Einige Kandidaten für die neue EU-Kommission sind am Montag im Europaparlament heftig unter Beschuss geraten. Die designierte Vizepräsidentin der EU-Kommission für die Energieunion, die Slowenin Alenka Bratusek, musste sich bei ihrer Anhörung in Brüssel gegen Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit ihrer Nominierung verteidigen. Ein anderer designierter EU-Kommissar, der Ungar Tibor Navracsics, fiel am Abend im Kulturausschuss des Parlaments durch: Die Abgeordneten akzeptieren ihn zwar als künftigen EU-Kommissar, wollen ihn aber nicht im Kulturressort sehen.
Maßgeblich ist die Abstimmung des Parlaments über das gesamte Personalpaket. Wegen der von den Abgeordneten geäußerten Kritik könnte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einem Kandidaten eine andere Aufgabe zuweisen oder ihn ersetzen. Allerdings ist er dabei von den EU-Regierungen abhängig, die die Kandidaten nominieren.
Mehrfach musste Bratusek dem Vorwurf der Selbst-Nominierung entgegentreten. Die Kritik lautet, dass sie sich - damals noch geschäftsführend im Amt - de facto selbst für das Brüsseler Amt nominiert habe. Die inzwischen abgewählte Ministerpräsidentin Sloweniens sagte, man habe EU-Kommissionspräsident Juncker mehrere Namen geschickt. «Auf dieser Kurzliste standen drei Namen, darunter auch meiner. Die letzte Entscheidung wurde von Präsident Juncker getroffen. Das sind die Fakten.» Die Parlamentarier warfen ihr zudem fehlendes Wissen in ihrem Ressort vor.
Als prominentester Wackelkandidat gilt der für das Finanzmarkt-Ressort nominierte Brite Jonathan Hill. Er muss sich an diesem Dienstag einer weiteren Anhörung stellen. Weitere fachlich kritisierte Kandidaten sind der Franzose Pierre Moscovici (Wirtschaft und Finanzen) sowie die für das Justizressort vorgeschlagene Vera Jourova aus Tschechien. Der Spanier Miguel Arias Cañete (Energie und Klima) steht wegen Verbindungen seiner Familie zur Ölindustrie in der Kritik.
Die designierte EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini warf der russischen Führung vor, gegenüber osteuropäischen Staaten Stimmung gegen Europa zu machen. «Ich denke, die Russen versuchen zu vermitteln, dass die Entscheidung für Europa schlecht für die Menschen in diesen Ländern ist», sagte die Italienerin bei ihrer Anhörung am Abend. Als Beispiele nannte sie Moldau, Georgien und die Ukraine.
Am Montag stellte sich auch der designierte Vizepräsident der EU-Kommission für den Euro und den sozialen Dialog, Valdis Dombrovskis, den Fragen der EU-Parlamentarier. Zum Thema Rettung von Euroländern vor der Pleite sagte der konservative frühere lettische Regierungschef, künftig müsse auch die soziale Lage der Bevölkerung berücksichtigt werden.
Mit Blick auf die umstrittene Geldgeber-Troika sagte Dombrovskis: «In Zukunft müssen wir das demokratischer legitimieren.» Man müsse die Auswirkungen auf die Beschäftigung und die soziale Lage der Menschen berücksichtigen. Die Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) war nach Einsätzen in Griechenland oder Zypern in die Kritik geraten. Das Europaparlament hatte mehrfach die fehlende demokratische Kontrolle der Troika bemängelt.