Ein Beispiel ist dafür die Entwicklung Italien. Dort hat seit Beginn der 1990er Jahre im Zuge der chaotischen politischen Verhältnisse in Rom – unser Guido weiß diesbezüglich ja Bescheid (Stichwort: spätrömische Dekadenz) – die Lega Nord (mehr hier) immer mehr Anhänger gewonnen, die letztendlich eine Landespaltung der Nordprovinzen in einen Staat Padanien zum Ziel hat (mehr hier). Jetzt regen sich zusätzlich Kräfte in Südtirol, die für einen Freistaat Südtirol sich im Zuge der Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker aussprechen (mehr hier). Dieser könnte sich womöglich wieder an Österreich anschließen wollen. Die Grenzen der Mitgliedsstaaten der EU könnten dadurch ins Wanken geraten.
Belgien ein Land am Rande der Spaltung
Ein weiterer Fall für die zunehmenden Sezessionstendenzen innerhalb Europas liefert Belgien. Dort stehen sich die französischen sprachigen Wallonen und die niederländisch sprachigen Flamen immer unversöhnlich gegenüber. Auch hier spielt das Wohlstandsgefälle eine entscheidende Rolle. Wegen der abnehmenden Bereitschaft der Flamen dauerhaft in einer Transferunion mit dem ärmeren Wallonien zu leben, sinkt die Bereitschaft eine gemeinsame Staatlichkeit aufrechtzuerhalten. Das führte zuletzt dazu, dass rund eineinhalb Jahre keine Regierungsbildung zustande kam.
Erst zu Beginn diesen Monats gelang es eine belgische Regierung durch Parlament zu bringen (mehr dazu). Die flämische Separatistenpartei N-VA (mehr hier) bleibt in der neuen Regierung außen vor – obwohl sie im Parlament die meisten Sitze hat (mehr hier). Da Belgien neben Italien und Griechenland eines das am höchsten verschuldeten EU-Länder ist, könnte sich dieser Konflikt weiter zuspitzen. Der greise König Albert kann wenig ausrichten, um sein Reich noch zusammenzuhalten (mehr dazu). Der Konflikt dürfte sich weiter zuspitzen, wenn die Finanzkrise Belgiens an Fahrt aufnimmt. Schließlich ist Belgien geradeerst von Moody’s und Fitch herabgestuft bzw. unter verschärfte Beobachtung gestellt worden (mehr hier). Was passiert, wenn Belgien sich am Kapitalmarkt nicht mehr günstig seine hohe Staatsverschuldung refinanzieren kann, ist völlig offen.
Spanien und der Separatismus der Katalanen und Basken
Spanien lebt ebenfalls seit Jahrzehnten mit starken separatistischen Strömungen, die auch durch ein Wohlstandsgefälle zwischen den wohlhabenderen Regionen der Basken (mehr dazu) und Katalanen (mehr dazu) wesentlich mit beeinflusst worden ist. Auch hier spielt die Frage, ob man dauerhaft eine Transferunion mit den ärmeren Regionen Spaniens aufrechterhalten will, eine zentrale Rolle. Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise brechen diese alten Wunden wieder auf.
Europa ist voll von solchen Krisenherden
Die Liste lässt sich ohne große Schwierigkeiten erweitern (mehr hier). Wie der Zerfall der ehemaligen Sowjetunion eindrucksvoll vorgeführt hat (mehr hier), führte der wirtschaftliche und politische Kollaps der Sowjetunion unter Michael Gorbatschow dazu, dass zahlreiche Landesteile mit einer eigenen kulturellen und historischen Geschichte sich von Russland lösten. Insgesamt dreizehn Abspaltungen fanden sukzessive statt (mehr hier).
In Jugoslawien endete zuvor dessen Aufspaltung in einer Folge von Bürgerkriegen (mehr dazu). Die Tschechoslowakei zerbrach ebenfalls (mehr hier). Immer wieder spielte die Frage der unterschiedlichen Wohlstandsverhältnisse eine wichtige Rolle neben den sprachlichen, kulturellen und historischen Unterschieden. Mithin könnte ein Ende der Eurozone einen vergleichbaren Prozess der Neuordnung der Landkarte im Zuge eines grassierenden Wohlstandsseparatismus auslösen. Es steht mithin viel auf dem Spiel.
Vereinigte Staaten von Europa?
Statt der romantisch verklärten Vereinigten Staaten von Europa (mehr hier) könnte genau das Gegenteil im Zuge einer erzwungenen Transferunion die Folge sein. Es gibt sogar einen wirtschaftstheoretischen Erklärungsansatz dafür. So haben Alberto Alesina und Enrico Spolaore in ihrem Buch: The Size of Nations (mehr hier) die Frage untersucht, wann eine Integration oder Desintegration aufgrund ökonomischer Interessen auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts der Völker eintreten kann. Belsazar sah auch die Zeichen „mene, mene tequel ufarsin“ an der Wand und konnte sie nicht deuten (mehr hier). Hoffentlich begreifen die von einer Transferunion besoffenen deutschen Politiker was sie mit ihrem Gerede eigentlich anrichten (mehr hier). Sie legen die Lunte an eine tickende Bombe der Spaltung der Wirtschafts- und Währungsunion und nicht zu deren Erhalt. Die Politik in Europa ist viel zu schwach, um eine solche Entwicklung aufhalten zu können.