Politik

Tschechien gehorcht den USA: Staatspräsident darf nicht nach Moskau reisen

Lesezeit: 1 min
10.04.2015 16:54
Die tschechische Regierung hat offenbar den Staatspräsidenten des Landes, Milos Zeman, zurückgepfiffen: Er darf nicht zu den Weltkriegs-Feiern nach Moskau. Damit will Prag die EU und die Amerikaner zufriedenstellen. Hintergrund: Die Tschechen wollen nicht ins Rampenlicht, um, wenn die Zeit gekommen ist, einen Extra-Deal mit Moskau verhandeln zu können.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Vor einigen Tagen sah es noch so aua, als könnte der tschechische Staatspräsident Milos Zeman dem Druck der Amerikaner standhalten: Er werde zu den den Weltkriegs-Gedenkfeiern reisen und lasse sich seine Reisepläne nicht von den Amerikanern vorschreiben. Zuvor hatte der US-Botschafter in Prag Zemans Reise kritisiert - eine in diplomatischen Kreisen eher ungewöhnliche Aktion, weil Diplomaten gehalten sind, innenpolitischen Repräsentanten keine wie immer gearteten Ratschläge zu erteilen.

Doch US-Botschafter Schapiro hat offenbar im Auftrag des Weißen Hauses gehandelt: Die Amerikaner scheinen den Druck erhöht zu haben. Der ehemalige Außenminister Karl Schwarzenberg - eigentlich ein Österreicher, der nach der Wende in seine Heimat zurückgekehrt ist und einen Gutteil seines Vermögens restituiert erhielt - sagte, Zeman sei eigentlich ein unbedeutender Politiker, aber die Absage seiner Reise sei dennoch eine gute Sache. Schwarzenberg ist einer der führenden Transatlantiker in Prag. Es ist bemerkenswert, dass sich ein Politiker mit seinem Hintergrund abfällig über das Staatsoberhaupt seines Landes äußert.

Die tschechiche Zitung Lídove Novíny berichtet, dass ein Sprecher der Prager Burg ausdrücklich darauf hingewiesen habe, die Entscheidung sei Zemans eigene Entscheidung gewesen. Das glaubt in Prag kaum ein politischer Beobachter. Viel wahrscheinlicher ist die Variante, dass die Tschechen bemüht sind, in der EU nicht allzu sehr aufzufallen, um sich nicht den Weg für einen heimlichen Deal mit Russland zu verbauen.

Tschechien leidet wie alle osteuropäischen Staaten unter den EU-Sanktionen und blickt neidisch auf Griechenland, dass sich durch Tsipras' Schachzug offenbar Ausnahmen bei den Sanktionen sichern konnte. In Prag wollte man mit dem Zurückpfeifen Zemans verhindern, dass die Amerikaner noch massivere Loyalitätsbekundungen von den Tschechen erwarten - und zwar dort, wo es wirklich wehtut, nämlich bei möglichen Schlupflöchern aus dem Sanktions-Käfig. Daher habe man sich entschlossen, den "unbedeutenden" Zeman auflaufen zu lassen, um Spielräume in der von den Tschechen traditionell gut beherrschten Hinterzimmer-Politik zu gewinnen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...