Unternehmen

EZB pumpt eine Billion Euro ins Finanz-System

Die EZB will massiv Geld drucken und es den Banken der Eurozone zur Verfügung stellen. Der niedrige Leitzins von 0,15 Prozent und der Negativzins für Banken bleiben bestehen. Zudem hält EZB-Chef Draghi daran fest, im Notfall auch zu „unkonventionellen Maßnahmen“ zu greifen, etwa dem Kauf von Staatsanleihen .
03.07.2014 17:02
Lesezeit: 2 min

Die Europäische Zentralbank (EZB) will die Finanzmärkte mit Geldspritzen von bis zu einer Billion Euro versorgen. Auf diese Summe könnten sich die Anfang Juni angekündigten Maßnahmen belaufen, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt.

Banken könnten einzeln oder in Gruppen von der Liquidität mittels sogenannte Langfristtender profitieren. Dabei sollen Institute dann frische Gelder erhalten, wenn sie überdurchschnittlich Kredite vergeben, so Draghi. Er hatte bereits für September und Dezember zwei Geldspritzen über rund 400 Milliarden Euro angekündigt. Zudem soll es zwischen März 2015 und Juni 2016 sechs weitere solche Maßnahmen geben.

Geldpolitisch hielt Draghi erwartungsgemäß an seinem Kurs fest. Der Italiener und seine Kollegen beließen den Leitzins für die 18 Euro-Länder auf dem Rekordtief von 0,15 Prozent. Die EZB hatte im Juni den Schlüsselsatz für die Versorgung des Bankensystems gekappt und erstmals einen Strafzins für Banken erhoben, wenn diese Geld bei der Notenbank parken, anstatt es zu verleihen (mehr hier). Zudem kündigte die Zentralbank damals zusätzliche milliardenschwere Geldspritzen für die in vielen Euro-Ländern lahmende Wirtschaft an.

Draghi zeigte sich mit den Wirkungen dieser Beschlüsse bis dato zufrieden. „Das Bündel an Maßnahmen, dass wir vergangenen Monat beschlossen haben, hat zu einer weiteren Lockerung unserer Geldpolitik geführt.“ Nun aber sei Abwarten angesagt: Die EZB könne und solle nicht jeden Monat handeln.

Den Leitzins will Draghi für einen längeren Zeitraum auf dem gegenwärtigen Mini-Niveau halten - auch wegen der Gefahr einer Deflation in der Euro-Zone. „Der EZB-Rat steht außerdem geschlossen hinter seiner Zusicherung, falls notwendig auch unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen, um die Risiken einer zu langen Periode mit zu niedriger Inflation anzugehen.“

Denkbar sind dabei massenhafte Aufkäufe von Staatsanleihen. Damit war es etwa der Fed in den USA oder der Bank von England gelungen, die Wirtschaft zu stabilisieren. In Deutschland sind solche Maßnahmen aber umstritten, da sie als versteckte Staatsfinanzierung durch die EZB angesehen werden.

Zusätzlich will die EZB den Markt für Kreditverbriefungen - sogenannter Asset Backed Securities (ABS) - wiederbeleben, die in der Finanzkrise 2007/08 in Misskredit geraten waren. Die entsprechenden Vorarbeiten für die Käufe solcher Papiere, mit denen Banken Kreditrisiken bündeln und aus ihrer Bilanz entfernen können, seien vorangekommen, sagte Draghi.

Wir sind an ABS interessiert, um die Schwäche bei der Kreditvergabe zu beheben. Und wir wollen die Kreditvergabe in die Realwirtschaft lenken, besonders in den Mittelstand.“ Die EZB wolle einen Markt für einfache Finanztitel erstehen lassen, nicht für komplexe und intransparente Papiere wie Derivate. „Sie sollten einfach gestaltet sein. So einfach wie Verbriefungen in Europa vor einigen Jahren gestaltet waren.“

Außerdem will die EZB künftig seltener über den Leitzins für die Euro-Länder entscheiden. Der Rat werde sich ab Januar nur noch alle sechs Wochen zu einer Zinsentscheidung treffen, sagte Notenbank-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt. Alle vier Wochen sei „einfach zu häufig“.

Die EZB übernimmt damit denselben Rhythmus wie die US-Notenbank Federal Reserve. Draghi sagte, dass es keine Koordinierung zwischen den beiden wichtigsten Zentralbanken der Welt gebe. Bislang treffen sich die Hüter des Euro alle zwei Wochen und entscheiden immer am ersten Donnerstag im Monat über ihren geldpolitischen Kurs. Von den Sitzungen sollen ab Januar auch Protokolle veröffentlicht werden - hier folgt die EZB ebenfalls dem Vorbild der Fed.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...