Ein Obstgarten der New York State Agricultural Experiment Station verlor 2008 die Finanzierungsmittel und drohte zu schließen. Das Besondere an dieser Plantage: Hier wuchsen zahlreiche Bäume die bereits antike Steinfrüchte trugen. Teilweise waren diese 150 bis 200 Jahre alt. Die Früchte waren bei einer Schließung des Obstgartens vom Aussterben bedroht.
Kunstprofessor Sam Van Aken von der Syracuse University nahm sich ein Herz und kaufte die Bäume kurzerhand. Da er auf einem Bauernhof aufwuchs, kannte er sich mit Pflanzen aus und hatte als Künstler bereits eine Idee, was er mit den vielen verschiedenen Baumsorten kreieren würde.
Auch wenn laut Van Aken der Prozess noch nicht abgeschlossen ist – die ersten Ergebnisse sind beeindruckend. Er hat Bäume miteinander verwachsen lassen und daraus ein Konglomerat von diversen Früchten geschafften. Aktuell hat bereits 16 dieser Bäume gezüchtet, die 40 Früchte tragen. Die meisten davon stehen an der Ostküste der USA.
Aus insgesamt über 250 Sorten von Steinfrüchten suchte der Kunstprofessor heraus, zu welchem Zeitpunkt die jeweiligen Früchte reif werden. Er begann damit ein paar Ableger zu einer Stammstruktur zusammenzubauen. Als dieser Baum dann zwei Jahre alt war, setze er weitere Ableger an die bisher gewachsenen Astgabelungen.
Die Technik ist hierzulande als Veredelung bekannt. Dabei wird ein kleiner Teil des Baum inklusive Rinde abgetrennt. Wichtig ist, dass auf diesem wenige Zentimeter langen Stück bereits eine Knospe vorhanden ist. Dieses Stück wird dann an einen ähnlichen Einschnitt des zu veredelnden Baumes eingefügt. Um den Zweig stabil anzubringen, wird er meist mit Klebeband fixiert. Über den Verlauf eines Winters bleibt der Zweig am Baum und kann heilen. Wenn alles nach Plan verläuft, verwächst sich der Ableger mit dem bestehenden Baum und funktioniert zukünftig als gewöhnlicher Ast.
Nach fünf Jahren und verschiedenen Veredelungen war der erste Baum mit 40 verschiedenen Früchten fertig. Auf den ersten Blick sieht der Baum auch nicht anders aus, als andere Bäume. Erst im Frühling stellt er seine Besonderheit zur Schau. Ein Farbenmeer mit ganz unterschiedlichen Blüten begeistert dann den Betrachter.
Die Erntezeit im Sommer ist ebenso einzigartig wie das Blütenmeer im Frühling. Denn die Früchte werden nacheinander reif. Während im eigenen Garten oft der Pflaumen-, Kirsch- oder Apfelbaum auf einmal extrem viele Früchte trägt, kommt die Ernte beim Baum vom Sam Van Aken Stück für Stück.
Das sorgt nicht nur für eine abwechslungsreiche Ernährung. Die Eigentümer verbrauchen auch entsprechend viele Früchte und haben nicht kiloweise Obst, das in die Verwandtschaft verteilt werden muss. Der Baum ist dadurch dermaßen rational konstruiert, dass er sich quasi am Verbrauch der Früchte orientiert. Es gibt dabei keine Überproduktion mehr und jede Frucht kann frisch gegessen werden. Durch die ständige Abwechslung an neuen Früchten, wird das Obstessen auch nicht langweilig.
Auf diese ganz besondere Art und Weise können dadurch viele Sorten von Kernfrüchten erhalten werden. Die Industrie hat diesen bereits den Rücken zugedreht, weil sie ökonomisch nicht sinnvoll sind. Das heißt auf Deutsch, diese selten gewordenen Früchte sind nicht lange genug haltbar und werden nicht groß genug. Grund genug sie aus Herstellersicht aussterben zu lassen.
Auf seiner Homepage hat Van Aken eine ausführliche Auflistung all seiner Früchte. Zwei Pflaumen- und eine Pfirsicharten blühen bereits Ende Winter. Die große Masse an Früchten blüht in der Mitte des Frühlings. Das betrifft insbesondere die europäischen Pflaumensorten. Pfirsiche und Kirschen blühen gegen Ende Frühling.
Insgesamt hat der Kunstprofessor 27 unterschiedliche europäische und 18 asiatische Pflaumensorten. 17 Arten von Kirschen, acht Aprikosen und 22 Pfirsiche runden sein Sortiment ab.
Die Bäume sind unter anderem schon in Museen ausgestellt worden.
Die beste Nachricht zum Schluss: Der Künstler verkauft die Bäume sogar. Bedingung dafür ist jedoch, dass er den Baum selber anliefert und einpflanzt. Van Aken will jeden Baum auch zweimal in den ersten drei Jahren besuchen. Europäische Kunden müssen dafür wohl tief in den Geldbeutel greifen.
Wer das aber macht, kann sich über ein besonderes Geschenk freuen: Käufer erhalten sogar noch ein Kunstwerk vom Professor auf dem genau aufgezeichnet ist, wie der eigene Baum gestaltet wurde. So dass später auch nachvollzogen werden kann, welche Obstsorte man sich gleich in den Mund schiebt.