Finanzen

EZB plant Anleihenkäufe für 50 Milliarden Euro monatlich

Die EZB will Staatsanleihen für mindestens 600 Milliarden Euro kaufen, berichten mehrere Medien. Damit läge die EZB am oberen Ende der Erwartungen. Die Details stehen noch nicht fest. Das Programm soll jedoch im März beginnen.
21.01.2015 21:16
Lesezeit: 3 min

Die Europäische Zentralbank (EZB) erwägt nach Berichten des "Wall Street Journal" und der FT zufolge den Ankauf von Anleihen im Volumen von rund 50 Milliarden Euro pro Monat. Die Käufe sollen mindestens über ein Jahr andauern, wie die Zeitung am Mittwoch unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen berichtete. Das EZB-Direktorium habe Dienstag über diesen Vorschlag beraten, der dann als Vorlage für die Diskussionen im EZB-Rat am Donnerstag dienen solle. Die endgültigen Zahlen könnten sich allerdings noch ändern.

Die EZB lehnte eine Stellungnahme zu dem Bericht ab. Der Nachrichtenagentur "Bloomberg" zufolge sollen die Anleihen-Käufe nicht vor dem März starten.

Die Banken freuen sich bereits auf die bevorstehende Geldschwemme der EZB. Denn die Aussicht auf die neue Geldschwemme treibt den Aktienindex Dax auf neue Rekordwerte.

Seit sich Mario Draghi dazu bekannt hat, alles zu tun, um den Euro zu schützen und eine erneute Geldschwemme mittels „Quantitative Easing“ (QE) ankündigte, schossen die Spekulationen ins Kraut, in welchem Umfang er die Druckerpresse anwerfen würde.

Über das Volumen der Anleihekäufe durch die EZB gibt es unterschiedliche Prognosen. Sie reichen von 500 bis 1.000 Milliarden Euro.

Nachdem ein negativer Einlagezins sowie das LTRO-Programm für die Banken in 2011 und 2012 in Höhe von rund einer Billion Euro mitnichten dazu führten, dass Geschäftsbanken in den Krisenländer vermehrt Kredite an Unternehmen und Konsumenten auszureichen, soll es nun eine neues Staatsanleihen-Ankaufprogramm richten. Ein weiteres Argument der EZB lautet, damit solle eine sich abzeichnende Deflation im Euroraum bekämpft werden. Auch hatte die EZB erklärt, sie müsse wegen des extrem niedrigen Leit-Zinses von 0,05 Prozent nun zu außergewöhnlichen Mitteln greifen.

Dabei sind die Risiken und Nebenwirkungen längst ausgemacht. Die EZB laufe Gefahr, künftig in noch mehr politische Krisen hineingezogen zu werden: Wann immer in einem Land das Geld knapp zu werden drohe, könnte der Ruf nach der Notenbank erschallen, erklärte die Volkswirtschaftlerin Elga Bartsch bei der Investmentbank Morgan Stanley.

Modellrechnungen gehen davon aus, dass bei einem Kaufprogramm von einer Billion Euro die Inflation und Wirtschaftsleistung nur um 0,4 Prozentpunkte ansteigen. Wollte Draghi die Inflationsrate von 2 Prozent erreichen, müsste nach Expertenmeinung die EZB ihre Bilanz um 2.300 Milliarden Euro aufblasen. Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut, einer der hartnäckigsten Gegner Draghis, sagte am Montag, durch das Bail-out würde den schwächeren Staaten in der Eurozone aus der Patsche geholfen. Durch die sich ergebende Lastenteilung blieben die deutschen Steuerzahler nicht verschont.

Zentralbanken in Griechenland, Irland und Zypern hätten bereits ELA-Kredite weit über die „normalen Grenzen“ hinaus angefordert und demnach bereits Gelder vom EZB-System geliehen. Das neue Programm könne die kollektive Belastung weiter erhöhen. „Das Ergebnis ist, dass wir verantwortlich sind, weil wir [den Ländern] Darlehen über das EZB-System mittels des Kaufs von Staatsanleihen geben. Und wenn die Zentralbanken selbst pleite sind, können sie die Darlehen nicht mehr bezahlen“, so Sinn in der Financial Times. Auch könne eine in Schwierigkeiten geratene Regierung einer bankrotten Zentralbank nicht zu Hilfe kommen. „Wenn der Staat pleite ist, kann er nicht für die nationale Zentralbank einspringen“, erklärte Sinn.

Nachdem auch in Deutschland Kritik am bevorstehenden QE-Programm deutlich wurde, und selbst Merkel und Schäuble – laut der Financial Times – auf Distanz zum QE-Programm gehen, hatte Draghi offenbar in der vergangenen Woche bei einem Besuch in Berlin vorgeschlagen, das QE-Programm zu splitten. Denn die deutsche Bevölkerung treibt die Sorge um, dass sie am Ende für die hohen Schulden der anderen Länder geradestehen müssen. Bei einem Ausfall von Staatsanleihen, die von der EZB gekauft werden, ist Deutschland mit 25 Prozent dabei.

So sollen auch die jeweiligen Notenbanken der Krisen-Länder ihre eigenen Staatsanleihen aufkaufen. Demnach sollen Verluste, die aus diesen Käufen entstehen, die jeweiligen Zentralbanken der Länder selbst tragen – und nicht wie bisher – von allen gemeinsam. Für die Risiken würden also die Notenbanken dieser Länder selbst haften. Wenn allerdings, wie Hans-Werner Sinn feststellt, die Notenbank eines Euro-Landes in Schieflage ist, wird es alternativlos sein, diese zu retten.

Am Donnerstag wird Draghi sein QE-Programm verkünden. Es dürfte auf einen Mix hinauslaufen. Einen Teil der Staatsanleihen kauft die EZB. Ein Volumen von 500 bis 700 Milliarden Euro gilt als realistisch. Ein entsprechender weiterer Teil soll von den jeweiligen Notenbanken der Krisenstaaten gestemmt werden. So will man Kritikern aus den nordeuropäischen Ländern den Wind aus den Segeln nehmen.

Darüber hinaus werden 250 Milliarden Euro andere Wertpapierkäufe erwartet, etwa Anleihen von internationalen Finanz-Agenturen, Unternehmen und internationalen Banken.

Unterm Strich bleibt: Die Banken in den Krisenländern sind ihre bisher gehaltenen Staatsanleihen los. Und bereit für den neuerlichen Ankauf von Kreditpapieren ihrer Regierungen.

Allerdings ist anzunehmen, dass mit Draghis Vorschlag ein Umweg gesucht wird, um in weiteren Schritten die Ankäufe der EZB nach und nach auszuweiten.

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