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Bürgerinitiative: Beschwerde gegen das ZDF wegen Ukraine-Bericht

Lesezeit: 2 min
16.02.2015 01:20
Das ZDF gerät erneut in die Kritik aufgrund der Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt. Eine Meldung über das vermeintliche Eindringen von 50 russischen Panzern in die Ostukraine wurde mit einem alten Foto versehen. Die Ständige Publikumskonferenz hat daraufhin formal Beschwerde erhoben.
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Eine Meldung über das vermeintliche Eindringen von 50 russischen Panzern in die Ostukraine wurde vom ZDF mit einem alten Foto versehen. Die Ständige Publikumskonferenz hat daraufhin formal Beschwerde erhoben:

Beim Beitrag Liveblog: Kiew meldet 50 russische Panzer vom 12. Februar 2015 soll als Beweis ein Foto mit folgender Bildunterschrift dienen:

„In der Nacht zu Donnerstag hätten die Truppen zudem etwa 40 Raketensysteme sowie ebenso viele gepanzerte Fahrzeuge über den Kontrollpunkt Iswarine in die Region Luhansk gebracht, sagte der ukrainische Armeesprecher Andrej Lyssenko in Kiew.“ (Quelle: ZDF/imago)

Das für den Beitrag verwendete Foto fand allerdings bereits innerhalb eines koreanischen Blogbeitrages aus dem Jahr 2009 Verwendung, in dem über russische Truppen in Georgien berichtet wurde, fand die Ständige Publikumskonferenz heraus.

„Auch wenn das Fehlen echten Bildmaterials zur Untermauerung von Verdachtsmomenten ein echtes Dilemma für Nachrichtengeber darstellt, wäre es interessant zu wissen, warum wiederholt auf Bildmaterial zurückgegriffen wird, welches mit der Nachricht in keinem Zusammenhang steht, jedoch offenbar die im Beitrag enthaltene Mutmaßung Dritter vom „Eindringen gepanzerter Fahrzeuge“ beglaubigen soll“, heißt es in der Beschwerde.

„Die Ukraine-Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien ist der Gipfel der Bigotterie. Das ist wirklich nicht mehr ernst zu nehmen. Warum können die Verantwortlichen Fehler nicht einfach zugeben?“, sagt Maren Müller zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Sie hat mit Freunden und Bekannten den Verein „Ständige Publikumskonferenz“ gegründet, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, eine Kontroll- und Beschwerdeinstanz für die öffentlich-rechtlichen Medien zu sein.

Die Betriebswirtin, die selbst im MDR gearbeitet hatte, kennt zahlreiche Beispiele für nicht korrekte Berichterstattung: Etwa den Umgang der ARD mit einem falschen Bericht über die Erschießung zweier Zivilisten an. Die Tagesthemen zogen im Oktober einen Bericht vom 20. Mai 2014 zurück. Darin hatte Moskau-Korrespondent Udo Lielischkies unter anderem über den Tod von zwei Anwohnern in Krasnoarmeysk im Osten der Ukraine berichtet. Diese seien durch die „Kugeln der neuen Machthaber“ gestorben. Der Korrespondent hat diese Darstellung nach erneuter Recherche nun korrigiert, teilte ARD-aktuell mit. Kai Gniffke, Erster Chefredakteur von ARD-aktuell, dazu: „Wir nehmen den Fehler sehr ernst. Dieser wurde aufgrund der Eingabe eines Zuschauers entdeckt.“

„Es ist absurd zu behaupten, dass ein Zuschauer, den Fehler entdeckte, denn es waren zig Beschwerden, die bei uns eingegangen sind“, so Müller den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Sie kritisiert die Kritikunfähigkeit der Journalisten: „Das ist wohl die einzige Berufsgruppe der Welt, die nie einen Fehler macht“.

Die Fehler passieren ihrer Meinung nach aufgrund des Zeitdrucks, unter dem die Redakteure stehen. Zudem sieht Müller eine gefährliche Nähe zwischen Regierungslinie und der Berichterstattung in den Öffentlich-Rechtlichen: „In den Medien wird ein prowestlicher Kurs verfolgt“.

Die Kritik an der Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender kommt nicht nur vor der Publikumskonferenz, sondern auch von Profis aus dem eigenen Haus: Die langjährige Moskau-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz hatte bereits vor einigen Monaten auf die Defizite in der Berichterstattung hingewiesen. Immerhin wurde sie vom Medien-Magazin Zapp interviewt, und das NDR-Magazin hat das Interview auch in voller Länger im Internet veröffentlicht (siehe das bemerkenswerte Gespräch am Anfang des Artikels).

Doch gefruchtet hat die Kritik bisher offenbar wenig, wie der jüngste Zwischenfall zeigt.

Auf der Internet-Seite der Ständigen Publikumskonferenz können Programmbeschwerden gemeldet werden. Das Team um Müller prüft die Vorwürfe und gibt diese an die Sender weiter. Diese wiederum müssen sich zu solchen Beschwerden äußern und antworten – in der Fachsprache heißt das „formalrechtlich abhelfen“.

Der Anlass, die Plattform zu gründen, war eine Sendung mit Markus Lanz im Januar 2014, als er Sahra Wagenknecht äußerst hart anging. Maren Müller verfolgte auf Twitter die Zuschauer-Reaktionen zur Sendung, die sich in Kritik über die Vorgehensweise des Moderators überschlugen. Sie wollte nicht, dass die Beurteilungen im „Nirvana verpuffen“ und kam so auf die Idee, einen Ort anzubieten, an dem die Kritik gebündelt werden kann.

Aktuell liegen mehr als 100 Beschwerden zur Überprüfung bei der Ständigen Publikumskonferenz. Einen Überblick über bereits erledigte Vorgänge und die jeweilige Beantwortung der Sender kann hier eingesehen werden.


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