Die Euro-Retter sind auch über Ostern hektisch bemüht, den Verhandlungspoker mit Griechenland nun endlich zu einem Ende zu bringen, sagte der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, am Samstag. Die Entwürfe, die Griechenland zu dem von der Troika verlangten Programm einreiche, verbesserten sich kontinuierlich: „Sie liefern immer mehr und mehr Vorschläge, die auch immer detaillierter sind, in einigen Teilen werden wir sicher eine Übereinkunft erreichen“, zitiert ihn der Telegraph.
Der Hintergrund: Premier Alexis Tsipras spielt einen recht geschickten Poker, bei dem er vor allem das Interesse der EU auf seine bevorstehende Reise nach Moskau leitet. Wie die Zeitung Kathimerini berichtet, werden Tsipras und Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau über die Sanktionen sprechen. Ein Sprecher des Kreml sagte, dass die Sanktionen ein Thema der Gespräche am Montag sein werden: „Das Verhältnis zwischen Moskau und der EU wird diskutiert werden, und zwar im Licht der Brüsseler Sanktionspolitik und der kühlen Herangehensweise Athens an diese Politik“, sagte Dmitry Peskov.
Griechenland und Ungarn stehen den Sanktionen ablehnend gegenüber, bereits eine gute Mehrheit der EU-Staaten lehnt eine weitere harte Haltung gegen Moskau ebenfalls ab. Unangenehm für die Hardliner in der EU: Der Verhandlungserfolg der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini bei den Iran-Verhandlungen dürfte auch die Position Italiens deutlich stärken. Die Italiener sind unter den großen EU-Nationen die entschiedensten Gegner der Sanktionen gegen Russland.
Griechenland wiederum könnte mit einem Veto die Sanktionen stoppen. Dies ist vermutlich die stärkste Karte, die die Griechen bei den aktuellen Verhandlungen spielen können. Der Kreml-Sprecher sagte, dass es noch keine Gespräche über Finanzhilfen Russlands für Griechenland gegeben habe. Solche Gespräche sind im Grund auch nicht notwendig, weil die EU Griechenland nicht fallen lassen kann. Als Nato-Staat ist Griechenland ein unverzichtbarer Teil der Militärallianz, ein Abdriften Griechenlands in Richtung Moskau wird von Washington abgelehnt. Daher wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu einer erneuten Einigung mit der Eurozone über die Schuldenkrise kommen.
Auch an einer zweiten Front agieren die Griechen mit Augenmaß: Die Regierung hat mitgeteilt, dass das Land eine fällige Zahlung am kommenden Donnerstag an den Weltwährungsfonds (IWF) nicht leisten könne. „Wir sind bereit, den zum 9. April anstehenden Betrag zu zahlen“, sagte der stellvertretende Finanzminister Dimitris Mardas am Freitag dem TV-Sender Skai. Der griechische Staat habe im März deutlich mehr Steuern eingenommen als erwartet. Im übrigen wäre es kein Problem, würde Griechenland die IWF-Schulden später begleichen. Dies geschieht relativ häufig bei Schuldenstaaten, eine verspätete Rückzahlung von IWF-Krediten führt nicht automatisch zur Staatspleite eines Staates.
Das Krisenland muss am 9. April einen Kredit von rund 450 Millionen Euro an den IWF zurückzahlen. Auf die Frage, wie lange die Liquidität des griechischen Staates reichen werde, antwortete Mardas, dies könne man nicht sagen. Zu den - vor allen außerhalb Griechenlands verbreiteten - Befürchtungen, wonach Athen kurz vor Pleite stehe, meinte er, die griechische Regierung kenne die Finanzlage des Staates besser als die ausländischen Geldgeber.
In der Eurozone bereitet man sich bereits darauf vor, die Einigung als Einlenken Griechenlands zu verkaufen. Die Chancen für einen Verbleib des pleitebedrohten Griechenlands in der Eurozone haben sich nach Einschätzung von Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise verbessert. „Ich glaube nicht an einen Grexit, ich denke die griechische Regierung wird einlenken. Sie ist schließlich nicht gewählt worden, um Griechenland aus dem Euro herauszuführen und einen wirtschaftlichen Großschaden anzurichten“, sagte Heise der dpa.
„Griechenland ist auf die Unterstützung der internationalen Geldgeber angewiesen, daran führt kein Weg vorbei“, betonte Heise. Das Land hängt seit 2010 am Tropf der Europartner, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Nach Einschätzung von Experten reicht das Geld in der griechischen Staatskasse bis Mitte April. Die Geldgeber wollen frische Milliarden nur dann nachschießen, wenn Griechenland weitere Reformen in die Wege leitet. Wird keine Lösung gefunden, könnte Hellas im schlimmsten Fall zu einem Austritt aus dem Euro gezwungen sein.
Die aktuelle Reformliste mache Hoffnung, befand Heise: „Da steht vieles auf dem Papier, was in die richtige Richtung geht. Wichtig ist, dass es jetzt an die Umsetzung geht. Dann werden die internationalen Geldgeber Griechenland über Wasser halten.“ Die Links-Rechts-Regierung müsse jetzt Taten folgen lassen: „Wenn in Sachen Steuererhebung und Korruptionsbekämpfung wirklich etwas passiert, dürfte die Stimmung relativ schnell wieder ins Positive drehen.“
Dass die Regierung von Alexis Tsipras weiterhin hart verhandele, wundere ihn nicht, sagte Heise: „Da wird immer noch gepokert.“ Er könne sich jedoch nicht vorstellen, dass das Land Kredite - etwa des IWF - nicht wie vereinbart rechtzeitig zurückzahlen werde. „Eine Nichtzahlung an den IWF würde Chaos auslösen, das wird die griechische Regierung nicht riskieren wollen.“ Athen muss am kommenden Donnerstag (9.4.) eine Rückzahlung von rund 450 Millionen Euro an den IWF stemmen.
Nach dem Schlingerkurs der vergangenen Wochen hoffe er auf „einen gewissen Lerneffekt“ bei der jungen Athener Führungsriege, sagte Heise: „Die griechische Regierung hat erfahren müssen, dass ihr Kurs die Geldgeber verprellt und die Finanzmärkte in Aufregung versetzt hat. Das sollte ihr eine Lektion gewesen sein.“
Ein Restrisiko bleibe jedoch, dass Hellas die Eurozone verlassen müsse - womöglich unbeabsichtigt: „Das Risiko eines Unfalls, eines ,Graccidents' ist nicht gleich null, aber es ist reduziert worden durch die Reformliste“, sagte Heise. „Die Frage ist, ob die Umsetzung nun auch angegangen wird. Wenn das nicht der Fall ist, wird uns die Krise wieder einholen.“