Politik

Gysi: Es gibt keine Lösung in der Ukraine ohne Russland

Die westlichen Industrie-Staaten beraten über die Ukraine-Krise, allerdings ohne Russland. Linke-Chef Gysi hält dies für einen Unsinn: Eine Lösung für die Ukraine sei nur mit Russland möglich. Die Bundesregierung verlangt zuvor die Umsetzung des Minsker Abkommens.
12.04.2015 20:17
Lesezeit: 2 min

Die Außenminister aus Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich treffen sich am Montagabend in Berlin, um über weitere Schritte zur Konfliktlösung in der Ostukraine zu beraten. Dabei wird es um die Umsetzung der Beschlüsse des Gipfeltreffens in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vor zwei Monaten gehen. Neben einer Waffenruhe und dem Abzug schwerer Waffen wurden dort auch Vereinbarungen über Wahlen, Gefangenenaustausch und eine Amnestie getroffen.

Die seit einem Jahr andauernden Kämpfe in der Ostukraine zwischen prorussischen Separatisten und Regierungstruppen haben seitdem deutlich nachgelassen, die Waffenruhe ist allerdings brüchig. Am Sonntag hat die OSZE festgestellt, dass von einem von der ukrainischen Regierung kontrollierten Territorium Panzer auf eine Siedlung geschossen haben.

An das Berliner Krisentreffen schließt sich am Dienstag und Mittwoch eine G7-Außenministerkonferenz in Lübeck an. Dort ist der russische Außenminister Sergej Lawrow allerdings nicht dabei: Russland wurde wegen der Annexion der Krim aus der Staatengruppe ausgeschlossen, die früher G8 hieß. Ihr gehören heute neben Deutschland und Frankreich die USA, Kanada, Italien, Großbritannien und Japan an.

Linksfraktionschef Gregor Gysi hat Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zum G7-Gipfel im Juni nach Deutschland einzuladen. «Da es keine Krisenlösung ohne Russland gibt, muss man natürlich aus G7 wieder G8 machen», sagte Gysi der Deutschen Presse-Agentur. «Eine Isolierung Russlands bringt nichts, schadet nur.»

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wies die Forderung in einem «Welt»-Interview zurück: «Es liegt nicht in unserem Interesse, Russland dauerhaft zu isolieren. Aber nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim konnten wir nicht einfach so tun, als sei nichts geschehen und 'business as usual' betreiben.»

Russland war im vergangenen Jahr nach der Annexion der Krim aus der Gruppe acht wichtiger Industrienationen ausgeschlossen worden. Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz. Am Dienstag und Mittwoch findet in Lübeck das G7-Außenministertreffen statt und am 7. und 8. Juni das Gipfeltreffen auf Schloss Elmau in Oberbayern.

Gysi begründete seine Forderung damit, dass Putin in den Atom-Verhandlungen mit dem Iran und bei der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen eine positive Rolle gespielt habe. «Er ist und bleibt natürlich eine wichtige Person im gesamten internationalen Gefilde», sagte Gysi. «Wir können uns ja nicht aussuchen, wer Staatschef in Russland ist.»

Der G7 gehören neben Deutschland die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada an. Zwischen 1998 und 2013 war auch Russland dabei. Als Bedingung für eine Rückkehr in die Gruppe wichtiger Industrienationen nannte Steinmeier die Bewegung Moskaus in der Ukraine-Krise. «Der Weg zurück zu G8 führt über die Achtung der Einheit der Ukraine und die Umsetzung der russischen Verpflichtungen aus der Minsker Vereinbarung.» In der weißrussischen Hauptstadt Minsk waren vor zwei Monaten bei einem Gipfeltreffen neben einem Waffenstillstand mehrere politische Schritte zur Konfliktlösung vereinbart worden.

Gysi kann sich eine vermittelnde Rolle des früheren sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow (84) vorstellen. «Ich halte die Idee einer Friedenskonferenz unter Leitung Gorbatschows für gut», sagte Gysi. «Ich finde, er ist jetzt in einem Alter, in dem man ihm zutrauen kann, sowohl die russischen als auch die ukrainischen Interessen zu berücksichtigen.» Gysi reagierte damit auf eine Forderung des linken Flügels seiner Partei.

Lübeck bereitet sich mit einem massiven Polizeiaufgebot auf das G7-Außenministertreffen vor. Rund 3500 Polizisten werden im Einsatz sein, es sind mehrere Demonstrationen mit insgesamt mehreren tausend Teilnehmern geplant. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) befürchtet Krawalle wie bei der Eröffnung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt im März.

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