Politik

Frankreich-Wahl: Eine herbe Schlappe für Merkel und Brüssel

Das französische Wahlergebnis beschert Angela Merkel eine empfindliche Niederlage: Ihr Konzept aus Fiskalpakt und ESM wird nun noch riskanter, da der Wahlsieger Hollande radikale Sparprogramme ablehnt. Die brutale Euro-Ablehnung der Franzosen mit 20 Prozent der Stimmen für Marine Le Pen kann als ein tektonisches Erdbeben bezeichnet werden, das vor allem Brüssel erzittern lassen muss.
22.04.2012 20:38
Lesezeit: 1 min

Aktuell:

Warum Sarkozy über seinen Flirt mit Merkel stolpern wird

Bei der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl zeichnet sich eine klare Mehrheit gegen das Europa-Konzept von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy ab. Der Sozialist Francois Hollande siegte mit 28,8 Prozent, Amtsinhaber Nicolas Sarkozy kam nur auf 26,1 Prozent. Überraschend stark schnitt Marine Le Pen vom Front National ab: Die Partei, die den Euro-Austritt Frankreichs fordert, kam auf 18,5 Prozent. Die Kommunisten kamen auf 11,7 Prozent.

Damit ist klar: Das Konzept Europas, wie Angela Merkel und Nicolas Sarkozy es sich vorgestellt haben, wird es in der schon fast unterschriftsreifen Form nicht geben. Denn sowohl die Linken wie die Rechten wollen wesentliche Teile aufschnüren. Marine Le Pen, deren Erfolg vor allem bei den jungen Wählern in der Höhe doch alle überraschte, lehnt den Euro vollständig ab. Jeder Politik wird es schwerfallen, in einer solch wichtigen Frage gegen fast 20 Prozent der Franzosen regieren zu wollen.

Der vermutlich neue Präsident Francois Hollande hat bereits angekündigt, dass er den Fiskalpakt in der vorliegenden Form nicht unterschreibenm will. Er hält nichts von Sparprogrammen und hat, im Gegenteil, neue Jobs in der öffentlichen Verwaltung - etwa im Bildungswesen - versprochen. Der extreme Linke Mélenchon liegt im wesentlichen auf einer Linie mit Hollande. Auch er lehnt Sparmaßnahmen rigoros ab. Mélenchon hatte bereits angekündigt, seinen Wählern für den zweiten Wahlgang Hollande zu empfehlen.

Auch in Brüssel wird man das Ergebnis mit Sorge zur Kenntnis nehmen: Denn sowohl die Sozialdemokraten als auch die Rechten wollen weniger Rechte an die EU abgeben. Die Rechten, weil sie den Euro ablehnen; und die Linken, weil sie das Geld lieber im Land verteilen wollen. Hollande wird sich dabei mit wenig Zurückhaltung aller europäischen Institutionen bedienen. Bereits vor der Wahl hatte er angekündigt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nicht nur die Inflation bekämpfen, sondern auch für Wachstum sorgen müsse. Damit stellte sich Hollande fundamental gegen die bisherigen deutschen Prinzipien.

Überhaupt ist die europapolitische Konsequenz der französischen Wahlen: Das Konzept, das Angela Merkel mit Nicolas Sarkozy vor einigen Monaten als Idee einer europäischen Wirtschaftsregierung vorgelegt hatte, kann damit zu den Akten gelegt werden. Denn Hollande und die Linke lehnen den harten deutschen Sparkurs ab. Welche Änderungen Hollande tatsächlich vornehmen wird ist noch nicht klar. Fest steht jedoch, dass der Europäische Rettungsschirm ESM mit einer auf weitere Ausgaben ausgerichteten französischen Regierung für Deutschland zum noch unkalkulierbareren Risiko wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Parade: Moskau feiert "Tag des Sieges" – Europas Spaltung auf dem Roten Platz sichtbar
09.05.2025

Während Putin mit Pomp den „Tag des Sieges“ feiert, marschieren zwei europäische Regierungschefs an seiner Seite – trotz Warnungen...

DWN
Panorama
Panorama Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.
09.05.2025

Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche übernimmt erstmals ein Amerikaner das Papstamt. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie nach Dividendenabschlag im Minus – Chance für Anleger?
09.05.2025

Die Allianz-Aktie zählt 2025 zu den Top-Performern im DAX – doch am Freitagmorgen sorgt ein deutlicher Kursrückgang für Stirnrunzeln...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch zur Eröffnung am Freitag
09.05.2025

Zum Handelsbeginn am Freitag hat der DAX ein frisches DAX-Rekordhoch erreicht. Die im April gestartete Erholungswelle nach dem ersten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen nur noch geringfügig an - ist das die Trendwende?
09.05.2025

Der Anstieg der Insolvenzen in Deutschland hat sich im April deutlich verlangsamt. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Monatsvergleich...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie profitiert von starkem Jahresauftakt - und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag leicht zugelegt. Das deutsche Geldhaus überraschte mit einem...

DWN
Politik
Politik Zweite Kanzlerreise: Erwartungen an Merz in Brüssel steigen
09.05.2025

Nur drei Tage nach seinem Amtsantritt ist Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu seiner zweiten Kanzlerreise aufgebrochen – Ziel ist...

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...