Politik

Kehrtwende: Griechische Regierung verhandelt mit der Troika

Die griechische Regierung gibt ihren Widerstand auf und verhandelt nun entgegen ihren ersten Ankündigungen doch mit der Troika. Um die Griechen an den Tisch zu bekommen, hat die EU „die Troika“ in „die Institution“ umbenannt. Das Ziel ist eine Umschuldung Griechenlands. Das Risiko dürfte erneut die europäischen Steuerzahler übernehmen, für die keine Umbenennung vorgesehen ist.
13.02.2015 00:52
Lesezeit: 2 min

Die neue griechische Regierung wird nun entgegen ihrer Ankündigung doch mit der Troika verhandeln. Die mit der EU gefundene Sprachregelung sieht nun vor, dass das Wort Troika nicht mehr verwendet wird und die Regierung in Athen statt dessen mit Vertretern der EU, der EZB und des IWF (= in Summe die Troika) sprechen wird.

Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Jäger, gab am Freitag in Berlin auf die Frage, auf welcher Basis derzeit mit Griechenland verhandelt werde, eine unmissverständliche Antwort: "Wir nennen die Troika aus Rücksicht auf unsere griechischen Freunde neuerdings nicht mehr Troika, sondern 'die Institution'".

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras vereinbarten Gespräche auf Arbeitsebene, um das nächste Treffen der Eurogruppe am Montag vorzubereiten. Ein Vertreter der griechischen Regierung bezeichnete die über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitete Erklärung Dijsselbloems als positiven Schritt. Bundeskanzlerin Angela Merkel signalisierte vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel Kompromissbereitschaft gegenüber der Athener Regierung. Die Europäischen Zentralbank (EZB) gewährte der griechischen Notenbank mehr Spielraum für Notfall-Krediten an ihre heimischen Geldhäuser.

Die EU-Kommission hatte kürzlich ein Papier lanciert, mit dem Griechenland ein Schulden-Moratorium gewährt werden solle. Die Initiative war nur halbherzig dementiert worden.

Die Sprecherin Dijsselbloems sagte, dass ein Treffen von Vertretern der griechischen Regierung mit der Troika mit Vertretern von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds vermutlich am Freitag in Brüssel stattfinden werde. In Dijsselbloems Twitter-Nachricht wurden die drei Institutionen, die die Geldgeber Griechenlands repräsentieren und deren Delegationen Troika genannt werden, nicht namentlich genannt. Die linksgerichtete Syriza-Partei von Tsipras war mit dem Wahlversprechen angetreten, die Vereinbarungen mit der Troika aufzulösen.

Ziel des Treffens auf Arbeitsebene ist laut Dijsselbloems Sprecherin, die Sitzung der Eurogruppe am Montag vorzubereiten. sowie Schnittmengen zwischen dem laufenden Hilfsprogramm und der Agenda der Regierung in Athen auszuloten. Merkel betonte, dass die Stärke Europas das Finden von Kompromissen sei. Die Kanzlerin und Tsipras begrüßten sich bei ihrer ersten Begegnung lächelnd mit einem Händedruck und sprachen kurz miteinander. Nach griechischen Angaben gratulierte Merkel Tsipras dabei zu seinem Wahlsieg. Zudem habe sie erklärt, sie hoffe auf eine gute Kooperation trotz der Schwierigkeiten. Tsipras habe lächelnd geantwortet: "Das hoffe ich." Die neue linksgerichtete Regierung Griechenlands will neben der Troika auch die Hilfsprogramme der internationalen Geldgeber loswerden. Deutschland als der größte Einzel-Kreditgeber der Euro-Zone pocht dagegen auf eine Einhaltung der Vereinbarungen.

Vor der Begegnung mit Tsipras sagte Merkel vor Journalisten, dass Kompromisse eingegangen würden, wenn die Vorteile die Nachteile überwögen. "Deutschland ist dazu bereit." Allerdings beruhe die Glaubwürdigkeit Europas darauf, dass Regeln eingehalten würden und man verlässlich zueinander sei. Tsipras äußerte sich bei seiner Ankunft in Brüssel zuversichtlich, dass im Schuldenstreit eine gemeinsame Lösung gefunden werde, um die Wunden der harten Sparpolitik zu heilen.

Ein Treffen der Euro-Finanzminister war in der Nacht zum Donnerstag ergebnislos auseinander gegangen. Das aktuelle Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber läuft nur bis zum 28. Februar. Danach könnte das Land zahlungsunfähig werden. "Wir brauchen einen Deal am Montag", forderte der finnische Ministerpräsident Alexander Stubb mit Blick auf das nächste Treffen der Euro-Finanzminister. Die Zeit wird auch deshalb knapp, weil unter anderem der deutsche Bundestag und das finnische Parlament möglichen neuen Krediten zustimmen müssen. Griechenland muss als Gegenleistung für Kredite von 240 Milliarden Euro unter anderem seinen Haushalt in Ordnung bringen und Staatsbetriebe privatisieren.

Allerdings nehmen die Haushaltsprobleme für die griechische Regierung weiter zu. So blieben die Steuereinnahmen mit 3,49 Milliarden Euro im Januar rund eine Milliarde hinter den Vorgaben zurück, wie aus Daten des Finanzministeriums hervorgeht. Offenbar hatten viele Griechen in Erwartung eines linken Wahlsieges am 25. Januar Steuerzahlungen zurückgehalten.

Vertreter der griechischen Regierung und der Athener Notenbank sagten der Nachrichtenagentur Reuters, dass die EZB den Hilfsrahmen für griechische Banken um rund fünf Milliarden Euro auf nunmehr 65 Milliarden Euro erhöhte. "Wir haben die Summe bekommen, um die wir gebeten haben," sagte ein Vertreter der Athener Notenbank. Die ELA-Hilfen seien bis zum 18. Februar, dem nächsten Treffen des EZB-Rats, verlängert worden. ELA-Hilfen (Emergency Liquidity Assistance), die von den jeweiligen nationalen Notenbanken bereitgestellt werden, dienen zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsprobleme bei Banken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...