Finanzen

Korruption in Bulgarien wird zum Sicherheits-Risiko für die EU

Die Bank-Runs in Bulgarien werfen ein grelles Licht auf das EU-Mitglied: Entgegen allen Beteuerungen blüht die Korruption. Die EU ist machtlos - und trägt mit Milliarden an Fördergeldern weiter dazu bei, dass die organisierte Kriminalität boomt. Die einander bekämpfenden Oligarchen können nun jedoch auf Hilfe aus Brüssel zählen - und treiben es daher umso toller.
04.07.2014 00:10
Lesezeit: 2 min

Nachdem die EU-Kommission am Montag eine Kreditlinie von 1,7 Milliarden Euro für die bulgarischen Banken genehmigt hatte, hat sich die Lage in Bulgarien vorerst wieder beruhigt. Doch die Bank-Runs von letzter Woche haben die viertgrößte Bank des Landes, die Corporate Commercial Bank (Corpbank) zu Fall gebracht und die drittgrößte, die First Investment Bank (FIB) zumindest in arge Bedrängnis. Umgerechnet 410 Millionen Euro musste die FIB auszahlen. Das sind 10% ihres gesamten Vermögensbestandes.

Wie die DANS, die „Staatliche Agentur für Nationale Sicherheit“, inzwischen festgestellt hat, wurde der erste Bank Run (der auf die Corpbank) durch E-Mails, Textnachrichten (wie SMS) und sogar Facebook-Einträge ausgelöst, die verschiedenen Werbeagenturen, die alle mit einer Wertpapierfirma verbunden waren, verschickt hatten. Darin war von Liquiditätsschwierigkeiten der Corpbank die Rede und davon, dass die bulgarische Einlagensicherung unterkapitalisiert ist.

Viele Bulgaren fühlten sich an die bulgarische Finanzkrise 1995-97 erinnert, als viele Banken pleite gingen und es zu einer Hyperinflation kam. Sie stürmten die Schalter der Corpbank.

Wenn es stimmt, dass Gerüchte der Grund für den Bank-Run waren, dann dürften die Attacken Zwetan Wassilew, dem Hauptanteilseigner der Corpbank gegolten haben. Wassilew hat enge Verbindungen in die bulgarische Politik und konnte dadurch die Corpbank zum wichtigsten Geschäftspartner für staatliche Unternehmen machen.

Wassilew unterstützte ursprünglich durch Kredite auch Deljan Peewski beim Aufbau seines Medienimperiums. Peewski werden wiederum Verbindungen zur organisierten Kriminalität nachgesagt. Die Regierung Plamen Orescharski machte trotzdem gleich nach ihrer Wahl im Mai 2013 den Medienzar zum Leiter der DANS. Man darf annehmen, dies geschah zum Dank für eine positive Berichterstattung im Wahlkampf.

Die DANS ist nicht nur jene Behörde, die jetzt die Hintergründe der Bank Runs untersuchen soll, sie vereinigt gleichzeitig Geheimdienst und Antikorruptionsbehörde unter einem Dach. Die Ernennung Deljan Peewskis zu ihrem Leiter löste allerdings starke Proteste aus. Peewski musste nach ein paar Tagen wieder zurücktreten. Es kam zu einer Regierungskrise, die bis heute nicht gelöst ist und darum Grund der vorgezogenen Neuwahlen im Oktober ist.

Und inzwischen haben sich auch Wassilew und der mächtige Peewski zerstritten. Peewskis Medien waren es, die die Vorwürfe, Wassilew wolle ihn umbringen lassen, verbreitet hatten. (Die DWN berichteten hier.) Nach mehreren übereinstimmenden Medienberichten zog Peewski zusätzlich größere Summen von seinen Konten bei der Corpbank ab und überwies sie direkt zur First Investment Bank (FIB).

Man darf also mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass Deljan Peewski direkt oder indirekt auch hinter den Spam-Nachrichten stand, die die Corpbank zu Fall brachten. Umgekehrt spricht einiges dafür, dass die folgenden Attacken auf die FIB aus Rache erfolgten.

Angesichts der aktuellen Skandale sei noch einmal an die euphorische Zeit vor dem EU-Beitritt Bulgariens am 1. Januar 2007 erinnert. Die EU-Kommission bescheinigte damals in ihren Berichten dem Land zahlreiche Erfolge bei der Reform des Justizwesens, bei der Korruptionsbekämpfung, bei der Bekämpfung der Geldwäsche und auch beim Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität im Lande.

Weiter bestehende Defizite wurden zwar auch angesprochen, doch die EU-Kommission war sich sicher, dass Bulgarien, wenn es das bis dahin bestehende Fortschrittstempo beibehielte, diese Defizite schnell beseitigen könne. So stimmten die Staats- und Regierungschefs der EU glücklich einem Beitritt Bulgarien zu.

Tatsächlich ist dann nach dem Beitritt Bulgariens zur EU nichts mehr geschehen.

Nun könnte das bulgarische Finanzsystem in eine veritable Krise schlittern. Und diesmal wäre das kein regionales Thema, sondern ein Problem für die gesamte EU.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Mobilität in China: Warum der Westen zurückfällt
28.04.2025

Chinas Autobauer überrollen die E-Mobilitätswelt – effizient, günstig, selbstbewusst. Während westliche Marken im Reich der Mitte an...

DWN
Politik
Politik Nato-Beitritt Deutschlands: 70 Jahre Bündnistreue im Wandel der Sicherheitspolitik
28.04.2025

Mit einem feierlichen Festakt wird heute in Brüssel an den Nato-Beitritt Deutschlands vor fast 70 Jahren erinnert. Für den Festakt im...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Trump glaubt an Selenskyjs Verzicht auf Krim
28.04.2025

Bislang hat Selenskyj eine Abtretung von Territorium an Russland ausgeschlossen. Trump glaubt nach einem Treffen in Rom, dass sich diese...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Ausblick: Deutscher Aktienmarkt weiterhin im Zoll-Chaos – Berichtssaison nimmt Fahrt auf
28.04.2025

Der weltweite Zollstreit dürfte auch in der kommenden Woche das Geschehen am deutschen Aktienmarkt prägen. "Aktuell ist alles an der...

DWN
Politik
Politik Friedensforschungsinstitut Sipri: Weltweite Militärausgaben erreichen neues Rekordhoch
28.04.2025

Die weltweiten Militärausgaben haben 2024 erneut ein Rekordhoch erreicht. Laut dem Friedensforschungsinstitut Sipri summierten sich die...

DWN
Politik
Politik Neue Bundesregierung: Union stellt Personal für Ministerposten vor
28.04.2025

Rund eine Woche vor der geplanten Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler der neuen Bundesregierung wollen CDU und CSU ihre Besetzung der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der Seeweg kann zur neuen Umweltroute werden – so sieht das neue Klimapaket aus
28.04.2025

Die internationale Schifffahrt galt lange als Klimasünder mit Sonderstatus. Nun ändert sich das grundlegend: Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen „Hart arbeiten – das ist alles“: Wie Nvidia zum Börsenliebling wurde
28.04.2025

Vom Tellerwäscher zum Tech-Tycoon – wie Jensen Huang mit eiserner Disziplin Nvidia zur KI-Supermacht machte und nun gegen die Schatten...