Unternehmen

Streik in Frankreich: Eisenbahner stoppen das Philosophie-Examen

Lesezeit: 1 min
18.06.2014 00:03
Die Mitarbeiter der staatlichen Verkehrsbetriebe SNCF legen seit Tagen weite Teile des Zugverkehrs lahm. Die Streiks gefährden auch den pünktliche Ablauf der landesweiten Abitur-Prüfungen. Damit hat die Unzufriedenheit mit den sozialen Zuständen erstmals die Königsdisziplin der Franzosen, die Philosophie, besiegt.
Streik in Frankreich: Eisenbahner stoppen das Philosophie-Examen

In Frankreich haben die Gewerkschaften am Montag erneut den Zugverkehr lahmgelegt. Am sechsten Tag infolge legten die Eisenbahner der SNCF die Arbeit nieder und verhinderten so den pünktlichen Start der landesweiten Philosophie-Prüfung französischer Abiturienten.

Die beiden Gewerkschaften CGT und SUD stellen sich mit den Streiks gegen eine vom Staat geplante Firmenfusion. Demnach sollen die hochverschuldete RFF, die das französische Schienennetz verwaltet, und das Bahnunternehmen SNCF, das den Zugverkehr organisiert, künftig zu einem Konzern verschmelzen. Die Gewerkschaften fürchten, dass der Fusion Arbeitsplätze zum Opfer fallen – trotz Beteuerungen seitens der Regierung, dass kein Abbau von Jobs geplant sei. Zudem fordern die Gewerkschaften vom SNCF-Management Lohnerhöhungen, wie der Economist berichtet.

Die Streiks dauern bereits seit dem 11. Juni an und haben große Teile des Zugverkehrs im ganzen Land lahmgelegt. In einigen Regionen fiel seitdem die Hälfte aller TGVs und Regionalzüge aus. Zwei Drittel aller Pendlerzüge nach Paris wurden ebenfalls gestrichen. Die SNCF sprich bereits jetzt vom teuersten Streik seit 13 Jahren.

Die Gewerkschaften stehen unter dem Druck ihrer Basis, die Streiks weiter zu verschärfen. Doch Staatsbetriebe sind in Frankreich per Gesetz dazu verpflichtet, einen Minimalbetrieb zu gewährleisten. Zudem werden Streiktage nicht mehr entlohnt, was zu einem drastischen Rückgang der Streiks geführt hat. Zwischen 2005 und 2011 ist die Zahl der Arbeitstage pro 1000 Mitarbeiter, die aufgrund von Streiks ausfiel, von 164 auf 77 gefallen.

Der Zeitpunkt der Streiks trifft mit den landesweiten Baccalauréat-Prüfungen (französisches Abitur) zusammen. Über 500.000 Schüler absolvieren im Juni ihre Abschlussprüfungen. Die vielen Verspätungen haben für Ärger unter den Bürgern und Unverständnis für die Streiks gesorgt.

Die Regierung um Premierminister Manuel Valls baut scheinbar auf den öffentlichen Frust, den die Streiks in der Bevölkerung auslösen. Die Franzosen zeigen in den heutigen Krisenzeiten wenig Verständnis für die Forderungen der gut abgesicherten Staatsbediensteten. Viele der Eisenbahner können mit guten Bezügen schon mit 50 Jahren in Rente gehen. Die Beteiligung an den Streiks sank dementsprechend von 27 Prozent am ersten Tag auf nun mehr 14 Prozent. Valls betonte zudem, dass eine Änderung der SNCF-Reform „außer Frage“ stehe.

 

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik Deutsch-australische Rüstungskooperation: Mehr als Boote und Panzer?
05.05.2024

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock befürwortet eine engere Rüstungskooperation zwischen Deutschland und Australien, da sie betont,...

DWN
Immobilien
Immobilien Die Grunderwerbssteuer: Was Sie unbedingt wissen sollten!
05.05.2024

Jeder, der in Deutschland ein Grundstück erwerben will, zahlt darauf Steuern. Vorne mit dabei: Die Grund- und Grunderwerbssteuer. Doch was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Eli Lilly, Merck und Biontech: Deutschland behauptet sich als Pharma-Standort
05.05.2024

Mehr als 250.000 Beschäftigte sind in Deutschland allein in der Pharma-Industrie beschäftigt. Dass die Branche auch in naher Zukunft...

DWN
Finanzen
Finanzen Dispozinsen: Wie sie funktionieren und wie man sie vermeidet
05.05.2024

Dispozinsen können eine teure Überraschung für Bankkunden sein, die ihr Konto überziehen. Dieser Artikel erklärt, wie Dispozinsen...

DWN
Technologie
Technologie EU-China-Beziehung: Droht ein Handelskrieg um Elektroautos?
05.05.2024

Vor Xi Jinpings Besuch in Paris bekräftigt Deutschland seine Haltung im EU-China-Streit um E-Autos. Doch wie wird die EU reagieren?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Europameisterschaft 2024 am Arbeitsplatz streamen: Wie weit geht Arbeitgeber-Toleranz?
05.05.2024

Die Spiele der Europameisterschaft 2024 finden zu Zeiten statt, die nicht ideal für Arbeitnehmer sind. Einige Spiele starten bereits um 15...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handwerksbetriebe in Not: Geschäftslage trübt sich ein
05.05.2024

Die aktuelle Lage im Handwerk bleibt düster, mit einer spürbaren Verschlechterung der Geschäftslage im ersten Quartal 2024 aufgrund...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...