Politik

Celle, Hamburg, Stuttgart: Schwere Ausschreitungen zwischen Kurden und Islamisten

Lesezeit: 2 min
08.10.2014 21:19
In Hamburg und Celle ist es bei Demonstrationen zu Massenschlägereien zwischen Kurden und Islamisten gekommen. Die Polizei ging gegen die Randalierer mit Wasserwerfern und Schlagstöcken vor.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Islamisten sind in Hamburg und Celle mindestens 23 Menschen teils schwer verletzt worden. Dutzende Verdächtige wurden vorübergehend festgesetzt.

Die Polizei in Celle unterband die Zusammenstöße in der Nacht zum Mittwoch mit Schlagstöcken und Pfefferspray, in Hamburg kamen Wasserwerfer zum Einsatz. Hintergrund der Gewalt sind Proteste von Kurden gegen den Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf die eingekesselte kurdische Stadt Kobane in Syrien.

In Hamburg standen sich im Stadtteil St. Georg jeweils rund 400 Kurden und Islamisten aus der Salafisten-Szene gegenüber. Beide Gruppen waren zum Teil mit Schlagstöcken, Metallstangen und Messern bewaffnet. Es sei «ausgesprochen gewalttätig» gewesen, schilderte ein dpa-Fotograf. Laut Polizei ist unklar, welche Seite zuerst angriff.

Den Beamten gelang es erst mit Hilfe von Wasserwerfern, die Gruppen abzudrängen. Doch kam es zu Auseinandersetzungen zwischen kleineren Gruppen andernorts. Dabei wurden mindestens 14 Menschen verletzt, 4 von ihnen schwer. 22 Menschen kamen in Hamburg in Polizeigewahrsam, wurden aber später am Abend entlassen. Die Polizisten stellten Schlag- und Stichwaffen sicher. Erst am frühen Morgen beruhigte sich die Lage.

Am Dienstagnachmittag hatten zuvor etwa 500 Kurden in der Hamburger Innenstadt friedlich Solidarität mit den vom IS bedrängten Menschen in der umkämpften syrisch-türkischen Grenzstadt Kobane gefordert. Anschließend blockierte aber eine Gruppe von etwa 80 Kurden für etwa eine Stunde bis gegen 18.00 Uhr mehrere Gleise am Hamburger Bahnhof.

In Celle kam es nachts zu Ausschreitungen zwischen rund 400 jesidischen Kurden und muslimischen Tschetschenen. Nur mit mehreren Hundert Beamten gelang es der Polizei, eine Massenschlägerei wie am Vorabend zu verhindern. Wie ein Sprecher der Polizei sagte, versuchten beide Seiten dennoch, mit Knüppeln, Flaschen und Steinen aufeinander loszugehen und die Polizeiketten zu durchbrechen. Dabei wurden vier Beamte und fünf Teilnehmer verletzt.

Zu dem Gewaltausbruch kam es trotz mehrerer Schlichtungsversuche von Vertretern beider Lager gemeinsam mit dem Oberbürgermeister und der Polizei. Aufrufe radikaler Islamisten befeuerten den Konflikt nach Angaben der Stadt Celle zusätzlich. Über soziale Medien habe unter anderem der islamistische Prediger Pierre Vogel dazu aufgerufen, den Muslimen zur Hilfe zu eilen, teilte eine Sprecherin mit.

Auslöser der Auseinandersetzungen am Montag- und Dienstagabend sei zunächst ein banaler Streit zwischen jungen Leuten gewesen, berichtete sie. Dies sagte auch der Vertreter des jesidischen Zentrums in Celle, Pashin Ipek, der Nachrichtenagentur dpa.

Auch in Stuttgart wurden Polizisten bei Kurden-Demonstrationen am Dienstag mit Steinen und Flaschen beworfen, wie das Innenministerium mitteilte. Ein Polizist sei dabei leicht verletzt worden. Zunächst hatten rund 100 Kurden eine Straße versperrt und Autofahrer provoziert. Unter den Blockierern seien auch etwa 20 Angehörige der linksextremistischen Szene und vermummte Demonstranten gewesen.

Am Mittwochabend gingen in Stuttgart und anderen deutschen Städten erneut Kurden auf die Straße. In Bielefeld besetzten mehr als 30 junge Kurden vorübergehend die SPD-Geschäftsstelle, um gegen die «Barbarei» der Terrormiliz IS zu protestieren.

Das Bundesinnenministerium verwies auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa darauf, dass die überwiegende Mehrzahl der Kurden-Proteste bislang friedlich verlaufen sei. «Die Vorfälle in Hamburg und Celle betrachten wir jedoch mit Sorge», sagte eine Sprecherin. «Die Lage in Deutschland hängt ganz entscheidend von der Lage in Syrien und im Irak ab. Bund und Länder stehen in einem engen Austausch, um trotz des hohen Emotionalisierungsgrades auch weiterhin ein im wesentlichen friedliches Protestgeschehen zu gewährleisten.»


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...