In Frankreich haben die Gewerkschaften am Montag erneut den Zugverkehr lahmgelegt. Am sechsten Tag infolge legten die Eisenbahner der SNCF die Arbeit nieder und verhinderten so den pünktlichen Start der landesweiten Philosophie-Prüfung französischer Abiturienten.
Die beiden Gewerkschaften CGT und SUD stellen sich mit den Streiks gegen eine vom Staat geplante Firmenfusion. Demnach sollen die hochverschuldete RFF, die das französische Schienennetz verwaltet, und das Bahnunternehmen SNCF, das den Zugverkehr organisiert, künftig zu einem Konzern verschmelzen. Die Gewerkschaften fürchten, dass der Fusion Arbeitsplätze zum Opfer fallen – trotz Beteuerungen seitens der Regierung, dass kein Abbau von Jobs geplant sei. Zudem fordern die Gewerkschaften vom SNCF-Management Lohnerhöhungen, wie der Economist berichtet.
Die Streiks dauern bereits seit dem 11. Juni an und haben große Teile des Zugverkehrs im ganzen Land lahmgelegt. In einigen Regionen fiel seitdem die Hälfte aller TGVs und Regionalzüge aus. Zwei Drittel aller Pendlerzüge nach Paris wurden ebenfalls gestrichen. Die SNCF sprich bereits jetzt vom teuersten Streik seit 13 Jahren.
Die Gewerkschaften stehen unter dem Druck ihrer Basis, die Streiks weiter zu verschärfen. Doch Staatsbetriebe sind in Frankreich per Gesetz dazu verpflichtet, einen Minimalbetrieb zu gewährleisten. Zudem werden Streiktage nicht mehr entlohnt, was zu einem drastischen Rückgang der Streiks geführt hat. Zwischen 2005 und 2011 ist die Zahl der Arbeitstage pro 1000 Mitarbeiter, die aufgrund von Streiks ausfiel, von 164 auf 77 gefallen.
Der Zeitpunkt der Streiks trifft mit den landesweiten Baccalauréat-Prüfungen (französisches Abitur) zusammen. Über 500.000 Schüler absolvieren im Juni ihre Abschlussprüfungen. Die vielen Verspätungen haben für Ärger unter den Bürgern und Unverständnis für die Streiks gesorgt.
Die Regierung um Premierminister Manuel Valls baut scheinbar auf den öffentlichen Frust, den die Streiks in der Bevölkerung auslösen. Die Franzosen zeigen in den heutigen Krisenzeiten wenig Verständnis für die Forderungen der gut abgesicherten Staatsbediensteten. Viele der Eisenbahner können mit guten Bezügen schon mit 50 Jahren in Rente gehen. Die Beteiligung an den Streiks sank dementsprechend von 27 Prozent am ersten Tag auf nun mehr 14 Prozent. Valls betonte zudem, dass eine Änderung der SNCF-Reform „außer Frage“ stehe.