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Daimler baut selbstständig fahrenden Lkw

Lesezeit: 3 min
25.07.2014 13:04
Die Jungfernfahrt eines 40 Tonnen schweren und eigenständig fahrenden Lkw auf der A2 verlief erfolgreich. Im Fokus des Unternehmens stehen das Sparpotenzial und die Vermeidung von Unfällen. Doch Gewerkschaften warnen: Der Fahrer dürfe nicht unterfordert werden.
Daimler baut selbstständig fahrenden Lkw

Das Fahren ohne Hand am Steuer soll nicht nur bei Autos, sondern nach Vorstellung von Daimler auch bei Schwerlastern Alltag werden. Der Automobilhersteller führte als erster Lkw-Hersteller den Prototyp eines 40-Tonners vor, der ohne Zutun des Fahrers bis zu 85 Stundenkilometer schnell auf der Autobahn fahren kann. Eine Markteinführung sei Mitte des kommenden Jahrzehnts vorstellbar, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für autonomes Fahren rechtzeitig geschaffen würden, sagte Daimler-Vorstandsmitglied Wolfgang Bernhard in Magdeburg. Mit der Autopilotenfunktion sollen Staus und Unfälle vermieden werden.

Daimler ist weltweit der größte Hersteller von mittelschweren und schweren Lastkraftwagen und will seine führende Position behaupten. Im Mittelpunkt steht die Vernetzung des Lkw mit seiner gesamten Umwelt: Vom Fahrer und Spediteur bis hin zur Infrastruktur und anderen Verkehrsteilnehmern. „In diesem Zukunftsmarkt mit attraktivem Umsatz- und Ertragspotenzial wollen wir die Nummer eins sein”, betonte Bernhard.

Für Transportunternehmen soll der selbstständig fahrende Laster Einsparungen ermöglichen: Auch künftig werden rund drei Viertel aller Güter in der EU auf der Straße transportiert. Für Deutschland prognostiziert das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eine Steigerung des Güterverkehrs von heute 3,7 auf fast 5,5 Milliarden Tonnen im Jahr 2050. Sinken hier die Kosten, ergeben sich Wachstumsimpulse.

Die Staugefahr und das Unfallrisiko seien geringer, womit Kraftstoffkosten, Emissionen und Versicherungsprämien sinken könnten, erklärte Daimler. Abstandsregeltempomaten, automatische Bremsassistenten, Stabilitätsregelungs- oder Spurhalteassistenten werden hunderttausendfach installiert. Der neue „vorausschauende“ Tempomat „Predictive Powertrain Control“ vernetzt Informationen über Topographie und Streckenverlauf mit dem Antriebsstrang und sorgt so für eine kraftstoffsparende Fahrweise des Lkw.

Der Fahrer könnte die Zeit in der Kanzel zudem sinnvoller verbringen – und etwa die Routenplanung bearbeiten oder das Schnitzel an der nächsten Raststätte vorbestellen. Pläne, den Fahrer langfristig ganz aus dem Lkw zu verbannen, gebe es nicht. Forschungsarbeit dazu gibt es jedoch bereits. Pläne für komplett autonome fahrende Pkw ohne Lenkrad hatte Google zuletzt vorgelegt.

Das System entlastet den Fahrer nicht nur von monotonen Tätigkeiten, vielmehr gewinnt dieser Zeit für Aufgaben, die beispielsweise bisher noch der Disposition vorbehalten sind. Aufstiegsmöglichkeiten von der reinen Fahrtätigkeit zum Transportmanager sind damit vorstellbar. Der Beruf des Lkw-Fahrers werde attraktiver – autonomes Fahren sei deshalb auch eine Antwort auf den Fahrermangel, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns.

Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) erklärte hingegen, dass Einsparungen nicht das Ziel seien, das für die Transportunternehmer derzeit mit Blick auf autonomes Fahren am wichtigsten wäre. Priorität habe das Vermeiden von Unfällen, sagte Werner Andres, Abteilungsleiter Verkehrssicherheit beim BGL. Die Systeme müssten absolut sicher sein und ihre Funktionsfähigkeit ständig selbst kontrollieren. Der Standard müsse strenger sein als bei Pkw.

„Lkw transportieren lebende Tiere, Nahrungsmittel oder Gefahrgut – die brauchen einen viel höheren Sicherheitsgrad”, betonte Andres. Mit der Änderung eines weltweiten Abkommens wurde kürzlich die Basis gelegt, dass Fahren ohne Hand am Steuer gesetzlich erlaubt wird. Die Gesetzgebung wird aber noch Jahre dauern.

Die britische Gewerkschaft Unite zeigte sich skeptisch. Die Fahrer könnten erst recht unaufmerksam werden, wenn sie nur noch hinter dem Steuer herumsitzen oder sich mit Papierkram oder Computer beschäftigen müssten, erklärte Adrian Jones, Verkehrsexperte von Unite. Letztlich trügen sie aber die Verantwortung und müssten in Notfällen eingreifen.

Daimler plant Modelloffensive gegen Audi und BMW in China

Im Premiumsegment will Daimler den Rückstand der Nobelmarke Mercedes gegenüber den Rivalen Audi und BMW in China zügig aufholen. „Ich bin sehr, sehr positiv gestimmt“, sagte China-Vorstand Hubertus Troska der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Wir werden dieses Jahr mit der neuen S-Klasse die Wettbewerber wieder überholen. Und 2015 wird insgesamt noch viel besser“, stellte er in Aussicht. Im vergangenen Jahr hatte BMW von seinem Spitzenmodell 7er 26.000 Stück verkauft, Mercedes von der S-Klasse nur 22.000 Stück. Jahrelang zuckelten die Schwaben den beiden Rivalen am rasant wachsenden Markt China mit weitem Abstand hinterher. 2013 verkaufte Mercedes dort insgesamt 228.000 Autos, verglichen mit einem Absatz von 362.000 Wagen von BMW und 492.000 vom Platzhirschen Audi.

Mit einer Modelloffensive will Daimler den Konkurrenten nun beikommen. Wachstumstreiber für die Zukunft sollen neben der neuen S-Klasse ab Herbst auch die neue C-Klasse sowie zahlreiche weitere Modelle sein, die für den chinesischen Markt neu sind: Bis Ende 2015 planen die Stuttgarter 20 Markteinführungen von neuen oder aufgehübschten Modellen. „Wir lernen, China besser zu verstehen und das auch in der Produktentwicklung umzusetzen. Da waren wir ein bisschen hinterher“, räumte Troska ein.

In China, dem größten Automarkt der Welt, entscheidet sich, ob Daimler-Chef Dieter Zetsche das Ziel schafft, bis 2020 wieder der weltweit größte Premiumhersteller zu werden. Vor zehn Jahren hatte die Marke mit dem Stern den ersten Platz an BMW verloren und liegt inzwischen hinter der Volkswagen-Tochter Audi auf Platz drei. BMW verkaufte im vergangenen Jahr weltweit 1,65 Millionen Autos mit dem weiß-blauen Emblem. Audi lag mit einem Absatz von 1,57 Millionen Fahrzeugen rund 100.000 Stück vor Mercedes.

Daimler wird die Produktionskapazitäten in seinem US-Werk im Zuge der Einführung der neuen C-Klasse deutlich steigern. Die Produktion werde signifikant über dem bisherigen Niveau liegen, sagte ein Sprecher des Stuttgarter Konzerns. Eine Größenordnung nannte er nicht. Derzeit produziert Mercedes im Werk Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama rund 185.000 Fahrzeuge im Jahr, vor allem die Geländewagen-Reihen der M- und GL-Klasse. Hinzu kam nun die Limousine der C-Klasse, die bereits in Bremen und East London in Südafrika vom Band rollt. In Kürze soll die C-Klasse auch in China gefertigt werden.

Die deutschen Oberklassehersteller weiten ihre Kapazitäten derzeit in den USA aus, weil sich der Markt dort von den Folgen der Finanzkrise erholt. BMW will seine Fabrik in Spartanburg im US-Staat South Carolina bis 2016 um die Hälfe auf die Produktion von 450.000 Fahrzeugen aufstocken.

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