Politik

Spanien will keine Troika, verschiebt Bailout auf November

Lesezeit: 2 min
08.09.2012 22:54
Spanien will keine Troika im Land und überlegt, eine Anfrage an die EU für einen Bailout erst nach den wichtigen Wahlen in Galizien am 21. Oktober zu stellen. Bis dahin werden weiter Schulden gemacht.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Spaniens Premier Mariano Rajoy will offenbar keinen Bailout beantragen. Wie die Zeitung El Economista berichtet, fürchtet Rajoy um den Sieg bei den Wahlen in Galizien. Diese Wahl findet am 21. Oktober statt. Die Spanier wollen die Troika-Sparkommissare (Men in Black – hier) nicht im Land haben, weil sie in Griechenland gesehen haben, dass die etablierten Parteien aufgerieben werden, wenn sie sich unter die operative Kuratel von Brüssel begeben (mehr hier). Auch wenn Goldman Sachs noch vor wenigen Tagen sicher war, dass Spanien am 14. September das Gesuch abgeben wird (hier), die Spanier scheinen offenbar eine andere Taktik zu verfolgen: Nach den jüngsten Draghi-Ankündigungen sind die Zinssätze für Spanien-Bonds deutlich gesunken. Mit den aktuellen Zinssätzen von 5 Prozent können die Spanier relativ ungefährdet weiter Schulden machen. Allerdings wird damit die Last der Refinanzierung in den kommenden Jahren noch drückender. Vor allem angesichts der anhaltenden Kapitalflucht ist das eine hochriskante Strategie (hier); sie ist jedoch verständlich, weil die Spanier erkannt haben, dass die Fehlkonstruktion des Euro sie aktuell in eine Depression zwingen würde (mehr zum Hintergrund - hier).

Die Spanier spekulieren aber auch darauf, dass die EZB ohnehin schon 200 Milliarden Euro aus den Südstaaten gekauft hat: Vermutlich wollen die Spanier bis zum letztmöglichen Zeitpunkt warten, damit sie harte Sparauflagen unter großem Druck verhandeln können – was es ihnen am Ende wieder leichter machen könnte, sich am Ende nicht mehr an die Sparauflagen zu halten.

Die EZB hat mit der Ankündigung ohnehin eher eine Anleitung zum Selbstmord vorgelegt: Sie sei, schreibt die FT, wie jemand, der sich die Pistole an den Kopf hält und droht abzudrücken. Wenn einmal Bonds gekauft werden, gibt es kein Zurück mehr für die EZB ohne schwere Verluste und die Gefahr der eigenen Pleite. Das haben die Spanier als erste erkannt – und lehnen sich nun entspannt zurück. Man habe keine Eile, heißt es aus Madrid (hier). Den Technokraten in Brüssel dürfte dagegen dämmern, dass sie mit dieser Variante nicht gerechnet hatten: Stell Dir vor es ist Bailout und keiner geht hin!


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
27.04.2024

Viele Anleger wollen an der Börse vermögend werden. Doch ist das wahrscheinlich - oder wie wird man tatsächlich reich?

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...