Russland hat einen Resolutionsentwurf in den Weltsicherheitsrat eingebracht, mit dem die Vereinbarungen der Minsker Friedensgespräche vom Donnerstag festgehalten werden sollen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Tass berichtete, könnte das UN-Gremium an diesem Sonntag darüber abstimmen. Die ukrainische Führung hat bisher wenig Anstalten gemacht, die Vereinbarungen von Minsk umzusetzen. So erklärte Präsident Poroschenko, dass er keine Autonomie für die Donbass-Gebiete verhandelt habe, obwohl dies im Dokument der Kontaktgruppe steht. Die Rebellen im Donbass warnten die Militärführung in Kiew vor einem Bruch der geplanten Waffenruhe im Kriegsgebiet. Wenn die Vereinbarungen nicht eingehalten würden, werde weiter gekämpft, drohte Eduard Bassurin, Mitglied der Regierung der Volksrepublik Donezk. Die Aufständischen in Donezk ratifizierten das Minsker Abkommen, wie ihr Vertreter Denis Puschilin mitteilte. Er rief die Regierung in Kiew zu einem neuen Treffen der Kontaktgruppe auf. An der Verhandlungsgruppe sind auch Russland und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beteiligt.
Die ukrainische Armee versucht unterdessen, ihre schlechte militärische Ausgangslage durch den Beschuss von Wohnvierteln zu kompensieren. In Donezk wurden nach Darstellung der Rebellen mindestens vier Zivilisten bei erneutem Artillerie-Beschuss getötet.
Die sieben führenden Industriestaaten (G7) mahnten die Konfliktparteien am Freitagabend angesichts der Kämpfe bei Debalzewo zur Besonnenheit und drohten mit Maßnahmen. Die G7 seien bereit, «geeignete Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, (...) die die vereinbarte umfassende Waffenruhe und den Abzug schwerer Waffen nicht einhalten», hieß es. In Debalzewo sollen Tausende ukrainische Soldaten eingekesselt sein. Kiew dementiert dies.
Die Armee berichtete am Samstag von 14 Toten im Konfliktgebiet innerhalb von 24 Stunden. Bei der strategisch wichtigen Stadt Debalzewo nordöstlich von Donezk habe es in der Nacht intensive Gefechte gegeben, bestätigten beide Konfliktparteien laut dpa.
Der ukrainische Ministerpräsident Arseni «Jaz» Jazenjuk wirft Russland vor, keinen Frieden zu wollen. Es könne kein Vertrauen in die russische Führung geben, sagte Jazenjuk in einem Interview mit der Bild-Zeitung. «Putins größter Traum ist die Wiederherstellung der hegemonialen Kontrolle über die Ukraine, was eine neue UdSSR-Version ins Leben rufen könnte.»
Die Bild bietet Jazenjuk Raum für folgende Behauptung:
«Im gegebenen Moment möchte Putin das Spiel verzögern. Es geht nicht bloß um einen ukrainisch-russischen Konflikt. Russland hat die ganze demokratische Welt herausgefordert. Nicht nur die Ukraine, sondern auch der ganze europäische und transatlantische Raum ist durch Kreml gefährdet. Wir sollten Putin aufhalten und die internationale Ordnung wiederherstellen. Man muss alle möglichen internationalen Kräfte zusammenschließen, um den Kreml zurück zum Frieden zu bringen, damit Russland wieder zivilisiert mit anderen Völkern zusammenleben kann.»
Einem Bericht der britischen Zeitung «Guardian» zufolge übergab Großbritannien unbewaffnete, gepanzerte Truppentransporter des Typs Saxon an Kiew.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko leistete am Samstag ebenfalls keinen Beitrag zur Deeskalation, sondern ernannte den in Georgien wegen Amtsmissbrauchs mit Haftbefehl gesuchten Ex-Staatschef Michail Saakaschwili zu seinem Sonderberater. Er solle sich um Waffenlieferungen an die Ukraine kümmern, sagte er Tass zufolge. Unter Saakaschwili als Präsident hatte Georgien in einem Krieg mit Russland die abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien verloren. Nach Ende seiner Amtszeit ging Saakaschwili ins Exil in die USA.