Die Europäische Zentralbank (EZB) will die Finanzmärkte mit Geldspritzen von bis zu einer Billion Euro versorgen. Auf diese Summe könnten sich die Anfang Juni angekündigten Maßnahmen belaufen, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt.
Banken könnten einzeln oder in Gruppen von der Liquidität mittels sogenannte Langfristtender profitieren. Dabei sollen Institute dann frische Gelder erhalten, wenn sie überdurchschnittlich Kredite vergeben, so Draghi. Er hatte bereits für September und Dezember zwei Geldspritzen über rund 400 Milliarden Euro angekündigt. Zudem soll es zwischen März 2015 und Juni 2016 sechs weitere solche Maßnahmen geben.
Geldpolitisch hielt Draghi erwartungsgemäß an seinem Kurs fest. Der Italiener und seine Kollegen beließen den Leitzins für die 18 Euro-Länder auf dem Rekordtief von 0,15 Prozent. Die EZB hatte im Juni den Schlüsselsatz für die Versorgung des Bankensystems gekappt und erstmals einen Strafzins für Banken erhoben, wenn diese Geld bei der Notenbank parken, anstatt es zu verleihen (mehr hier). Zudem kündigte die Zentralbank damals zusätzliche milliardenschwere Geldspritzen für die in vielen Euro-Ländern lahmende Wirtschaft an.
Draghi zeigte sich mit den Wirkungen dieser Beschlüsse bis dato zufrieden. „Das Bündel an Maßnahmen, dass wir vergangenen Monat beschlossen haben, hat zu einer weiteren Lockerung unserer Geldpolitik geführt.“ Nun aber sei Abwarten angesagt: Die EZB könne und solle nicht jeden Monat handeln.
Den Leitzins will Draghi für einen längeren Zeitraum auf dem gegenwärtigen Mini-Niveau halten - auch wegen der Gefahr einer Deflation in der Euro-Zone. „Der EZB-Rat steht außerdem geschlossen hinter seiner Zusicherung, falls notwendig auch unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen, um die Risiken einer zu langen Periode mit zu niedriger Inflation anzugehen.“
Denkbar sind dabei massenhafte Aufkäufe von Staatsanleihen. Damit war es etwa der Fed in den USA oder der Bank von England gelungen, die Wirtschaft zu stabilisieren. In Deutschland sind solche Maßnahmen aber umstritten, da sie als versteckte Staatsfinanzierung durch die EZB angesehen werden.
Zusätzlich will die EZB den Markt für Kreditverbriefungen - sogenannter Asset Backed Securities (ABS) - wiederbeleben, die in der Finanzkrise 2007/08 in Misskredit geraten waren. Die entsprechenden Vorarbeiten für die Käufe solcher Papiere, mit denen Banken Kreditrisiken bündeln und aus ihrer Bilanz entfernen können, seien vorangekommen, sagte Draghi.
„Wir sind an ABS interessiert, um die Schwäche bei der Kreditvergabe zu beheben. Und wir wollen die Kreditvergabe in die Realwirtschaft lenken, besonders in den Mittelstand.“ Die EZB wolle einen Markt für einfache Finanztitel erstehen lassen, nicht für komplexe und intransparente Papiere wie Derivate. „Sie sollten einfach gestaltet sein. So einfach wie Verbriefungen in Europa vor einigen Jahren gestaltet waren.“
Außerdem will die EZB künftig seltener über den Leitzins für die Euro-Länder entscheiden. Der Rat werde sich ab Januar nur noch alle sechs Wochen zu einer Zinsentscheidung treffen, sagte Notenbank-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt. Alle vier Wochen sei „einfach zu häufig“.
Die EZB übernimmt damit denselben Rhythmus wie die US-Notenbank Federal Reserve. Draghi sagte, dass es keine Koordinierung zwischen den beiden wichtigsten Zentralbanken der Welt gebe. Bislang treffen sich die Hüter des Euro alle zwei Wochen und entscheiden immer am ersten Donnerstag im Monat über ihren geldpolitischen Kurs. Von den Sitzungen sollen ab Januar auch Protokolle veröffentlicht werden - hier folgt die EZB ebenfalls dem Vorbild der Fed.