Finanzen

EU will nationale Bankenaufsicht komplett abschaffen

Lesezeit: 2 min
31.08.2012 10:10
Die EU bereitet eine radikale Veränderung bei der Bankenaufsicht vor: Alle Banken sollen von der EZB kontrolliert werden. Diese wäre mit einer solchen Mammut-Aufgabe allerdings überfordert.
EU will nationale Bankenaufsicht komplett abschaffen

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Aktuell: EZB-Intervention: Nur mit Beteiligung des IWF

Ein neuer Plan zur europaweiten Bankenaufsicht, der zwischen Kommissions-Präsident José Manuel Barroso und dem EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier vereinbart wurde, sorgt schon vor der noch notwendigen Zustimmung durch die Staats- und Regierungschefs für Aufregung. Dieser Plan sieht nämlich vor, so die FT, dass die EZB tatsächlich weitreichende Autorität über alle 6.000 Banken der Eurozone erhalten solle. Dies ist ein Szenario, das weder von deutscher Seite noch von großen Teilen der EZB, die heillos mit ihren derzeitigen Aufgaben überfordert ist (hier) befürwortet wird. Deutschland und der EZB wäre ein erster, aber dezentralerer Schritt in Richtung Bankenunion lieber.

Der Vorschlag von Barroso und Barnier sieht vor, den nationalen Aufsichtsbehörden fast alle Autorität über die nationalen Banken zu entziehen, um der EZB die Befugnisse zu geben, entsprechende Banken abzuwickeln oder neu zu strukturieren. So soll dann ein neuer EZB-Aufsichtsrat, der unabhängig von dem bestehenden EZB-Rat ist, alle Befugnisse erhalten. Der Plan sieht hierfür derzeit einen 23-köpfigen Vorstand vor, der aus einem nationalen Vertreter aus dem jeweiligen Land der Eurozone und sechs unabhängigen Mitglieder bestehen würde– einschließlich des Vorsitzenden und eines stellvertretenden Vorsitzenden. Diese separate Gruppe wird als notwendig erachtet, um eine Trennmauer zwischen der Geldpolitik und der Bereitstellung von billigen Krediten für strauchelnde Banken und der neuen Bankenaufsicht zu schaffen.

Beamte der Kommission hoffen, dass die 27 Staats- und Regierungschefs dem Gesetzesvorschlag noch vor Ende des Jahres zustimmen. Grundsätzlich wäre eine gemeinsame Bankenunion ein wesentlicher Schritt hin zu einer wirklichen Fiskalunion. Und beim letzten Gipfel hatte Angela Merkel die Möglichkeit des ESM, Banken strauchelnder Länder direkt zu rekapitalisieren, ohne die Schulden des jeweiligen Landes zu erhöhen, an die Schaffung einer Bankenunion geknüpft. Dennoch wollte die deutsche Regierung eine solche Zentralisierung der Macht auf die EZB nicht. Vielmehr sollte die EZB nach Deutschlands Auffassung die Aufsicht über die 20 bis 25 größten, systemrelevanten Banken der Eurozone erhalten. So dass die nationalen Aufsichten sich weiter um die kleineren Banken kümmern könnten.

Hinter verschlossenen Türen, vertreten einige leitende EZB-Vertreter dieselbe Ansicht wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Dieser hatte jüngst in der FT darauf verwiesen, es sei „common sense“, dass es für die EZB unmöglich wäre, alle Finanzinstitute zu beaufsichtigen. Hochrangige EU-Beamte verweisen jedoch darauf, dass die aktuelle Bankenkrise in Spanien und Irland nicht durch systemrelevante Banken, sondern vielmehr durch Sparkassen und kleiner Banken ausgelöst worden sei. „Es ist nicht genug, nur auf die grenzüberschreitenden Banken, die systemisch sind, zu schauen“, sagte ein hochrangiger Beamter der FT. Zudem geben einige zu bedenken, dass die Schaffung eines europaweiten Einlagensicherungs- und Bankenrettungsfonds erschwert werde, wenn die Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden weiter so aufgeteilt blieben. Investoren könnten dann ihre Gelder bei kleineren Banken einziehen und größere, systemrelevante Banken aufsuchen, da sie hier mehr Sicherheit vermuten.

Weitere Themen

Schweiz: Nationalbank hält lieber Cash als zu investieren

Frankreich gibt Sparkurs auf: 2,3 Milliarden Euro gegen Jugend-Arbeitslosigkeit

Treffen mit Merkel: China besorgt über Auswirkungen der Eurokrise


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...