Politik

Einwanderung: Schweizer Politiker wollen Referendum aushebeln

Schweizer Politiker wollen die Einwanderungs-Beschränkungen für EU-Bürger rückgängig machen. Die Quoten waren im Februar per Volksentscheid beschlossen worden. Eine entsprechende Verfassungsänderung ist jedoch nicht mit den geltenden Verträgen zwischen der Schweiz und den EU-Ländern vereinbar. Eine Grundsatzabstimmung soll 2016 Klarheit über das Verhältnis der Schweizer zur EU bringen.
14.09.2014 01:03
Lesezeit: 1 min

Ein halbes Jahr nach dem Schweizer Referendum zur Masseneinwanderung, bei dem auch Einwanderungsquoten für EU-Ausländer beschlossen wurden, wollen die Nationalräte Grunder und Nordmann eine parlamentarische Initiative einreichen, um die Bestimmungen wieder aus der Verfassung zu streichen.

Die Schweizer Bundesverfassung soll demnach so angepasst werden, dass „die Schweiz weiterhin enge Beziehungen mit der EU unterhalten kann“, berichtet die Schweizer Sonntagszeitung.

Dazu müssten die jüngst in die Schweizer Verfassung geschriebenen Einwanderungskontingente wieder gestrichen werden, da sie die Freizügigkeit der EU-Bürger beschränken. Die Mehrheit der Schweizer hatten dies im Februar in einer Volksabstimmung entschieden. Der aktuelle Vertrag mit der EU müsste nun eigentlich entsprechend angepasst werden, denn die beschlossenen Kontingente sind mit der dort vereinbarten Personenfreizügigkeit nicht vereinbar. Doch die EU will sich auf eine Vertrags-Änderung nicht einlassen. Die Personenfreizügigkeit gehöre laut der EU zum unverhandelbaren Herzstück der Verträge mit der Schweiz. Die Gefahr besteht, dass durch eine einseitige Änderung die gesamten Verträge gekündigt werden könnten.

Politiker der SVP, die die Anti-Einwanderungs-Initiative gestartet hatte, kritisieren, man könne einen Volksentscheid nicht schon vor der Umsetzung wieder kippen. Grunder und Nordmann würden sich damit als „Anti-Demokraten und schlechte Verlierer“ outen.

Schon 2016 könnte daher ein erneuter Grundsatzentscheid über das künftige Verhältnis zu Europa bevorstehen, der in seiner Tragweite vergleichbar sei mit der Abstimmung zum Europäischen-Wirtschafts-Raum von 1992. Die Schweizer haben bereits siebenmal über verschiedene Verträge und die Beziehungen zu der EU abgestimmt.

Seit der erfolgreichen Initiative gegen die Masseneinwanderung herrscht zwischen der Schweiz und der EU Eiszeit. In wirtschaftlicher Hinsicht nimmt die EU bei neuen Gesetzen keine Rücksicht mehr auf Sonderrechte für die Schweiz. So würden Schweizer Produkte wie Käse und Schokolade diskriminiert, weil sie keine EU-Adresse angeben können, berichtet die Neue Züricher Zeitung. Die Schweiz sei demnach allerdings auf den gleichberechtigten Handel mit der EU angewiesen. Die langfristigen Aussichten für den Standort Schweiz würden durch die Initiative eingetrübt, so die NZZ.

Der genaue Inhalt der geplanten Grundsatz-Abstimmung steht noch nicht fest, einzelne Aspekte werden jedoch bereits diskutiert. Der Schweizer Bundespräsident Burkhalter wolle unter anderem das dynamische EU-Recht übernehmen und die Schweiz in letzter Instanz der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs unterstellen. Die Opposition ist jedoch strikt gegen mehr Macht für europäische Richter, sie sieht die Schweizer Souveränität gefährdet. SVP-Vize Blocher sagte zum Tagesanzeiger: „Wenn wir diese Abstimmung verlieren, sind wir am Ende in der EU.“

Den Zeitplan für die neue Abstimmung sieht die SVP als Versuch, ihre Initiative gegen die Masseneinwanderung und damit den Volkswillen zu unterminieren. Vor der neuen generellen Abstimmung bleibe kaum genug Zeit, die Änderungen aus der letzten Abstimmung an den EU-Verträgen überhaupt zu verhandeln.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...

DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...