Deutschland

Heimlicher Bailout für Daimler und Banken: Bund will EADS-Anteile kaufen

Weil der Daimler-Konzern keine privaten Abnehmer für seine Anteile am Rüstungskonzern EADS gefunden hat, springt Deutschland über die KfW ein und gewährt damit gleich auch noch der Deutschen Bank und der Allianz einen heimlichen Bailout. Es drohen weitere Milliarden-Risiken für den Steuerzahler, die schon bisher tatkräftig für das Überleben des Prestige-Unternehmens gesorgt haben.
12.09.2012 02:00
Lesezeit: 2 min

Der Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt, Peter Hintze, bestätigte am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters bei der ILA in Berlin, dass der Bund die Anteile von Daimler und dem Finanzkonsortium Dedalus übernehmen werde, und zwar möglichst in den kommenden Monaten. Daimler will 7,5 Prozent an EADS verkaufen. In diesem Fall muss der Bund aber auch den Anteil des Finanzkonsortiums Daedalus mitkaufen. Die Banken halten ebenfalls 4,5 Prozent. Es gibt nämlich eine Klausel, derzufolge die Banken aussteigen können, wenn Daimler die Lust verliert. Das ganze Geschäft soll über die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau abgewickelt werden. Die KfW hält jetzt bereits 3 Prozent.

Der Vorgang zeigt beispielhaft, wie man einen Bailout bewerkstelligen kann, ohne dass dies in der Öffentlichkeit bemerkt wird. Das Wirtschaftsministerium hatte sich in den vergangenen Monaten vergeblich bemüht, private Investoren für den Daimler-Anteil zu finden. Das Geschäft wird zwar vom Ministerium als „strategisch wichtig“ eingestuft. Aber besonders stabil scheint es nicht zu sein: Der Autokonzern Daimler hat Druck von seinen Aktionären, sich vom Geschäft zu trennen, weil es keine attraktive Rendite verspricht. Erst vor kurzem hatte EADS damit begonnen, die Rüstungssparte Cassidian umzustrukturieren. Der Grund: Wegen der Krise kürzen alle Staaten ihre Militärbudgets, weshalb die Aufträge zurückgehen. Selbst die KfW, der die undankbare Aufgabe zukommt, für den Bund die Anteile zu übernehmen, sperrt sich noch und fordert, dass der Bund die Garantien für die im Markt klar erkennbaren Risiken übernimmt.

Die Banken aus dem Daedalus Konsortium – unter anderem die Deutsche Bank und die Allianz – wollen die Chance nutzen und von ihrer Verkaufsoption Gebrauch machen. Damit würde der Bund Großaktionär in einem sehr unsicheres Geschäft. Daimler und die Banken gehören längst internationalen Investoren, für die es stets ein gutes Geschäft ist, schlechte Geschäfte dem deutschen Steuerzahler anzudrehen. Der Steuerzahler übernimmt damit zusätzlich zum europäischen Schuldentopf weitere Risiken eines wirtschaftlich fragwürdigen Projekts.

Zum Glück verfügt die Bundesrepublik Deutschland mit Peter Hintze über einen ausgesprochen kompetenten Luftfahrt-Experten: Als ehemaliger Pastor hat er besondere Kenntnisse in überirdischen Themen. Als solcher mischte er sich schon immer gern in die Unternehmenspolitik von EADS ein. Zuletzt sorgte ein Brief von Hintze an das EADS-Management im Frühjahr für Aufregung: Hintze forderte eine stärkere Mitsprache bei der Besetzung von EADS-Führungspositionen. Seine Begründung: Der Bund habe Airbus-Flugzeuge bestellt und solle daher auch im Unternehmen mitreden können. Tatsächlich hat EADS in Deutschland kaum nennenswertes Geschäft auf dem freien Markt gemacht: Die Wirtschaftswoche schrieb kürzlich, dass es vor allem Steuergelder waren, die EADS über Wasser hielten. Die Vergünstigungen reichen von „zinsgünstigen Krediten für neue Flugzeugmodelle der Zivilflugtochter Airbus über Großbestellungen für Waffensysteme bis zur Exportförderung wenn sich Mitglieder der Bundesregierung im Ausland für EADS-Produkte einsetzten”.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Wertekrieg: Warum es ökonomisch vernünftig ist, das Wort „Vielfalt“ zu streichen
29.04.2025

Von der internationalen Wirtschaftselite kaum beachtet, vollzieht sich derzeit in den USA eine tektonische Verschiebung – nicht in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Microsoft vollzieht leisen Rückzug aus China – Angst vor Trump-Sanktionen wächst
29.04.2025

Während sich die Spannungen zwischen den USA und China weiter zuspitzen, zieht sich ein globaler Technologieriese offenbar still und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Donald Trumps Zollhammer trifft Amazon – Prime-Day-Händler ziehen sich zurück
29.04.2025

Händler, die auf chinesische Produkte angewiesen sind, reagieren auf Trumps Zollpolitik mit einem Rückzug vom Prime Day 2025.

DWN
Politik
Politik Digitale Gesundheitsakte: Fortschritt mit Risiken
29.04.2025

Mit dem Start der elektronischen Patientenakte (ePA) wird der digitale Wandel im Gesundheitswesen in Deutschland konkret spürbar. Seit dem...

DWN
Politik
Politik Rubio drängt Lawrow: „Beenden Sie diesen sinnlosen Krieg“ – USA forcieren neue Friedensdynamik
29.04.2025

Die USA erhöhen den Druck auf Moskau: Rubio verlangt ein schnelles Ende des Ukraine-Krieges.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsches Wachstumspaket sorgt für Jubel – im Ausland
29.04.2025

Inmitten der weltwirtschaftlichen Unsicherheiten, angefacht durch Donald Trumps aggressiven Zollkurs gegenüber China, sorgt ausgerechnet...

DWN
Panorama
Panorama Fast alle haben in Spanien und Portugal wieder Strom
29.04.2025

Ein massiver Stromausfall stürzt die Iberische Halbinsel ins Chaos. Erst nach vielen Stunden können die meisten aufatmen. Eine wichtige...

DWN
Politik
Politik Kanada-Wahl: Liberale siegen knapp – Trump mischt sich ein
29.04.2025

Auf dem Wahlzettel stand Trump in Kanada nicht – trotzdem wirbelte der US-Präsident die Parlamentswahl im Nachbarland durcheinander. Den...