Politik

EU und Griechenland: Annäherung bei Schulden-Schnitt

Lesezeit: 2 min
13.02.2015 16:24
Die EU und Griechenland verhandeln über den Schuldenschnitt. Es scheint nur noch darum zu gehen, wie dieser verkauft werden soll, so dass beide Seiten ihre Gesichter wahren. Am Rande des EU-Gipfels signalisierte Eurogruppenchef Dijsselbloem eine Übereinkunft mit der griechischen Regierung. Die EU wird Griechenland voraussichtlich nicht in den „Grexit“ schicken.
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Die griechische Regierung hat für die Verhandlungen mit ihren Gläubigern erneut einen Schuldenerlass ins Spiel gebracht. Finanzminister Yanis Varoufakis sagte in einem am Freitag veröffentlichten Spiegel-Interview, er verstehe, dass die Bundesregierung das Wort „Schuldenschnitt“ vermeiden wolle: „Tatsächlich wäre ein solcher besser und am Ende für die Gläubiger sogar günstiger als eine Verlängerung der Kredite.“ Jeder wisse, dass Griechenland seine derzeitige Schuldenlast ohne einen neuen Vertrag niemals werde tragen können.

Am Montag verhandeln die Euro-Finanzminister erneut über die finanzielle Zukunft des überschuldeten Landes.

In den Tagen und Wochen nach der Wahl in Griechenland lagen folgende Forderungen seitens der griechischen Regierung vor:

- Aufkündigung der Zusammenarbeit mit der Troika.

- Forderung nach nochmaliger Erhöhung der „T-Bills“ – kurzlaufender Staatsanleihen – von derzeit 15 auf 23 oder 25 Milliarden Euro für sechs Monate. Dies wurde bisher von der EZB abgelehnt.

- Forderung nach der Reserve von 11,5 Milliarden Euro für den griechischen Staatshaushalt, die noch aus dem griechischen "Bankenrettungsfonds" (Hellenic Financial Stability Fund) vorhanden sind. Hier müssten die Euro-Mitglieder zustimmen sowie vier Parlamente in Deutschland, Finnland und den Niederlanden.

- Forderung nach den 7,3 Milliarden Euro, die noch aus dem IWF-Programm ausstehen, jedoch ohne die bisherige Konditionalität.

Nachdem die griechische Regierung die Troika gewissermaßen vor die Tür gesetzt hat, wird es ein anderes Gremium für weitere Kontrollen geben. Das neue Gremium wird offiziell in „Institution“ umbenannt.

- Forderung nach Reduzierung des Primärüberschusses (wie bisher vereinbart) von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ab 2016 auf 1,5 oder 1 Prozent.

Der Primärüberschuss sollte ursprünglich für Zinszahlungen und den Abbau der Schulden verwendet werden. Sollte sich die griechische Regierung hier durchsetzen, bleibt kein Spielraum für Zinsen und Schuldenabbau. Deshalb fordert die griechische Regierung eine Umschuldung: Alte Schulden sollen in neue Schulden verwandelt werden, sogenannter „Swap“. Die Eurogruppe hatte ihre Bereitschaft zu einer erneuten Umschuldung bereits signalisiert. Ein Schuldenschnitt über 100 Milliarden Euro, den die von der griechischen Regierung mit der Umschuldung beauftragte US-Investmentbank Lazard forderte, dürfte jedoch Wunschdenken bleiben.

- Forderung nach einer Brückenfinanzierung ohne Konditionalität: Griechenland drängt auf einen 10 Milliarden Euro „Überbrückungskredit“, der es der Regierung erlaubt, einen neuen Plan für die Tragfähigkeit der griechischen Finanzen vorzulegen, wie Bloomberg meldet.

Darüber hinaus möchte die griechische Regierung 9.500 entlassene Staatsdiener wieder einstellen. Jedoch soll dies kontinuierlich geschehen, indem für 10 Staatsdiener, die in die Pension entlassen werden, ein jeweils neuer „alter“ eingestellt wird.

- Forderung nach Umsetzung von nur 70 Prozent der bisher mit der Troika vereinbarten Reformen. Welche der restlichen 30 Prozent der Reformen dies sein sollen, wurde bisher nicht erläutert.

Indessen wurde bekannt, dass die ELA-Kredite der EZB erneut um 5 Milliarden Euro auf jetzt rund 65 Milliarden Euro erhöht werden. Die EZB gab hierfür grünes Licht. Wie lange diese „Notfall-Reserven“ ausreichen, ist ungewiss.

Derzeit werden nach Insider-Kreisen von den griechischen Bürgern wöchentlich rund 5 Milliarden Euro von den Konten abgehoben, meldete Reuters. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass die neuerliche Ausweitung der ELA-Kredite lediglich für eine weitere Woche ausreichen dürfte. Gemäß den EZB-Richtlinien dürfen ELA-Kredite nur an solvente Banken ausgegeben werden. Rein rechtlich gesehen haftet für diese EZB-Kredite die griechische Zentralbank, mithin also der griechische Staat. Unter dem Strich liegen die Risiken jedoch bei der EZB. Am Mittwoch kommender Woche wird die EZB erneut über die ELA-Kredite für Griechenland entscheiden.

Die griechischen Steuereinnahmen blieben im Januar um rund 3,5 Milliarden Euro hinter den Erwartungen zurück, was dazu führt, dass de facto dem Staatshaushalt diese Summe fehlt. Die griechischen Bürger hatten die Steuerzahlungen wegen der Ende Januar stattgefundenen Wahl zurückgehalten.

Die Finanzierungslücken des griechischen Staats weisen für 2015 ein 21-Milliarden-Euro schweres Loch auf. Für Zinszahlungen fallen 5,4 Milliarden Euro an, für Rückzahlungen an den IWF 8,6 Milliarden und für Staatsanleihen-Rückzahlungen an die EZB 7,0 Milliarden Euro.

Möglicherweise wird als ein Kompromiss die Absenkung der Zinsen auf die Kredite der Euroländer und des IWF für einen gewissen Zeitraum auf null Prozent in Erwägung gezogen und noch nicht ausgezahlte Kredittranchen überwiesen.

Am Montag werden erste Verhandlungsergebnisse zwischen „der Institution“ (der bisherigen Troika) aus EZB, der EU und dem IWF vorliegen.

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