Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in Finnland vor Alleingängen der EU-Länder in der Ukraine-Krise gewarnt. «Wir sind Partner», betonte die CDU-Politikerin nach einem Treffen mit Ministerpräsident Alexander Stubb in Helsinki am Montag. Deshalb müssten Entscheidungen über Sanktionen und Gespräche mit Russland «in enger Absprache» geschehen. «Nur gemeinsam ist die EU stark», pflichtete ihr Stubb bei einer Diskussion zu europäischer Sicherheit und dem Ukraine-Konflikt an der Universität Helsinki bei.
Diese Beschwörung der Einheit ist eine Reaktion auf die bröckelnde Anti-Russland-Front in der EU. Italien, Ungarn, die Slowakei, Griechenland, Österreich, Spanien und Zypern sind für ein Ende der Sanktionen, weil die Wirtschaft dieser Länder besonders unter den russischen Gegensanktionen leidet. Selbst in Deutschland gibt es Unmut: So hat sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier kürzlich bei der Nato beschwert, dass die Informationen, die das Militärbündnis über die Lage in der Ukraine geliefert habe, falsch gewesen seien.
Merkel wollte mit ihrem Auftritt Wahlkampf-Unterstützung für Stubb leisten, der sich bisher für eine harte Linie gegen Russland eingesetzt hatte.
Doch auch in Finnland beginnt man zu bemerken, dass die Sanktionen den Finnen empfindlichen Schaden zufügen.
Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland treffen Finnland als EU-Land mit der längsten Grenze zu Russland empfindlich. Wenige Wochen vor der Parlamentswahl am 19. April muss der konservative Premier Stubb seine befürwortende Haltung gegenüber den Wählern im ohnehin wirtschaftlich schwächelnden Finnland verteidigen. Sein sozialliberaler Herausforderer Juha Sipilä hatte im Wahlkampf vor den ökonomischen Folgen der Sanktionen gewarnt und sich bilateralen Gespräche mit Russland gegenüber offener gezeigt.
Merkel versuchte, den geopolitischen Wert der Sanktionen über die finnischen Probleme zu stellen: Wenn Europa weiter einheitlich handle, «dann wird das die Wirkung auf Russland nicht verfehlen», sagte die Kanzlerin bei einer Pressekonferenz mit Stubb. «Wir haben kein Interesse daran, dass die Sanktionen ewig weitergehen», betonte sie vor den Studenten der Universität Helsinki. Stubb betonte, die EU wolle mit Russland und nicht gegen Russland arbeiten. Er zeigte sich zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde. Dafür seien aber Geduld und Ausdauer nötig.
Merkel selbst ließ nicht erkennen, was sie selbst denkt. Ihre Politik ist von großer Loyalität zu den USA getragen. Der Investor George Soros hatte gesagt, Merkel sei die beste Verbündete der USA, ohne sie wären die Sanktionen nicht möglich gewesen.
Doch innerhalb der EU hält sich die Kanzlerin meist bedeckt und achtet eher auf die Stimmungen ihrer Zuhörer.
Merkel sagte daher in Helsinki: «Unser Wunsch ist es, kooperativ mit Russland zusammenzuarbeiten, aber auf der Grundlage bestimmter Prinzipien.» Sie verwies auf die vor 40 Jahren in Helsinki unterzeichnete Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Die beteiligten Staaten - dazu gehörte die damalige Sowjetunion - verpflichteten sich damals zur Unverletzlichkeit der Grenzen, Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sowie zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Die freie Entscheidung der Ukraine, die sich in Teilen mehr an Europa als an Russland orientieren will, sei durch Russland heute infrage gestellt, sagte Merkel. «Die militärische Auseinandersetzung wollen wir nicht führen», sagte sie.
Die deutsche Wiedervereinigung sei durch eine gute Mischung aus Härte gegenüber der Sowjetunion und immer wieder neuen Versuchen der politischen Lösung hervorgegangen. Mit Blick auf die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), die aus der KSZE entstand, sagte Merkel, die OSZE überwache den Waffenstillstand in der Ukraine. Das sei ein Zeichen für die Wichtigkeit dieser Institution.