Finanzen

Greenspan lobt Peking wegen massiver Gold-Zukäufe

Der ehemalige Chef der Federal Reserve, Alan Greenspan, hat sich überraschend las Gold-Fan geoutet. Er deutet die massiven Ankäufe Chinas als Zeichen, dass Peking in Zeiten des Fiat-Geldes auf stabile Werte setze. Die Rückkehr zum Goldstandard erwartet Greenspan allerdings nicht.
06.10.2014 14:26
Lesezeit: 4 min

Im Finanzsystem spielt das Gold eine einzigartige und wichtige Rolle, schreibt der frühere Chef der Federal Reserve Alan Greenspan in einem Artikel mit dem Namen „Goldene Regel – Warum Peking kauft“. Greenspan schließt sich damit etwas überraschend der breiten globalen Riege an, die schon seit langem an der Nachhaltigkeit des ungedeckten Papiergelds zweifeln. 

„Wenn China einen relativ kleinen Teil seiner 4 Billionen Dollar Währungsreserven in Gold umwandeln würde, könnte die Währung des Landes eine unerwartete Stärke im heutigen internationalen Finanzsystem annehmen“, schreibt Greenspan im Magazin Foreign Affairs . Zudem könnte China auf diese Weise die USA als größten Gold-Besitzer ablösen. Schon heute ist das Land der mit Abstand größte Goldproduzent der Welt.

Die massenhafte Umwandlung von Dollar-Reserven in Gold würde „mit Sicherheit“ dazu führen, dass der Goldpreis in dieser Phase steigt, so Greenspan. Der Preis würde jedoch anschließend wieder fallen. Für China beinhalte die Umwandlung von Dollar-Reserven in Gold nur ein geringes finanzielles Risiko in Form von entgangenen Zinszahlungen und anfallenden Lagerkosten.

Greenspan erwartet keine Rückkehr zu einem Goldstandard. Dieser habe heute kaum Unterstützung. Doch auch in einer Welt der Fiat-Währungen und variabler Wechselkurse zwischen den Währungen sieht der frühere Zentralbanker Gold als einen wichtigen Vermögenswert.

Gold hat spezielle Eigenschaften, die keine andere Währung für sich beanspruchen kann, mit der möglichen Ausnahme von Silber. Seit mehr als zwei Jahrtausenden wird Gold praktisch unhinterfragt als Zahlungsmittel akzeptiert. Es benötigte niemals die Kreditbürgschaft einer dritten Partei.“

„Es werden keine Fragen gestellt, wenn Gold oder direkte Ansprüche auf Gold als Zahlungsmittel angeboten werden. Es war zum Beispiel die einzige Form der Zahlung, die Exporteure nach Deutschland akzeptierten, als der Zweite Weltkrieg sich dem Ende näherte.“

Heute beruht die Akzeptanz von Fiat-Geld – einer Währung, die nicht durch einen Vermögenswert von intrinsischem Wert gedeckt ist – auf der Kreditbürgschaft unabhängiger Staaten, die über die Macht verfügen, Steuern zu erheben, einer Garantie, die unter Krisenbedingungen nicht immer der universalen Akzeptanz des Goldes gleichgekommen ist.“

Wenn der Dollar oder irgendeine andere Währung zu allen Zeiten universell akzeptiert würden, sähen die Zentralbanken keine Notwendigkeit, überhaupt Gold zu halten. Die Tatsache, dass sie es tun, zeigt, dass solche Währungen kein universeller Ersatz [für Gold] sind.“

Unter den 30 entwickelten Staaten, die dem IWF Bericht erstatten, gibt es nur vier, deren Zentralbanken kein Gold in ihren Bilanzen haben. Zu Marktpreisen hatten diese Goldreserven zum 31. Dezember 2013 einen Wert von 762 Milliarden Dollar. Das sind rund 10,3 Prozent ihrer gesamten Währungsreserven. Zudem hält der IWF Gold im Wert von 117 Milliarden Dollar.

„Wenn Gold mit den Worten des britischen Ökonomen John Maynard Keynes ein barbarisches Relikt wäre, dann hätten die Zentralbanken rund um die Welt nicht so viel von einem Vermögenswert, dessen Ertrag einschließlich Lagerkosten negativ ist.“

Greenspan schreibt, dass die Entscheidungsträger immer wieder über den Verkauf des physischen Goldes der Zentralbanken nachgedacht haben.

„Im Jahr 1976 zum Beispiel nahm ich als Vorsitzender des Council of Economic Advisers an einem Gespräch teil, worin der damalige US-Finanzminister William Simon und der damalige Chef der Federal Reserve Arthur Burns sich mit Präsident Gerald Ford trafen, um Simons Empfehlung zu besprechen, dass die Vereinigten Staaten ihre 275 Millionen Unzen Gold verkaufen und die Erträge in zinsbringende Vermögenswerte investieren.“

Dabei sei Simon der Ansicht des Ökonomen Milton Friedman zu diesem Zeitpunkt gefolgt, so Greenspan. Simon habe argumentiert, dass Gold keinen nützlichen geldpolitischen Zweck mehr habe. Fed-Chef Burns hingegen sagte damals, dass Gold der ultimative Krisenschutz für den Dollar sei. Präsident Ford entschied damals, nichts zu tun. Daher halten die USA bis heute 261 Millionen Unzen Gold.

In den 1990er Jahren beschäftigte sich Greenspan erneut mit der Angelegenheit, nachdem der Goldpreis auf unter 300 Dollar eingebrochen war. Eines der regulären Treffen der Zentralbank-Chefs der G-10 hatte die Pläne europäischer Mitglieder zum Thema, die ihre Goldbestände reduzieren wollten.

„Doch sie waren sich im Klaren darüber, dass wenn sie beim Verkauf im Wettbewerb miteinander stehen, dies den Goldpreis noch weiter absenken könnte. Alle einigten sich auf ein Abkommen darüber, wer wie viel verkauft und wann.“

Die USA verkauften damals kein Gold. Das Abkommen wurde dieses Jahr erneuert. In einer Erklärung dazu sagte die EZB: „Gold bleibt ein wichtiges Element der globalen Währungsreserven.“

Unterdessen hat Peking offensichtlich keine ideologische Abneigung gegen das Halten von Gold. Von 1980 bis Ende 2002 hielten die chinesischen Behörden knapp 13 Millionen Unzen. Sie erhöhten ihre Bestände auf 19 Millionen Unzen im Dezember 2002, und auf 34 Millionen Unzen im April 2009.“

„Ende 2013 war China der fünftgrößte Gold-Besitzer der Welt hinter den USA (261 Millionen Unzen), Deutschland (109 Millionen Unzen), Italien (79 Millionen Unzen) und Frankreich (78 Millionen Unzen). Der IWF hält 90 Millionen Unzen.“

„Doch unabhängig davon, wie viel Gold China anhäuft, ein größeres Problem ist ungelöst: ob freie, unregulierte Kapitalmärkte mit einem autoritären Staat koexistieren können“, so Greenspan. China sei einen weiten Weg vorangekommen seit den frühen Initiativen des chinesischen Führers Deng Xiaoping.

China überholt dieses Jahr voraussichtlich die USA als stärkste Wirtschaft der Welt, gemessen an der Kaufkraft des BIP. Doch die starken Zuwächse der letzten Jahre sind laut Greenspan immer schwieriger aufrechtzuerhalten.

„Es scheint daher unwahrscheinlich, dass China in den unmittelbar bevorstehenden Jahren erfolgreich darin sein wird, die Vereinigten Staaten technologisch zu überholen, mehr aus politischen denn aus wirtschaftlichen Gründen.“

Eine Kultur, die politisch hoch konformistisch ist, lässt wenig Spielraum für unorthodoxes Denken. Doch definitionsgemäß erfordert Innovation, dass man die Grenzen des konventionellen Denkens verlässt, was immer schwer ist in einer Gesellschaft, welche die Freiheit des Sprechens und Handelns einschränkt.“

„Bis jetzt ist es Peking gelungen, eine gangbare und weitgehend stabile Gesellschaft aufrechtzuerhalten, vor allem weil die politischen Beschränkungen eines Einparteienstaates ausgeglichen wurden durch das Maß, in dem der Staat wirtschaftlichen Wachstum und materiellen Wohlstand liefert. Doch in den kommenden Jahren ist dies wahrscheinlich weniger der Fall, wenn Chinas Wachstumsraten sich verlangsamen und seine Wettbewerbsvorteile sich verringern.“

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