Unternehmen

Industrie setzt massiv auf Roboter: Was wird aus den Arbeitern in Europa?

Das Rezept für höhere Produktivität in Südeuropa liegt im massiven Einsatz von Robotern für die Industrie-Produktion. Das Problem: Die ungelernten Arbeiter verlieren ihren Job. Für die Bedienung der Roboter fehlen dagegen die IT-Experten. Das Umsteuern auf dem Arbeitsmarkt erweist sich als höchst komplex.
24.07.2014 00:10
Lesezeit: 1 min

Der technologische Fortschritt könnte in den nächsten Jahren mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze in der EU überflüssig machen. Insbesondere künstliche Intelligenz, lernende Maschinen und mobile Roboter ersetzen menschliche Arbeiter branchenübergreifend in allen Bereichen.

Wie der belgische Thinktank Bruegel ausgerechnet hat, werde zunächst der Niedriglohnsektor und minderqualifizierte Arbeiten betroffen. Doch künstliche Intelligenz befähige die Maschinen auch zu immer mehr anspruchsvolleren Tätigkeiten. Die Belgier berufen sich dabei auf eine Studie von 2013, die die Auswirkungen der Automatisierung auf den US-Markt untersucht.

Breugel wendet die Daten jetzt auf die 28 EU-Staaten an und zeigt in einer interaktiven Karte: In der EU fallen die Berechnungen sogar noch verheerender aus als in den USA: Während in den USA etwa 47 Prozent der Jobs in den nächsten Jahren durch Automatisierung wegfallen, liegt die Prozentzahl in der EU bei 54 Prozent. Für Deutschland hat Bruegel das Risiko auf 51 Prozent aller Jobs beziffert. Damit liegt der Anteil der gefährdeten Jobs in der Bundesrepublik höher als in den skandinavischen Staaten, doch weit niedriger als in den ärmeren Südländern: In dem ärmsten EU-Land Rumänien könnten laut den Berechnungen durch die fortschreitende Automatisierung sogar 61 Prozent der ohnehin raren Arbeitsplätze wegfallen.

Ob Selbstbedienungskassen im Supermarkt oder Fertigungsroboter in der Autoindustrie: Es sind immernoch vor allem die einfachen Tätigkeiten, bei denen menschliche Service- oder Arbeitskräfte leicht durch computergesteuerte Maschinen zu ersetzen sind (mehr dazu hier). Je höher das Risiko der Automatisierung, desto geringer ist das Gehalt für den entsprechenden Beruf. Umgekehrt verzeichnen Berufe mit dem größten Grad der Präzision, Kreativität und Originalität die höchsten Gehälter.

Durch künstliche Intelligenz können aber inzwischen nicht mehr nur körperliche Arbeiten, sondern zunehmend auch intellektuell anspruchsvollere Tätigkeiten von Computern übernommen werden. Selbst Chirurgen bekommen durch Präzisions-Roboter im Operationssaal Konkurrenz. Selbstfahrende Autos könnten bald Hunderttausende Fernfahrer arbeitslos machen, Computer-Hotlines die Telefon-Verkäufer.

Es gibt auch Experten, die die Entwicklung positiv bewerten, wie die Autoren Rieger und Kurz in dem Buch "Arbeitsfrei". Denn die Automatisierung führt zu weniger Arbeit und dadurch zu einem Gewinn an Freizeit. Solange allerdings die neuen Technologien als Produktionsmittel wenigen Vermögenden vorenthalten bleiben, kommt auch die Geld- und Zeitersparnis nicht bei der Masse der Arbeiter an.

Zudem geht die zunehmende Technologisierung auch mit einem Mangel einher: Bis 2020 werden nach Einschätzung des Empirica-Instituts rund 900.000 IT-Experten fehlen, um die neuen intelligenten Maschinen zu programmieren.

 

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Solarausbauziel in Deutschland bis 2030 zur Hälfte erfüllt
04.07.2025

Deutschland hat bereits einen großen Schritt in Richtung Solarenergie gemacht – doch der Weg ist noch weit. Trotz beachtlicher...

DWN
Politik
Politik One Big Beautiful Bill: Das steckt hinter Trumps Steuererleichterungen
04.07.2025

Am amerikanischen Unabhängigkeitstag setzt Donald Trump ein innenpolitisches Zeichen: Mit dem "One Big Beautiful Bill" will er seine...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Neue Mütterrente wohl erst ab 2028 umsetzbar
04.07.2025

Die Ausweitung der Mütterrente sorgt für Diskussionen: Einigkeit herrscht über das Ziel, Uneinigkeit über das Tempo. Millionen Mütter...

DWN
Finanzen
Finanzen Sparen für Kinder: Welche Anlagen sich wirklich lohnen
04.07.2025

Eltern wollen ihre Kinder finanziell absichern, doch viele verschenken Chancen. Statt renditestarker Anlagen dominiert Vorsicht, oft ohne...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...