Die Franzosen sind die großen Sieger des jüngsten Umbaus in der Europäischen Zentralbank - die Deutschen die klaren Verlierer.
Benoit Coeuré bekommt nach dem Umbau im mächtigen EZB-Direktorium mehr Einfluss. Der jüngste der sechs EZB-Direktoren wird künftig auch für den wichtigen Bereich "Internationale und europäische Beziehungen" verantwortlich sein, teilte die EZB am Dienstag in Frankfurt mit. Er ist damit Nachfolger von Jörg Asmussen als "Außenminister" der Europäischen Zentralbank (EZB).
Nun hat Asmussen zwar als Außenminister von Draghi nichts anderes getan und gesagt als Draghi auch und insofern die deutsche Position nicht vertreten. Doch rein theoretisch hätte die massive Politik des Gelddruckens, die die EZB nunmehr seit Jahren verfolgt, bei einem deutschen Vertreter wenigstens das Gefühl auslösen müssen, dass er "contre coeur" spricht. Coeuré dagegen wird dafür sorgen, dass die französische Linie in Europa mehr Beachtung findet: Die bestand, was die Geldpolitik betrifft, im in Inflation und Währungsreformen - um die Schuldenpolitik der Regierungen in Paris zu unterstützen.
Coeuré behält dabei die Hoheit über den Bereich "Marktoperationen", ist also weiterhin für die konkrete Umsetzung der Geldpolitik zuständig.
Asmussens deutsche Nachfolgerin Sabine Lautenschläger wird künftig im EZB-Direktorium erwartungsgemäß für die Aufsicht über die Banken in der Euro-Zone zuständig sein. Die 49-jährige frühere Vizepräsidentin der Bundesbank ist international geschätzt, gilt jedoch nicht als besonders einflussreich. Sie will nun gemeinsam mit der Französin Daniele Nouy die unter dem Dach der EZB entstehende Aufsicht über die Banken der Euro-Zone aufbauen und leiten. Formal ist Nouy die Vorsitzende des Gremiums, Lautenschläger ihre Stellvertreterin.
Das Problem der Bankenaufsicht in Europa: Sie ist ein bürokratisches Monster, eine Totgeburt, viel zu kompliziert und wird daher immer erst Alarm schlagen können, wenn es zu spät ist.
EZB-Chefvolkswirt bleibt der Belgier Peter Praet. EZB-Vizepräsident Vitor Constancio verliert zwar seine bisherige Zuständigkeit für den Aufbau der Bankenaufsicht an Lautenschläger, ist aber weiterhin für den wichtigen Bereich Finanzstabilität verantwortlich.
Ein Belgier als Chefvolkswirt und ein Portugiese als Mann der Finanzstabilität - das hat schon was.
EZB-Präsident Mario Draghi behält neben seinen Repräsentationsaufgaben und der Leitung der Sitzungen des für die Geldpolitik entscheidenden EZB-Rats das Ressort Kommunikation. Der Luxemburger Yves Mersch bleibt zuständig für Banknoten und Risikomanagement. Mersch ist ein wichtiger Mann: Er wurde von Jean-Claude Juncker in das Direktorium hineinreklamiert. Luxemburg ist das El Dorado der Banken. Sie versprechen sich von der möglichen Ernennung Junckers zum EU-Kommissionspräsidenten eine berechenbare Linie von EU und EZB.
Das EZB-Direktorium ist seit Gründung der EZB auch Spielball nationaler Interessen und Machtspiele. Seit Mitte 1998 gehören dem Führungsteam der EZB stets je ein Vertreter aus Deutschland, Frankreich und Italien an. Für Deutschland waren vor Asmussen die beiden früheren Chefökonomen Otmar Issing und Jürgen Stark dort vertreten. Dass Draghi nach dem Rücktritt Starks mit Peter Praet erstmals einen nicht von Deutschland entsandten Chefökonomen berief, hatte noch für einen Aufschrei gesorgt.
Nun, da die Deutschen in der EZB zur Bedeutungslosigkeit degradiert sind, herrscht Schweigen in Berlin.
Jedenfalls fehlen der EZB die kritischen Stimmen der Deutschen.
Man wird ihr Fehlen auch bald in Europa bemerken.