM einstecken müssen. Ein Triumph Brasiliens könnte auch ein Triumph für Rousseff und ihrer PT (Brasiliens Arbeiter-Partei) in der kommenden Wahl im Oktober bedeuten.
Dilma Rousseff wurde am 14. Dezember 1947 im Belo Horizonte, der Hauptstadt des Bundesstaats Minas Gerais, im Landesinneren, geboren. An der Universidade Federal do Rio Grande do Sul studierte sie Wirtschaftswissenschaften. Dort lernte sie auch ihren zweiten Ehemann Carlos Araújo, mit dem sie Anfang der 70er-Jahre, zur Zeit der Militärdiktatur, die Partei PDT (Demokratische Partei der Arbeit) gründete. Erst im Jahre 2000 trat sie auf Einladung des Präsidenten Lula da Silva der PT bei.
Nach acht Jahren Amtszeit bestimmte Lula da Silva Dilma Rousseff auch zu seiner Nachfolgerin. Sie hatte sich als Energieministerin und vor allem auch als Ministerin des Präsidialamts hervorgetan und wurde als „Mäe do PAC“, als Mutter des „Programms zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums“, als Urheberin des brasilianischen Wirtschaftswunders, bezeichnet.
Kindheit in Minas Gerais
Dilma Vana Rousseffs Kindheit wird als „ruhig und behütet“ bezeichnet. Ihre Schulzeit verbrachte sie in privaten Klosterschulen, die ausschließlich von Mädchen besucht wurden. Ihr inzwischen verstorbener bulgarischer Vater Pétar Russév wurde als Mitglied der Kommunistischen Partei in Bulgarien verfolgt und ist 1929 nach Brasilien ausgewandert. Dort arbeitete der Rechtsanwalt unter anderem für die Firma Mannesmann. Ihre Mutter war die Hausfrau Dilma Jane Coimbra Silva. Das Ehepaar hinterließ den vier Kindern Igor, Dilma Vana und Zana Lúcia ein ansehnliches Erbe: 15 relativ wertvolle Immobilien.
Im Jahre 1964 – das Militär hatte sich gerade in Brasilien an die Macht geputscht – schloss Dilma ihre Schulausbildung am staatlichen Gymnasium von Minas Gerais ab. In dieser gemischten Schule lernte sie ihren späteren ersten Ehemann, Cláudio Galeno, kennen, mit dem sie sich in der oppositionellen Studentenorganisation Política Operária (Polop) gegen die die Militärdiktatur engagierte.
1967 begann sie mit ihrem Wirtschaftsstudium an der Universität von Minas Gerais.
Folteropfer in der Militärdiktatur
Zwischen 1970 und 1972 wurde Dilma Rousseff mehrmals von der Geheimpolizei verhaftet. In den Gefängnissen der Spezialeinheiten „Departamento de Ordem Política e Social (Dops) und „Operação Bandeirantes“ (Oban) wurde sie immer wieder Verhören unterzogen und gefoltert. Ihre Weggefährten bezeichnen sie als „standhaft und unbeugsam“. Nach ihrer Freilassung kehrte Dilma in den Schoß ihrer Familie zurück, wo sie sich von der Haft und von der Folter erholte.
Krebsleiden und neuer Look
Dilma wird von der brasilianischen Presse oft als „Generälin“ bezeichnet. Dilma, die Harte, Dilma, die Autoritäre, Dilma, die Unnahbare… Im April 2009 kam ihre menschliche Seite öffentlich zum Vorschein, als sie im Fernsehen live bekanntgab, dass sie an Lymphkrebs leide. Dilma meisterte auch diese Hürde. Nach einer Chemotherapie gab sie später bekannt, dass sie den Krebs überwunden habe.
Von da an erschien sie immer wieder an der Seite des Präsidenten Lula da Silva, der Dilma als „überaus kompetente und kämpferische Frau“ bezeichnet. Das brasilianische Magazin „Época“ bezeichnet sie bereits 2009 als eine der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Landes.
Ihr politischer Aufstieg geht einher mit einer auffälligen Veränderung ihrer äußerlichen Erscheinung: Sie unterzog sich mehreren Schönheitsoperationen. Star-Hairstylist Celso Kamura verpasst ihr einen modernen Haarschnitt.
Ihrer Wiederwahl im Oktober 2014 dürfte Nichts mehr im Wege stehen, sagen ihre Spin-Doktoren. Oder vielleicht doch?
Der renommierte Investigativ-Journalist Antonio Cascais begleitet für die Deutschen Wirtschafts Nachrichten in den kommenden Wochen die Entwicklung in Brasilien. In der Rubrik „Das andere Tagebuch der Fußball WM“ wird Cascais über die sozialen Probleme und die Proteste der Brasilianer gegen das Kommerz-Spektakel berichten. Cascais hatte zuletzt mit seiner TV-Dokumentation „die story – Geschäfte wie geschmiert?“ (mit Marcel Kolvenbach) für Aufsehen gesorgt. In der Doku zeigten die Autoren die Hintergründe eines U-Boot-Deals in Portugal auf. Der Film ist in der Mediathek des WDR abrufbar.
Teil 1: Die Revolution hat in Brasilien Feuer gefangen
Teil 2: Brasilien: Künstler protestieren gegen die Fußball-WM
Teil 3: Brasilien: Von der Fußball-WM profitieren Konzerne, Politiker und Banken
Teil 4: Weltmeister: Deutsche Waffen-Industrie verdient prächtig mit der Fußball-WM
Teil 5: Brasilien: Staudamm-Bau mit Methoden einer Militär-Diktatur